E-Autobauer 26.03.2022 22:27:00

Rivian-Aktie oder Ford-Aktie: Wo sich nach dem Rücksetzer nun mehr Chancen bieten

Rivian-Aktie oder Ford-Aktie: Wo sich nach dem Rücksetzer nun mehr Chancen bieten

• Bei Rivian ist starkes Wachstum eingepreist
• Ford spaltet innovative Elektroauto-Sparte ab
• Beide Unternehmen bieten nach Börsenrücksetzer hohe Chancen


Der Börsenabschwung infolge der anhaltend hohen Inflationsraten und des Ukraine-Kriegs betraf insbesondere hoch bewertete Wachstumstitel. So stürzte Rivian seit seinem Rekordhoch um mehr als siebzig Prozent ab. Auch Ford konnte sich dem Abwärtsstrudel nicht entziehen und verlor - nach einer sehr starken Performance im Jahr 2021 - nun in den vergangenen Wochen ebenfalls an Boden. Beide Aktien sind momentan also zu Rabatt-Preisen erhältlich, zumal die Wachstumsaussichten des Marktes für Electric Vehicles (EV) weiterhin hervorragend sind. Bei welchen der beiden Aktien könnte sich ein Einstieg besonders auszahlen?

Rivian: Hohe Wachstumsaussichten für hohen Preis

Rivian sorgte im November 2021 für Furore, als es im Rahmen des größten IPO des Jahres 11,9 Milliarden US-Dollar einsammelte - bei bis dahin nur 42 verkauften Fahrzeugen. In den ersten Handelstagen schoss der Rivian-Kurs weiter nach oben und erreichte sein bisheriges Rekordhoch am 16. November 2022 bei 179,47 US-Dollar. Seitdem ging es für die Aktie aber steil nach unten. Dennoch ist das in Michigan beheimatete Unternehmen alles andere als ein Schnäppchen: Die Marktkapitalisierung beträgt weiterhin mehr als 40 Milliarden US-Dollar (Stand: Schlusskurs vom 24.03.) - und das trotz eines Verlustes von 2 Milliarden US-Dollar allein im vierten Quartal 2021 bei einem Umsatz von nur 54 Millionen US-Dollar. Rivian ist folglich noch meilenweit von Gewinnen entfernt. Allerdings zeigen sich Fortschritte bei der Expansion des Unternehmens: Im September 2021 begann endlich die Serienproduktion der ersten beiden vollelektrischen Fahrzeuge, dem Pick-Up R1T und dem SUV R1S. 2021 wurden 920 Autos verkauft, 2022 sollten es eigentlich bereits 50.000 sein, aber aufgrund von Lieferschwierigkeiten wird diese Zahl wohl kaum zu erreichen sein. Indessen ist die Nachfrage nach Rivian-Autos in den USA sehr hoch. Auch der Tech-Gigant Amazon, der eine Beteiligung von 18 Prozent an Rivian hält, bestellte 100.000 Lieferwagen. Die Grundlagen für ein phänomenales Wachstum von Rivian sind also gelegt: Das Unternehmen von CEO Robert "RJ" Scaringe verfügt über ein hervorragendes Know-How, produziert zwei stark nachgefragte Serienmodelle und hat mit Amazon einen mächtigen Geldgeber. So kommt der Analyst Howard Smith gegenüber yahoo finance zu der Einschätzung, dass der deutliche Rücksetzer von Rivian "interessierten Anlegern einen guten Ausgangspunkt für einen Einstieg bieten" könne. Allerdings lässt die weiterhin hohe Bewertung von Rivian keinen Spielraum für Enttäuschungen jeglicher Art.

Ford: Etabliertes Unternehmen mit Zukunftsfantasie

Ford und Rivian sind kooperierende Konkurrenten: Der etablierte Ford-Konzern hält elf Prozent der Anteile von Rivian und hatte beabsichtigt, gemeinsam mit dem aufstrebenden Autohersteller zwei Elektrofahrzeuge zu produzieren. Doch Ford-CEO Jim Farley hat diese Pläne im September 2021 jäh zerschlagen, als er gegenüber der Fachzeitschrift Automotive News mitteilte, Ford wolle binnen zwei Jahren nach Tesla der zweitgrößte Elektroauto-Hersteller der USA werden - und dabei kurzerhand die Kooperation mit Rivian auflöste.

Nicht zuletzt dank Farleys Ankündigung eines verstärkten Engagements auf dem wachsenden EV-Markt haben sich die Ford-Anteile 2021 hervorragend entwickelt. Während eine Aktie am Corona-Tief im März 2020 zeitweise weniger als vier US-Dollar kostete, vervielfachte sich die Aktie bis zum Januar 2022 auf bis zu 25 US-Dollar. Es darf zwecks Einordnung der jüngsten Ford-Hausse aber nicht unerwähnt bleiben, dass die Ford-Aktien schon deutlich bessere Zeiten gesehen haben: Ihren bisherigen Rekordstand erreichten die Papiere bereits im April 1999 bei 37,18 US-Dollar. Die US-Autoikone war somit in den vergangenen Jahrzehnten insgesamt ein schlechtes Investment und konnte nicht einmal annähernd die Inflation ausgeglichen, sondern verlor sogar an Wert.

Das soll sich in Zukunft ändern: Ford gab Anfang März die Aufteilung des Unternehmens in zwei Bereiche bekannt. Das traditionelle Geschäft mit Verbrennungsmotoren heißt künftig "Ford Blue", während die innovative EV-Sparte namens "Ford Model e" abgekoppelt werden soll. Das Ziel des amerikanischen Traditionsunternehmens ist es, mit den stabilen Erträgen aus dem profitablen Kerngeschäft die kostspieligen Innovationen im EV-Sektor anzutreiben. Dank einer enormen Marktposition und Größenvorteilen ist es Ford durchaus zuzutrauen, langfristig eine starke Stellung im EV-Geschäft einzunehmen. Dann liegt gewiss auch ein neues Allzeithoch im Bereich des Möglichen.

Fazit: Welches der beiden Unternehmen erscheint chancenreicher?

Insgesamt kann Rivian besonders für wachstumsorientierte Anleger als chancenreicher eingestuft werden. Es hat dank einer ausgezeichneten Nachfragesituation gute Chancen, hart umkämpfte Marktanteile auf dem Wachstumsmarkt der Elektroautos zu ergattern. Nach den enormen Kursverlusten seit November 2021 verfügt die Rivian-Aktie derzeit über ein recht attraktives Rendite-Risiko-Profil. Zwar ist Rivian mit einer Marktkapitalisierung jenseits der 30 Milliarden US-Dollar bei bislang noch marginalem Umsatz weiterhin extrem hoch bewertet, doch falls sich sich der junge Autohersteller operativ gut entwickeln sollte, könnten sich die Rivian-Aktien wieder näher an ihr noch weit entferntes Allzeithoch heranpirschen. Allerdings ist bei einem Investment in Rivian mit einer enormen Volatilität zu rechnen, weshalb der Aufbau einer hohen Rivian-Position für eher konservative Anleger nicht ratsam ist.

Für weniger risikofreudige Anleger scheint Ford eine gute Alternative zu bieten, um vom EV-Wachstumsmarkt zu profitieren, ohne dabei ein allzu großes Risiko einzugehen. Selbst wenn sich Fords Zukunftsfantasie auf dem EV-Markt nicht in vollem Maße bewahrheiten sollte, bietet das Traditionsunternehmen dank seiner Größe und breiten Produktpalette weiterhin gute Aussichten auf stabile Erträge und steigende Dividenden. Zudem ist Ford mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 8 um ein Vielfaches günstiger als Tesla oder Rivian bewertet.

Redaktion finanzen.at

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