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10.12.2012 14:42:33

ROUNDUP 3: Opel legt Autoproduktion in Bochum still - Zwischenfall und Proteste

    BOCHUM (dpa-AFX) - Entsetzen im Bochumer Opel-Werk: Der Autobauer will ab 2016 keine Autos mehr an dem Standort im Ruhrgebiet bauen. Wütend reagierten die Mitarbeiter auf der Belegschaftsversammlung am Montag in dem Traditionswerk. Die Stimmung sei aggressiv gewesen, berichteten Teilnehmer. Zuvor hatte Opel-Interimschef Thomas Sedran die Beschäftigten auf harte Einschnitte eingestimmt: "Die Fertigung kompletter Fahrzeuge hier in Bochum wird 2016 auslaufen". In dem 50 Jahre alten Werk könnten bis zu 3000 Stellen wegfallen.

 

    Grund seien europaweite Überkapazitäten, erklärte Sedran. Opel werde aber in Bochum weiter präsent sein, nicht nur mit einem Logistikzentrum, sondern auch noch mit einer im Detail festzulegenden Komponentenfertigung.

 

    "Eine Kampfansage an die Beschäftigten", hieß es in einer ersten Stellungnahme der IG Metall zu den Plänen. Die Arbeitnehmer würden nun alle Optionen prüfen, sagte ein Gewerkschaftssprecher.

 

ZWISCHENFALL BEI VERSAMMLUNG

 

    Als der Opel-Chef nach seiner kurzen Ansprache durch einen Hinterausgang den Saal verlassen wollte, versuchte ihn ein IG-Metall-Vertrauensmann aufzuhalten. Er wurde von Security-Mitarbeitern zu Boden gestoßen, blieb aber unverletzt.

 

    Nach der Belegschaftsversammlung verließen viele der rund 2300 Mitarbeiter wortlos das Kongresszentrum. Vor dem Gebäude gab es eine kurze Kundgebung. "Nein zum Tod auf Raten - Kampf um jeden Arbeitsplatz", stand auf einem Plakat. "Wir werden auch nach 2016 in Bochum Autos bauen", sagte der Bochumer Betriebsratschef Rainer Einenkel vor der Presse.

 

    Über ein Aus für den Standort im Ruhrgebiet wird schon seit längerem spekuliert. Opel schreibt seit vielen Jahren rote Zahlen, Bochum gilt als altes Werk mit relativ hohen Lohnkosten. Die Absatzkrise in Europa hat die Lage noch verschärft. Obwohl sich der Markt in den kommenden Jahren kaum erholen dürfte, wollen Opel und die US-Mutter General Motors (Motors Liquidation) bis zur Mitte des Jahrzehnts die Gewinnschwelle erreichen. Dazu sollen auch die Materialkosten gesenkt und die Marke gestärkt werden.

 

STREIKS NICHT AUSGESCHLOSSEN

 

    Einenkel schwor die Belegschaft auf den Kampf um den Erhalt der Produktionsstätte ein. "In diesem Bochumer Werk wird keiner gekündigt", sagte Einenkel am Montag. Mit Blick auf die Pläne des Opel-Vorstands sagte er: "Wir haben ja mindestens vier Jahre Zeit, ihnen klarzumachen, dass wir auch die Jahre danach noch Autos bauen wollen." Ein Ausbau der Teileproduktion könne immer nur eine Ergänzung zur Herstellung ganzer Fahrzeuge sein.

 

    Auf Journalistenfragen nach einem möglichen Streik sagte Einenkel: "Wir schließen nichts aus." Beobachter rechnen derzeit allerdings nicht mit Warnstreiks. Das Werk hat für Anfang Januar zehn Tage Kurzarbeit angemeldet. Daher ist die Position der Arbeitnehmer aktuell schwach. "Aber Opel will schließlich, dass der Zafira bis Ende 2016 anständig vom Band läuft", sagte ein Arbeitnehmervertreter.

 

    Die nordrhein-westfälische Landesregierung verlangte klare Perspektiven für das Opel-Werk. Der Opel-Vorstand müsse sein Konzept für alternative Entwicklungen zeitnah präzisieren und Gespräche mit allen Beteiligten führen, forderten Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und ihr Wirtschaftsminister Garrelt Duin (beide SPD) am Montag.

 

BUNDESREGIERUNG BEDAUERT ENTSCHEIDUNG

 

    Auch die Bundesregierung bedauerte die Entscheidung des Opel-Managements. "Das ist ein schwerer Schlag für die betroffenen Menschen, für ihre Familien, aber auch für den Industriestandort Bochum", sagte Vize-Regierungssprecher Georg Streiter. Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) bedauerte das Aus, lehnte staatliche Hilfen für Opel zugleich ab. "Trotzdem kann Politik hier nicht einspringen. Es ist nicht Aufgabe des Staates, hier dem Unternehmen durch staatliche Hilfen finanziell zumindest kurzzeitig aus der Patsche zu helfen", sagte Rösler in Berlin.

 

    Opel spricht seit Juni mit Vertretern des Landes Nordrhein-Westfalen, der Stadt Bochum und den Arbeitnehmervertretern über alternative Nutzungen des Standortes. "Wir haben ein Konzept fertig: Die Entwicklungsgesellschaft "Bochum Perspektive 2022", die die Aufgabe hat, Arbeitsplätze in Bochum und im Ruhrgebiet zu schaffen." Betriebsbedingte Kündigungen will die Adam Opel AG auch über Jobangebote in anderen deutschen Werken oder attraktive Abfindungen vermeiden.

 

    Das Bochumer Opelwerk ist Deutschlands ältestes nach dem Rüsselsheimer Stammwerk. Hier liefen zum Beispiel zahlreiche Generationen des Opel-Bestsellers Kadett vom Band. Es galt lange Zeit als Beispiel für gelungenen Strukturwandel, denn das Werk entstand auf einem ehemaligen Zechengelände und übernahm bei Produktionsbeginn 1962 zahlreiche ehemalige Kumpel ans Band./rs/wbj/fld/hqs/DP /kja

 

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