S&P 500
29.07.2022 20:29:38
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OTS: Börsen-Zeitung / Stunde der Hoffnung, Marktkommentar von Alex Wehnert
Stunde der Hoffnung, Marktkommentar von Alex Wehnert
Frankfurt (ots) - An den Aktienmärkten ist nach trüben Zeiten die Stunde der
Hoffnung angebrochen. Doch wenngleich die marktbreite US-Benchmark S&P 500 am
Freitag nach drei Handelssitzungen mit robusten Kursgewinnen auf den stärksten
Monat seit 2020 zusteuerte, steht der neu gewonnene Optimismus der Anleger noch
auf äußerst unsicherem Fundament. Denn neben ermutigenden Firmenbilanzen aus den
Vereinigten Staaten hob in der zweiten Hälfte der abgelaufenen Handelswoche vor
allem die Kommunikation der Federal Reserve die Stimmung der Investoren. Die
US-Notenbank erhöhte ihren Leitzins zwar erneut um 75 Basispunkte, signalisierte
aber auch, das Tempo der geldpolitischen Straffung angesichts der
vorherrschenden Konjunkturrisiken künftig möglicherweise drosseln zu müssen.
Allerdings fahren die Währungshüter momentan nur auf Sicht, wie Ostrum Asset
Management betont. "Die extreme Short-Positionierung in Risikoassets dürfte beim
kleinsten Signal einer geldpolitischen Lockerung umschlagen", kommentiert Axel
Botte, Marktstratege bei dem französischen Investmenthaus. Die spekulativen
Leerverkäufe von Futures auf den S&P 500 bewegten sich derzeit aber noch auf dem
gleichen Level wie zu Hochzeiten der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020.
Hedgefonds und andere typische Short-Investoren glauben also offenbar noch nicht
daran, dass der geldpolitische Gegenwind für die Aktienmärkte schon beginnt
abzuflauen. Tatsächlich bleibt die Inflation in den Vereinigten Staaten und auch
im Euroraum enorm hoch. Die Analysten der Landesbank Baden-Württemberg gehen
dementsprechend von einer weiteren Fed-Anhebung um 50 bis 75 Basispunkte im
September aus, wodurch das US-Leitzinsniveau auf mindestens 3 Prozent steigen
würde - und damit auf den höchsten Wert seit der Finanzkrise.
Selbst wenn die von der LBBW erwartete Trendwende beim US-Leitzins - und beim
EZB-Einlagensatz, für den die Analysten eine Deckelung bei 1 Prozent erwarten -
im kommenden Jahr erfolgt, bleibt die Finanzierungslage für die Unternehmen doch
stark angespannt. Gerade für Wachstumswerte, die entscheidende Treiber für die
Börsenrallys der Vorjahre waren, gestaltet sich das Umfeld also schwierig. Dies
wiederum trübt den Ausblick für die gesamte Wall Street, schließlich nehmen die
prominentesten Vertreter des Growth-Segments immer noch über 20 Prozent der
Marktkapitalisierung des S&P 500 ein.
Paradoxerweise zwingt die Abhängigkeit der Wall Street von der Liquiditätszufuhr
durch die Notenbanken die Anleger dazu, auf einen anhaltenden konjunkturellen
Abschwung zu hoffen, der die Währungshüter zu einer schärferen Kehrtwende
zwingen könnte als bislang signalisiert. So sind die USA bereits in einer
technischen Rezession angekommen - dieser ging erneut eine Inversion der
Zinsstrukturkurve voraus, die sich in der Vergangenheit wiederholt als sichere
Vorbotin eines starken Konjunkturrückgangs gezeigt hat. Der Rückgang der
zehnjährigen Treasury-Renditen wird dabei zur zusätzlichen Stütze für Aktien,
die im Vergleich zu Festverzinslichen wieder attraktiver erscheinen. Grundlage
für einen nachhaltigen Aufschwung an den Börsen kann die zunehmend gravierende
konjunkturelle Schwäche aber nicht sein.
Zwar haben die Ergebnisse der Unternehmen bisher nur wenig unter der
wirtschaftlichen Eintrübung gelitten, wie die laufende Berichtssaison zeigt. Die
Historie macht indes zur Genüge deutlich, dass Analysten bei konjunkturellen
Wendepunkten zu rosige Gewinnschätzungen abgeben. So dürften das unsichere
geopolitische Umfeld, gestörte Lieferketten und die enorm hohe Inflation zu
weiter steigenden Kosten führen und im weiteren Jahresverlauf noch einige
Prognosesenkungen nötig machen. Hinzu kommt, dass nun die im historischen
Vergleich saisonal schwächsten Börsenmonate anbrechen. Die Stunde der Hoffnung
an den Märkten könnte also schnell zu Ende ticken
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