Lufthansa Aktie
WKN: 823212 / ISIN: DE0008232125
02.04.2014 17:10:32
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Pilotenstreik hält Lufthansa weiter in Atem
Von Matthias Goldschmidt
Der Arbeitskampf der Piloten hält die Lufthansa und ihre Passagiere am Nachmittag des ersten von drei geplanten Streiktagen weiter in Atem. Fast nichts geht mehr, insgesamt rund 3.800 Verbindungen von Lufthansa, Lufthansa Cargo und Germanwings wurden für die Zeit des Streiks gestrichen, da nahezu alle Piloten die Arbeit niedergelegt haben.
Chefpilot Werner Knorr entschuldigte sich auf einer Pressekonferenz am Flughafen Frankfurt für die Unannehmlichkeiten. Gleichwohl gab sich der Manager, der zugleich den Titel "Leiter Operations Frankfurt" trägt, optimistisch für eine baldige Lösung des Konflikts. "Ich bin von der Zuversicht geprägt, dass der Streik dazu führen muss, dass man sich einigt. Die Kunst ist es, den Einstieg zu finden."
Die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit hatte zu dem Streik aufgerufen, um ihre Position im Tarifstreit mit der Lufthansa um die betriebliche Frührente für Piloten zu untermauern. Am Wochenende hatten sich die beiden Parteien zwar noch getroffen, eine Annäherung gab es jedoch nicht.
Die Lufthansa will das durchschnittliche Ausscheidealter von Piloten ab 2016 innerhalb von drei Jahren von 58 auf 61 Jahre anheben. Neuen Piloten will der Konzern weiterhin ein vorzeitiges Ausscheiden ermöglichen, der frühstmögliche Zeitpunkt wäre allerdings das 60. Lebensjahr. Die Gewerkschaft fordert dagegen, dass jeder der etwa 5.400 Piloten selbst entscheiden solle, wann er aufhören will. Daher müsse es einheitliche Regeln für alle Piloten geben.
Ein Sprecher der Vereinigung Cockpit sagte, er hoffe, dass die Lufthansa noch vor Ablauf des Streiks auf die Gewerkschaft mit einem neuen Angebot zugehen werde. "Wir sind zu Verhandlungen bereit", so der Sprecher. Er habe aber den Eindruck, dass die Fluglinie die drei Streiktage erst einmal abwarten wolle.
In einem komplexen Unternehmen wie der Lufthansa sind auch andere Berufsgruppen direkt vom Pilotenstreik betroffen. Allein in den Einsatzplänen des Kabinenpersonals mussten rund 10.000 Änderungen vorgenommen werden, wie Wolfgang Kolhagen, Leiter Cabin Crews Frankfurt, erläuterte. Nach seinen Berechnungen hängen derzeit etwa 1.500 bis 1.800 Crewmitglieder im Ausland fest.
Der Konzern hat nämlich seine führerlosen Maschinen nicht nach Hause geholt und dort geparkt. Sie verharren für die Zeit des Ausstands auf den ausländischen Flughäfen, damit sie nach dem Streik wieder ins Streckennetzwerk eingespeist werden können. "Wir fahren das Drehkreuz quasi für drei Tage herunter und nach dem Streik wieder behutsam hoch", erläuterte Chefpilot Knorr. Es könne aber nicht verhindert werden, dass es am Vortag des Streiks - wie am Dienstag geschehen - und danach zu leichten Unregelmäßigkeiten kommt.
Insgesamt hat die Airline derzeit 59 Kontinental- und 53 Interkontinentalflugzeuge im Ausland geparkt. "Damit können Sie schon eine mittelgroße Airline betreiben", sagte Andreas Döpper, Leiter Station und Infrastruktur Frankfurt, zur Einordnung. In Frankfurt selbst stehen derzeit 31 Kontinental- und 12 Interkontinentalmaschinen.
Trotz der überwältigenden Mehrheit von 99,1 Prozent der Piloten von Lufthansa, Lufthansa Cargo und Germanwings, die sich laut Vereinigung Cockpit in einer Urabstimmung für den Streik ausgesprochen haben, kann der Konzern noch Flüge durchführen. Auch Champions-League-Teilnehmer müssen offenbar keine Nachteile befürchten: "Wir holen auch die Bayern aus Manchester nach Hause", sagte Knorr.
Dass die Gesellschaft noch fliegen kann, verdankt sie Flugzeugführern, die sich freiwillig gemeldet haben, und Piloten aus dem Management, die einspringen. Allerdings, sagte Chefpilot Knorr auf Nachfrage, würden weder er selbst noch der designierte Konzernchef Carsten Spohr - selbst ausgebildeter Pilot - sich in den Pilotensessel schwingen.
Was sie Belastungen für den Lufthansa-Konzern angeht, so vertröstete Knorr die Anleger auf die Zeit nach dem Streik, erst dann könne der genaue Verlust festgestellt werden. Wie die Lufthansa geht auch er von einem "ordentlichen zweistelligen Millionenbetrag" aus, der der Lufthansa verloren geht. "Der wirtschaftliche Schaden ist enorm", so Knorr.
Der Arbeitskampf mit einem der größten Streiks in der Geschichte des Unternehmens ist auch Thema in der großen Politik. Denn die Große Koalition hat sich die Wiederherstellung der Tarifeinheit in ihren Koalitionsvertrag geschrieben. Das bedeutet, dass die Macht kleiner Spartengewerkschaften zurückgedrängt werden soll. Derzeit ist ein "Tarifpaket" im Arbeitsministerium in Arbeit, das noch vor der Sommerpause in den Bundestag eingebracht werden soll. Teil davon soll auch die Tarifeinheit sein. Der Pilotenstreik bringt eine neue Dynamik in die Diskussion.
Auch der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) fordert die Tarifeinheit. Die Politik müsse nun Handeln, sagte BDL-Chef Klaus-Peter Siegloch. "Im beinharten internationalen Wettbewerb kämpfen die deutschen Fluggesellschaften um das Vertrauen der Kunden, das sie dringend brauchen, um am Markt bestehen zu können", sagte der Funktionär.
Gleichzeitig lobte der Verband in einer Pressemitteilung, wie die gute Organisation der Airlines und Flughäfen und die Besonnenheit der Passagiere ein Reisechaos in diesen Tagen vermieden hätten.
So geht es am größten deutschen Airport in Frankfurt tatsächlich ruhig zu. In den Abflughallen der Lufthansa im Terminal 1 entsteht der Eindruck, es seien zwischen den gut gefüllten Catering-Stationen der Lufthansa mehr Medienvertreter als Passagiere anwesend.
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April 02, 2014 10:38 ET (14:38 GMT)
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