AUSBLICK/Siemens beendet Rekordjahr 2009/10 mit Quartalsverlust

Von Matthias Karpstein DOW JONES NEWSWIRES MÜNCHEN (Dow Jones)--Siemens wird am Donnerstag zwar auf operativer Ebene über ein Rekordjahr berichten können, wegen einer hohen Abschreibung und Restrukturierungskosten im Schlussquartal aber dennoch deutlich in die roten Zahlen rutschen. Das Hauptaugenmerk wird zu den Jahreszahlen vor allem auf der künftigen Dividendenpolitik und dem angekündigten Zielsystem des DAX-Konzerns liegen, mit dem die Münchner ihre Kapitalrendite ins Scheinwerferlicht rücken und sich im Gegenzug von vielen Margenzielen verabschieden.

   Die Analysten erwarten von Siemens im Rekordjahr eine deutliche Steigerung der Dividende. Finanzvorstand Joe Kaeser hatte bereits Ende September angedeutet, dass auch die Aktionäre den Aufschwung spüren sollen. Mindestens 2 EUR Dividende je Aktie erwarten die Analysten Ben Uglow von Morgan Stanley und Andreas P. Willi von J.P. Morgan Cazenove. Einige Marktbeobachter wie Peter Reilly von der Deutschen Bank sehen sogar Raum für eine Sonderdividende, auch wenn diese noch nicht mit den Jahreszahlen kommen müsse.

   In den vergangenen sechs Geschäftsjahren hat Siemens im Schnitt rund 41% des Gewinns als Dividende ausgeschüttet, in den vergangenen drei Jahren waren es je 1,60 EUR. Finanzvorstand Kaeser hat nun angekündigt, den Investoren einen klaren Dividendenkorridor vorzugeben.

   Vorstandsvorsitzender Peter Löscher wird mit den Jahreszahlen auch "One Siemens" vorstellen, ein Zielsystem in der Nachfolge des auslaufenden Unternehmensprogamms "Fit 4 2010". Mit "One Siemens" nimmt Löscher eine leichte Umsteuerung vor, weg von den Margenzielen und hin zu kapitaleffizientem Wachstum. Dadurch rückt die Kennziffer ROCE (Return on Capital Employed) in den Mittelpunkt, mit der bemessen wird, wie effizient das eingesetzte Kapital gearbeitet hat. Auch im alten Unternehmensprogramm hatte Siemens bereits ein ROCE-Zielband festgelegt, das bei 14% bis 16% lag.

   Gekoppelt wird das ROCE-Ziel für den Konzern zudem mit einem Ziel für die Kapitalstruktur. Darunter versteht Siemens den Quotienten von "angepasster industrieller Nettoverschuldung" (die Finanztochter SFS etwa wird hier nicht mitberechnet) und angepasstem Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA). Hier strebt der DAX-Konzern bislang ein Band von 0,8 bis 1,0 an.

   Löscher hatte mehrfach angekündigt, dass 2009/10 für Siemens ein Rekordjahr werde. Die 7,5 Mrd EUR Gewinn der drei Sektoren Industrie, Energie und Medizintechnik aus dem Vorjahr wollte Siemens überbieten und hat dies nach Einschätzung der Analysten auch geschafft, allerdings nur haarscharf. Im Mittel erwarten sie einen Sektorengewinn von rund 7,6 Mrd EUR.

   Auch im Schlussquartal lief das Geschäft gut, dank anhaltend starker Nachfrage und positiver Wechselkurseffekte ist mit einem verbesserten operativen Ergebnis der Sektoren zu rechnen. Finanzvorstand Joe Kaeser warnte Ende September aber auch, dass man hier die rund 2,3 Mrd EUR des Vorquartals nicht wieder erreichen werde.

   Unter dem Strich sieht die Bilanz für das Schlussquartal hingegen düster aus, eine Abschreibung von bis zu 1,4 Mrd EUR auf die zu teuer zusammengekaufte Diagnostik-Division drückt die Stimmung ebenso wie Restrukturierungskosten für die mittlerweile ausgegliederte IT-Sparte SIS. In den Sektoren rechnet Siemens zudem noch mit Restrukturierungskosten von rund 150 Mio EUR, vor allem in der Division Industry Solutions. Kosten dürften auch erneut bei einem Projekt zur Wasserversorgung in den USA entstehen, bei dem Siemens bereits im zweiten Quartal Probleme hatte.

   Die Analysten erwarten daher im vierten Quartal einen Nettoverlust von rund 280 Mio EUR. Hohe belastende Sondereffekte sind bei Siemens zum Jahresende keine Seltenheit. Im Vorjahresquartal traf es die Münchner mit einer hohen Abschreibung auf das Netzwerk-Gemeinschaftsunternehmen Nokia Siemens Networks noch härter, unter dem Strich stand damals ein Quartalsverlust von 1,1 Mrd EUR.

   Nachfolgend die Schätzungen der von Dow Jones Newswires befragten Analysten für das vierte Quartal und das Gesamtjahr 2009/10 der Siemens AG, München (in Mio EUR, Ergebnis/Aktie, Dividende in EUR, Margen in Prozent, nach IFRS).

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Auftrags- Erg. nach Erg. nach Erg. nach 4. Quartal eingang Umsatz Steuern(1) Steuern(2) Steuern(3)

MITTELWERT 21.651 20.242 -498 -521 -281 Vorjahr 18.747 19.714 -982 -1.063 -1.133 +/- in % +15 +2,7 k.A. k.A. k.A.

MEDIAN 21.534 20.180 -471 -471 -230 Maximum 22.733 21.214 -82 -65 -171 Minimum 20.678 19.720 -1.128 -1.141 -491 Anzahl 12 15 7 7 4

Erg./Aktie unverwäss.

MITTELWERT -0,66 Vorjahr -1,31 +/- in % k.A.

MEDIAN -0,50 Maximum -0,22 Minimum -1,43 Anzahl 6

Total Sectors Auftrags- eingang Umsatz Profit

MITTELWERT 21.030 19.455 806 Vorjahr 17.928 18.884 1.923 +/- in % +17 +3,0 -58

MEDIAN 20.882 19.374 785 Maximum 22.221 20.516 1.070 Minimum 20.400 19.039 650 Anzahl 11 12 11

Industry Auftrags- eingang Umsatz Profit Marge

MITTELWERT 9.235 9.349 877 9,4 Vorjahr 8.110 8.981 562 6,3 +/- in % +14 +4,1 +56 +50

MEDIAN 9.123 9.243 881 9,6 Maximum 9.924 10.240 985 10,2 Minimum 8.924 9.012 770 8,1 Anzahl 11 12 12 9

Energy Auftrags- eingang Umsatz Profit Marge

MITTELWERT 8.376 6.794 859 12,8 Vorjahr 6.487 6.761 878 13,0 +/- in % +29 +0,5 -2,1 -1,9

MEDIAN 8.280 6.796 848 12,5 Maximum 9.211 6.970 934 13,9 Minimum 7.700 6.698 810 11,8 Anzahl 11 12 12 9

Healthcare Auftrags- eingang Umsatz Profit Marge

MITTELWERT 3.409 3.303 -942 -28,2 Vorjahr 3.331 3.142 483 15,4 +/- in % +2,3 +5,1 k.A. k.A.

MEDIAN 3.416 3.306 -949 -28,7 Maximum 3.689 3.415 -846 -26,0 Minimum 3.225 3.222 -980 -29,2 Anzahl 11 12 9 6

Auftrags- Erg. nach Erg. nach Erg. nach Gesamtjahr 2009/10 eingang Umsatz Steuern(1) Steuern(2) Steuern(3)

MITTELWERT 79.615 74.957 3.968 3.977 3.826 Vorjahr 78.991 76.651 2.457 2.497 2.292 +/- in % +0,8 -2,2 +62 +59 +67

MEDIAN 79.582 74.930 4.100 4.099 3.964 Maximum 80.100 75.440 4.435 4.465 4.285 Minimum 79.117 74.468 3.324 3.324 3.171 Anzahl 6 11 6 6 6

Total Erg./Aktie Div./Aktie Sectors unverwäss. 2009/10 Profit

MITTELWERT 4,38 1,85 7.555 Vorjahr 2,65 1,60 7.466 +/- in % +65 +16 +1,2

MEDIAN 4,69 1,78 7.520 Maximum 4,83 2,40 7.798 Minimum 3,68 1,60 7.375 Anzahl 5 12 7

=== Quelle Vorjahreszahlen: Angaben des Unternehmens - wie berichtet. In den Schätzungen ist eine Abschreibung in Höhe von 1,4 Milliarden EUR auf das Diagnostik-Geschäft berücksichtigt. (1) Fortgeführte Bereiche. (2) Inklusive nicht fortgeführter Bereiche, vor Anteilen Dritter ("all in"). (3) Nach Anteilen Dritter; inklusive nicht fortgeführter Bereiche.

Webseite: www.siemens.com

-Von Matthias Karpstein, Dow Jones Newswires, +49 89 55214030, matthias.karpstein@dowjones.com DJG/mak/cbr (END) Dow Jones Newswires

   November 11, 2010 00:15 ET (05:15 GMT)

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