12.10.2012 13:15:04

Verbund - Führen Gespräche zu Türkei-Engagement

In der seit Wochen hin und her wogenden Gerüchteküche über einen möglichen Ausstieg des Verbund aus der Türkei hat der führende österreichische Stromkonzern am Freitag erstmals eingeräumt, dass er - "ergebnisoffene" - Gespräche mit anderen Marktteilnehmern unter anderem auch über das dortige Engagement des Verbund führt.

Die Gespräche stünden im Zusammenhang mit Überlegungen zu Maßnahmen zur Optimierung des in- und ausländischen Beteiligungsportfolios, heißt es in einer Aussendung: "Gegenstand solcher Gespräche ist die Prüfung einer Vielzahl von Optionen, die von einem Ausstieg aus einer Beteiligung bis hin zum Erwerb weiterer Beteiligungen oder den weiteren Ausbau einer bestehenden Beteiligung reichen."

Im Falle einer Konkretisierung einer Option werde man die Öffentlichkeit entsprechend informieren, so der Verbund zu mittag. Bereits erfolgte Beteiligungs-Bereinigungen seien der Ausstieg aus dem Retailgeschäft in Frankreich, die Mehrheits-Abgabe an nicht-strategischen Beteiligungen wie der Gletscherbahnen Kaprun und dem kommunalen Dienstleister Energie Klagenfurt, wird erinnert.

Die wichtigsten Märkte für den Verbund seien Österreich und Deutschland - die Länder zwischen Österreich und Türkei böten Wachstumschancen, heißt es. Der Konzern wolle seine Position als ein führender Wasserkrafterzeuger in Europa ausbauen.

Seit Mitte August halten sich hartnäckig Gerüchte, wonach der Verbund - konkret mit der deutschen E.ON - über eine mögliche Abgabe seines Hälfteanteils am türkischen EnerjiSA-Joint-Venture mit der Sabanci Holding spricht.

Zunächst wurde dies umgehend als "sommerliche Marktgerüchte, die wir nicht kommentieren", bezeichnet. Wochen danach sagte ein hochrangiger, mit der Sachlage vertrauter Informant der APA, ja, man rede ständig in vielen Ländern mit großen Konkurrenten und Partnern über verschiedene Projekte, das sei nichts Außergewöhnliches, sondern in diesem Fall ausnahmsweise durchgesickert.

Einen Ausstieg wies der mit dem Thema befasste Gesprächspartner damals jedoch zurück, vielmehr könnte der Verbund 2013 mit Sabanci ein weiteres Wasserkraft-Ausbauprogramm fixieren, sagte er. Sollte die noch für heuer erwartete weitere Marktliberalisierung in der Türkei attraktive Strompreis-Gestaltungsmöglichkeiten bieten, könnte über die bereits geplanten - und ausfinanzierten - 5.000 Megawatt (MW) Leistung hinaus über zusätzliche 2.500 bis 5.000 MW bis zum Jahr 2020 entschieden werden.

Mitte August erklärte Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber vor österreichischen Journalisten in Tirana (Albanien) anlässlich einer Kraftwerkseröffnung, man wolle bei der Wasserkraft die "Investitionen in allen Ländern, in denen wir tätig sind, fortsetzen". Dies schließe auch die Türkei ein, gab der CEO zu verstehen. Die anderen wollen kaufen, der Verbund will nicht verkaufen?, lautete zu den E.ON-Spekulationen die Frage an Anzengruber. "So ungefähr ist es", antwortet dieser - und bezeichnete das 50:50-Gemeinschaftsunternehmen in der Türkei, das sich beim Wasserkraftausbau viel vorgenommen hat, als etwas "sehr Positives".

In Verbund-Aufsichtsratskreisen hatte es damals geheißen, es sei "viel zu früh" für einen solchen Türkei-Ausstieg, es gebe "viele Optionen" in verschiedene Richtungen. Frühestens Mitte Dezember kann sich das AR-Gremium das nächste Mal turnusmäßig mit dem Thema befassen, nachdem in der letzten ordentlichen Sitzung Mitte September keine Entscheidung gefallen ist.

Im September sagte Anzengruber in einem Zeitungsinterview, dass für den Verbund ein Ausstieg aus der Türkei "derzeit kein Thema" sei: "Wir haben mit unserem türkischen Partner Sabanci bis 2015 eine Investitionsvereinbarung, wonach wir 1,4 Mrd. Euro Eigenkapital in das Gemienschaftsunternehmen einschießen. 900 Millionen haben wir schon bezahlt, 500 Millionen folgen in den nächsten Jahren. Damit bauen wir weitere zwölf Wasserkraftwerke in der Türkei."

Branchenanalysten bei Banken hatten sich im August über die Türkei-Ausstiegsgerüchte überrascht gezeigt, habe doch dieses Land gerade was Größe und Wachstum anbelangt doch als "der Hoffnungsmarkt" für den Konzern gegolten, "insofern käme ein Rückzug ausgerechnet aus der Türkei jetzt eher überraschend", meinte ein Analyst damals zur APA.

In den türkischen Strommarkt ist der Verbund vor fünf Jahren eingestiegen. Ende Juni verfügte die Enerjisa Enerji Üretim A.S. über rund 1.690 MW installierte Leistung. Derzeit sind dort 12 Kraftwerke mit 1.700 MW Leistung in Bau, hieß es im Verbund-Halbjahresbericht. Bis zum Jahr 2015 sollen rund 5.000 MW installiert sein, lautete seit Jahren das Ziel. Um dieses Volumen zu erreichen, wolle man gemeinsam mit Sabanci 1,4 Mrd. Euro investieren, war im Herbst 2010 erklärt worden, als gerade 1.370 MW installiert waren. Bis 2015 hatte man 10 Prozent Anteil am türkischen Strommarkt im Visier, derzeit beliefert die Enerjisa Enerji A.S. (Group) ungefährt 3,4 Mio. Endkunden.

(Schluss) sp/itz

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