Einigung 04.03.2025 20:00:00

Neues OMV-Joint-Venture soll Milliarden wert sein - OMV-Aktie in Grün

Neues OMV-Joint-Venture soll Milliarden wert sein - OMV-Aktie in Grün

Das neue Unternehmen "Borouge Group International" soll nach weiteren Zukäufen rund 60 Mrd. Dollar (57,3 Mrd. Euro) wert sein und jährlich mindestens 2,2 Mrd. Dollar an Gewinn ausschütten.

Die Verhandlungen haben 2023 begonnen und sich lange hingezogen - das lag auch an der komplizierten Beteiligungsstruktur von Borealis und Borouge, wobei Borouge ein deutlich größeres Unternehmen ist als Borealis. An Borouge ist die OMV derzeit mit 36 Prozent beteiligt, ADNOC (Abu Dhabi National Oil Company) hält 54 Prozent der Anteile. Bei der Borealis hält die OMV 75 Prozent, der ADNOC gehören 25 Prozent. Das Industrieprojekt "Borouge 4" gehört zu 60 Prozent ADNOC und zu 40 Prozent der OMV. Um den Wertunterschied auszugleichen, wird die OMV rund 1,6 Mrd. Euro in das neue Gemeinschaftsunternehmen einbringen. Gleichzeitig hat man sich auf den Kauf von Nova Chemicals um 9,377 Mrd. Euro geeinigt.

OMV schießt 1,6 Mrd. Euro Eigenkapital zu

"Die 1,6 Mrd. Euro, die die OMV als Kapitalspritze einbringen wird, sind ein Eigenkapitalbeitrag", erklärte OMV-Chef Alfred Stern am Dienstag in einer Telefonkonferenz. "Das stärkt die Bilanz des neuen Unternehmens und ermöglicht diese Wachstumsakquisition von Nova Chemicals und Borouge 4 in weiterer Folge. Das ist kein Kredit, das ist auch nicht irgendeine Zahlung an ADNOC, sondern das ist ein direkter Eigenkapital-Beitrag."

Die Streubesitzaktionäre der Borouge sollen ein Angebot für Aktien an dem Joint Venture bekommen. Sollten alle Aktionäre das Angebot annehmen, würden sie gemeinsam 6,12 Prozent halten, je 46,94 Prozent würden in dem Fall von OMV und ADNOC gehalten werden.

Eine Milliarde Euro Jahresdividende für die OMV

Mit ihrer künftigen Beteiligung von gut 46,9 Prozent am viertgrößten Polyolefin-Unternehmen der Welt wird die OMV Anspruch auf rund 1 Mrd. Dollar Mindestdividende pro Jahr haben - worüber sich auch der neue Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) freuen dürfte, immerhin ist die Republik Österreich mit 31,5 Prozent der Anteile größter Eigentümer der OMV. Für die Chefin der Staatsholding ÖBAG, Edith Hlawati, ist die Einigung zwischen OMV und ADNOC "eine sehr gute Nachricht für den Standort Österreich. Die mit der gemeinsamen Übernahme der NOVA Chemicals beschlossene Expansion in den nordamerikanischen Markt unterstreicht die industriepolitische Wichtigkeit dieser Transaktion für die OMV und für Österreich", erklärte sie in einer Aussendung.

Firmen- und Steuersitz in Österreich

Die Borouge Group International wird in Wien ihren Hauptsitz und ihren steuerlichen Sitz in Österreich haben. Die Vorstandsstruktur wird, wie in Österreich üblich, zweistufig sein. OMV und ADNOC werden bei strategischen Fragen die gleichen Entscheidungsrechte haben. Der Aufsichtsrat wird aus jeweils fünf Vertretern der beiden Joint-Venture-Partner und möglicherweise fünf Arbeitnehmervertretern bestehen, wobei ADNOC das Recht haben wird, den Vorsitzenden des Aufsichtsrates zu ernennen. Alle Entscheidungen werden mit einfacher Mehrheit getroffen.

Geplant ist, dass das neue Joint Venture das Unternehmen Nova Chemicals erwirbt, eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Mubadala Investment Company PJSC. Mubadala ist ein staatlicher Investmentfonds des Emirats Abu Dhabi. Als Kaufpreis werden 9,377 Mrd. Euro genannt. Der Erwerb soll über eine Brückenfinanzierung gestemmt werden, die später über eine Kapitalerhöhung im Volumen von 4 Mrd. Euro refinanziert werden soll. An der Kapitalerhöhung würden OMV und ADNOC aber nicht teilnehmen, daher würde der Streubesitz des Joint Ventures dadurch steigen. Danach würden OMV und ADNOC immer noch jeweils mehr als 43 Prozent der Anteile halten.

Zweitlisting an der Wiener Börse ab 2027 angepeilt

Das neue Unternehmen soll zunächst an der Börse in Abu Dhabi notieren, angestrebt wird auch ein MSCI-Listing (Morgan Stanley Capital International). Ab 2027 soll die Aktie des neuen Unternehmens auch im Leitindex ATX der Wiener Börse notieren.

Die Genehmigung der Behörden sowie die Unterzeichnung der Vertragsunterlagen steht noch aus. Zudem müssen sich OMV und ADNOC noch auf Implementierungsvereinbarungen einigen.

Die OMV argumentiert, dass sie derzeit 60 Prozent ihrer Polyolefin-Produktion in Europa habe, wo die Rohstoffkosten fünfmal so hoch seien wie im Nahen Osten oder Nordamerika. Künftig werde man 70 Prozent der Produktion in kostengünstigeren Regionen haben. Polyolefine sind thermoplastische Kunststoffe mit vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten.

Der Interessenverband für Anleger (IVA) wertet die Einigung auf die Fusion zunächst positiv. "Der 'ewige' Poker um die Borealis geht erfolgreich zu Ende", sagte IVA-Vorstand Florian Beckermann in einem Statement an die APA. Die Beteiligung der OMV an Borouge sei eine "sinnvolle Zukunftsinvestition mit bekannten Partnern", zumal Borouge den asiatischen Markt in den kommenden Jahrzehnten dominieren dürfte. Ob der Kauf der Nova Chemicals den Deal "unverhältnismäßig verteuert", sei noch zu prüfen.

Auch die Industriellenvereinigung zeigt sich erfreut über den Zusammenschluss von Borealis und Borouge. "Die OMV schreibt damit Industrie-Geschichte, indem sie Österreichs größtes Industrieunternehmen gründet, das global agiert. Besonders erfreulich ist, dass der Unternehmenssitz in Österreich vorgesehen ist. Damit bleibt die Innovationskraft eines der innovativsten Unternehmen im Land erhalten und wird weiter gestärkt", betonte IV-Präsident Georg Knill in einer Mitteilung.

OMV-Chef: Wir bringen einen Weltkonzern nach Österreich

Für den Chef des teilstaatlichen Öl- und Gaskonzerns OMV ist die besiegelte Zusammenlegung des Kunststoffgeschäfts mit seinem arabischen Kernaktionär Adnoc ein Meilenstein in der Unternehmensgeschichte. "Was wir hier schaffen, ist ein absoluter Lichtblick", sagte OMV-Vorstandschef Alfred Stern am Dienstag in einem Reuters-Interview. "Wir bringen einen chemischen Weltkonzern mit Hauptsitz nach Österreich."

Der Weg dorthin war jedoch lang und anspruchsvoll. Über eineinhalb Jahre verhandelten OMV und Adnoc über die Fusion ihrer Petrochemietöchter Borealis und Borouge. Am Montag wurde der Vertrag schließlich in Wien unterzeichnet. Unter dem Namen Borouge Group International entstehe der weltweit viertgrößte Polyolefin-Hersteller mit einem Unternehmenswert von 60 Milliarden Dollar.

OMV und Adnoc werden wie berichtet jeweils knapp 47 Prozent der Anteile halten. Für ihren Anteil bringt OMV rund 1,6 Milliarden Euro an Eigenkapital in die neue Gesellschaft ein.

"Schritt lag auf der Hand"

Wer ursprünglich die Idee zu der milliardenschweren Fusion hatte, wollte Stern Reuters nicht erläutern. "Ich würde sagen, es lag auf der Hand, diesen Schritt zu gehen." Der Manager, der vor seiner Zeit als OMV-Chef bereits die Leitung von Borealis innehatte, betonte, dass OMV ihre Stärken im Polyolefin-Geschäft gezielt genutzt habe, um weiter zu wachsen, die geografische Präsenz auszubauen und den Zugang zu attraktiven Rohstoffquellen zu sichern. Polyolefine sind Kunststoffe, die beispielsweise in Verpackungen, Alltagsprodukten, Fahrzeugteilen und medizinischen Anwendungen zum Einsatz kommen.

Zudem sei das Marktumfeld in der Chemiebranche herausfordernd. Deshalb seien Zusammenschlüsse mit Synergiepotenzial besonders attraktiv. "Gerade dann, wenn sich signifikante Einsparungen realisieren lassen", so Stern.

Stern kündigt höheren Gewinn an

"Wir freuen uns enorm für die OMV", sagte Stern und verwies darauf, dass der Deal für die Aktionäre finanziell vorteilhaft und wertschaffend sei. "Wir werden einen höheren Cashflow erzielen, unseren Gewinn je Aktie steigern und unsere attraktive Dividendenpolitik weiter stärken."

Komplexer Deal

Dass sich die Verhandlungen so lange hingezogen haben, erklärt Stern mit der hohen Komplexität des Deals - insbesondere durch die zusätzliche Integration von Nova Chemicals. "Das hat die Diskussion etwas verzögert."

Wer künftig an der Spitze des neuen Unternehmens stehen wird, ist noch offen. "Entscheidend ist, dass wir hier absolute Spitzenkräfte für den Vorstand gewinnen", erklärte Stern. Ob er selbst eine Rolle im neuen Konzern anstrebt, ließ er offen: "Ich konzentriere mich auf die Umsetzung der OMV-Strategie, bei der wir große Fortschritte machen." Als Beispiel nannte er das Erdgasförderprojekt Neptun Deep im Schwarzen Meer - eines der größten Entwicklungsprojekte der EU.

Adnoc wird künftig das Recht haben, den Aufsichtsratsvorsitz zu stellen, während der Vorstand gemeinschaftlich von beiden Partnern bestimmt wird. Der Aufsichtsrat soll jeweils fünf Vertreter von OMV und Adnoc sowie voraussichtlich fünf Arbeitnehmervertreter umfassen.

Geplant ist, dass das neue Unternehmen an der Börse in Abu Dhabi notiert, da Borouge dort bereits gelistet ist. Bis 2027 ist zusätzlich eine Zweitnotierung in Wien vorgesehen. Der Abschluss der Transaktion wird bis zum ersten Quartal 2026 erwartet. Die OMV-Aktie notierte an der Wiener Börse letztlich 1,7 Prozent höher bei 43,02 Euro.

APA

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Bildquelle: Tupungato / Shutterstock.com,OMV Aktiengesellschaft

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