Geopolitische Folgen |
17.03.2022 17:58:00
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thyssenkrupp-Aktie verliert deutlich: Free-Cashflow-Prognose wegen Krieg in der Ukraine ausgesetzt
Bis zum Ausbruch des Ukraine-Kriegs sei die Geschäftsentwicklung sowohl im ersten als auch im laufenden zweiten Geschäftsquartal planmäßig verlaufen. Im März sei es zu ersten Beeinträchtigungen in den Stahl- und Autozuliefergeschäften gekommen. Dennoch geht thyssenkrupp für das laufende Quartal weiterhin von einer Verbesserung des bereinigten EBIT gegenüber dem Vorquartal aus. Der Free Cashflow vor M&A dürfte hingegen stärker als bislang erwartet von negativen Preiseffekten belastet werden.
Die wirtschaftlichen Folgen des Krieges beeinflussen den weiteren Angaben zufolge auch die mögliche Verselbständigung des Stahlgeschäfts. Zwar sei thyssenkrupp nach wie vor davon überzeugt, dass eine eigenständige Aufstellung des Stahlgeschäfts sehr gute Zukunftsperspektiven eröffnen würde, eine Aussage zur Machbarkeit sei angesichts der gegenwärtigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen derzeit jedoch nicht möglich.
So reagiert die thyssenkrupp-Aktie
Die Anleger von thyssenkrupp erlebten am Donnerstag ein böses Erwachen wegen des Ukraine-Konflikts. Die Aufgabe des Cashflows-Ziels erinnerte die Anleger an alte Probleme und belasteten den Kurs des Stahl- und Industriekonzerns schwer. Zum Handelsschluss sackten die Papiere als abgeschlagenes Schlusslicht im MDAX um 9,42 Prozent auf 8,54 Euro ab. Die binnen einer Woche erzielten Erholungsgewinne sind damit wieder verflogen.
thyssenkrupp rechnet infolge des Krieges mit einer "Beeinträchtigung der Geschäftsentwicklung" insbesondere im Stahlsegment. Das Unternehmen setzt deswegen einen Teil seiner Prognose für das laufende Geschäftsjahr aus - den Ausblick auf den freien Barmittelzufluss, eine stark beachtete Kennziffer. Der Konzern begründete die Belastungen nicht mit eigenen Direktgeschäften mit Russland oder der Ukraine, sondern mit Folgen etwa bei den Rohstoffpreisen oder gestörten Lieferketten.
Erste Stimmen sagten, der Cashflow sei ein sensibles Thema für Anleger. Der JPMorgan-Experte Luke Nelson verwies auf die diesbezüglich bewegte Vergangenheit von thyssenkrupp, die geprägt sei von Problemen mit der Nachhaltigkeit von Zuflüssen. In den vergangenen fünf Jahren habe der Konzern insgesamt 8 Milliarden Euro an Barmitteln verbrannt, erinnerte der Experte. Entsprechend rechnet er zunächst damit, dass die Aktien dem Markt deutlich hinterherhinken dürften.
"Ein positiver Free Cashflow ist das wichtigste Ziel für thyssenkrupp nach einem Jahrzehnt mit negativem Barmittelfluss", betonte auch der Baader-Experte Christian Obst. Er ergänzte aber zugleich, dass man sich um die Finanzlage akut keine Sorgen machen müsse. "Mit einem Netto-Barmittelbestand von mehr als drei Milliarden Euro sollte das Unternehmen keine Probleme haben, um die Situation zu meistern." Spielraum geschaffen hatte sich der Konzern durch den milliardenschweren Verkauf der Aufzugsparte.
Die Entscheidung über eine mögliche Verselbständigung der Stahlsparte wurde wegen der aktuellen Entwicklungen zudem erstmal auf Eis gelegt. Ein Händler betonte, Anleger hätten zuletzt viel Hoffnung in solch einen Schritt gelegt, um den Cashflow weiter aufzubessern. Der Baader-Fachmann Obst glaubt aber weiter daran, dass "das Management auf einem guten Weg ist, um die strukturelle Rentabilität zu steigern und das Portfolio zu bereinigen".
Händlern zufolge kamen nun auch Bedenken auf, dass der erwogene Börsengang der Wasserstoffsparte Nucera nun auch aufgeschoben werden könnte. Laut Obst könnte thyssenkrupp dies auch von den aktuellen Marktbedingungen abhängig machen. Was die Attraktivität von Nucera betrifft, erinnerte der Experte aber an die derzeit wieder aufgezeigte Notwendigkeit, den Wandel hin zu grüner Energie zu beschleunigen - mit Wasserstoff als wichtige Säule.
Durch den Kursrutsch am Donnerstag fiel die thyssenkrupp-Aktie wieder auf ein Tief seit etwa einer Woche zurück. Das bisherige Tief im Zuge des Ukraine-Konflikts liegt mit 7,53 Euro aber noch deutlich tiefer. Dieses hatte kürzlich das niedrigste Niveau seit Dezember 2020 bedeutet. In der Frühphase der Pandemie hatte der Kurs im Jahr 2020 über weite Strecken aber noch deutlich niedriger gelegen - mit einem Rekordtief von 3,28 Euro im Zuge des Crashs beim ersten Coronavirus-Ausbruch.
FRANKFURT (Dow Jones) / (dpa-AFX)
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