07.04.2014 14:07:31
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UPDATE: Zementhersteller Holcim und Lafarge formen Branchenprimus
-- Zusammenschluss bringt mit Abstand größten Zementanbieter hervor
-- Verkäufe wegen kartellrechtlicher Bedenken geplant
-- Kurse von Holcim und Lafarge steigen deutlich
(NEU: Marktreaktion, Analystenstimmen, weitere Details)
Von Matthias Goldschmidt
In der globalen Baustoffbranche bahnt sich eine Elefantenhochzeit an. Die weltgrößten Zementhersteller Holcim und Lafarge wollen ihre Geschäfte zusammenlegen und einen Konzern mit einem Marktwert von rund 36 Milliarden und Erlösen von 32 Milliarden Euro im Jahr formen. Das fusionierte Unternehmen wäre nach Umsatz mehr als doppelt so groß wie der deutsche Konkurrent HeidelbergCement.
Da die Kartellwächter das Vorhaben wohl genau prüfen werden, haben beide Unternehmen in einer gemeinsamen Pressemitteilung bereits angekündigt, mehrere Standorte zu verkaufen. Das Volumen der zu veräußernden Vermögensgegenstände soll bezogen auf das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) des fusionierten Unternehmens - das den Namen LafargeHolcim tragen soll - bis zu 15 Prozent betragen, also maximal eine knappe Milliarde. Vom Umsatz soll ein Volumen von 5 Milliarden Euro veräußert werden, zwei Drittel wird auf Geschäfte in Industrieländern entfallen.
Marktbeobachter sind sich einig, dass die kartellrechtlichen Hürden für ein Gelingen der Fusion sehr hoch sind. Das hat Analysten zufolge zum einen damit zu tun, dass sich die Branche in der Vergangenheit schon häufiger mit Vorwürfen über Preisabsprachen konfrontiert sah, zum anderen, weil immer dann, wenn Branchenriesen zusammengehen, marktbeherrschende Strukturen zu befürchten sind.
Der geplante Verkauf von Unternehmensteilen könnte sich gleichwohl als Chance für die Konkurrenz erweisen. Als mögliche Käufer für die attraktiven Bereiche - möglicherweise noch zu gezwungenermaßen günstigen Preisen - machen die Analysten der Deutschen Bank vor allem die irische CRH und die mexikanische Cemex aus.
Das Branchenschwergewicht HeidelbergCement wollte die bevorstehenden Umwälzungen der Branche auf Anfrage nicht kommentieren. Es hieß lediglich, man halte sich erst einmal mit Kommentaren zurück. Der DAX-Konzern hatte zuletzt angekündigt, die Zementkapazitäten in den Wachstumsmärkten auszubauen. Dafür sind im laufenden Jahr 1,2 Milliarden Euro vorgesehen. Der Liquiditätsspielraum der Heidelberger ist erheblich. Die Barreserven beliefen sich zum Jahresende auf 4,2 Milliarden Euro.
Lafarge-Chef Bruno Lafont, der das neue Unternehmen als CEO leiten wird, räumte die bevorstehenden hohen regulatorischen Hürden ein. Man wolle mit den Behörden zusammenarbeiten. Die Konzerne haben sich mehr als ein Jahr Zeit gelassen, um die Details auszuarbeiten. Vollzug der Transaktion ist für die erste Hälfte 2015 geplant. Den Analysten von UBS zufolge könnte das aber zu kurz gegriffen sein, sie rechnen wegen der wettbewerbsrechtlichen Bedenken mit einem langwierigen Zustimmungsprozess von vermutlich bis zu zwei Jahren.
"Wir werden die Gespräche mit der EU-Kommission und anderen Regulierungsbehörden unmittelbar aufnehmen", sagte Lafont. Beide Unternehmen gaben sich zuversichtlich, dass sie Bedenken der Regulierer ausräumen können. Sie hoben hervor, dass keines der 90 Länder, in denen der neue Konzern präsent sein wird, mehr als 10 Prozent zum Erlös beitragen werde.
Der Verkauf von Unternehmensteilen habe aber nicht nur mit den Kartellwächtern zu tun, betonte Lafarge-Finanzchef Jean-Jacques Gauthier. Vielmehr gehe es darum, das Geschäft in den Schwellenmärkten zu stärken. Dort wachse die Baubranche zwei bis drei Prozent schneller als das Wirtschaftswachstum. "In Europa ist das Gegenteil der Fall", so der Manager. In den Schwellenländern ergänzen sich beide Unternehmen: Lafarge ist stark in Afrika und im Nahen Osten, Holcim dagegen in Lateinamerika.
Die Transaktion wird als öffentliches Tauschangebot strukturiert. Für jede Lafarge-Aktie bekommen die Anteilseigner einen Holcim-Anteilsschein ins Depot gebucht. Es müssten zwei Drittel der Lafarge-Aktien angedient werden, damit der Deal vorankommt. Die großen Anteilseigner haben ihre Teilnahme bereits signalisiert.
Während Lafont die CEO-Rolle bei LafargeHolcim übernehmen wird, wird Holcim-Boardmitglied Wolfgang Reitzle Verwaltungsratspräsident. Der noch amtierende Linde-Chef wird einem Verwaltungsrat vorsitzen, der aus jeweils sieben Repräsentanten von Holcim und Lafarge zusammengesetzt sein wird. Unternehmenssitz wird auch aus steuerlichen Gründen die Schweiz sein, gelistet sein werden die Aktien aber sowohl in Zürich als auch in Paris.
Holcim und Lafarge kämpfen gegen Überkapazitäten und eine Wachstumsschwäche in der europäischen Baubranche, die sich von ihrer Schuldenkrise und dem Kollaps des spanischen Immobilienmarktes noch immer nicht erholt hat. Auch in einigen Entwicklungsländern, in denen Lafarge und Holcim heftig investiert haben, leiden die beiden Unternehmen unter einer nachlassenden Bautätigkeit. Von dem Zusammenschluss versprechen sie sich Synergien von 1,4 Milliarden Euro über drei Jahre unter anderem mittels Einsparungen wie einem gemeinsamen Einkauf.
Am Aktienmarkt kommt die Fusion gut an, die Kurse beider Konzerne steigen deutlich. Von den Analysten von BNP Paribas ist zu hören, der Zusammenschluss sei die strategische Antwort auf die Ambitionen der Zementhersteller in den Schwellenländern und auf häufig stark fragmentierte profitable Märkte.
Beide Konzerne können auf eine lange Geschichte zurückblicken, wobei Lafarge schon deutlich länger im Geschäft ist. Während Holcim erst 1912 als "Aargauische Portlandcementfabrik Holderbank-Wildegg" gegründet wurde, reichen die Wurzeln von Lafarge bis ins Jahr 1833 zurück. Die Weltbühne betrat das französische Unternehmen 1864, als es den Zuschlag für ein "Jahrhundertprojekt" bekam. Die Franzosen lieferten 200.000 Tonnen Baukalk für die Piers des Sueskanals, der fünf Jahre später eingeweiht werden konnte.
Mitarbeit: John Revill, Inti Landauro und Steffen Gosenheimer.
Kontakt zum Autor: unternehmen.de@dowjones.com
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April 07, 2014 07:36 ET (11:36 GMT)
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