16.06.2022 17:59:40

MÄRKTE EUROPA/Zinserhöhungen lösen weiteren Schwächeanfall aus

Von Herbert Rude

FRANKFURT (Dow Jones)--An den europäischen Börsen sind die Kurse am Donnerstag stark unter Druck geraten. Der DAX verlor 3,3 Prozent auf 13.038 Punkte und schloss auf dem tiefsten Stand seit dem 8. März. Der Euro-Stoxx-50 gab um 3,0 Prozent auf 3.428 Punkte nach. "Die durchgreifende Zinswende trübt die Stimmung kräftig ein", so ein Marktteilnehmer. "Wir müssen drei Zinserhöhungen verarbeiten: in den USA, in der Schweiz und in Großbritannien", sagte er.

Am Anleihemarkt konnten sehr schwache US-Konjunkturdaten die Kurse stützen. Ein Einbruch der Baubeginne und ein unerwartet deutlicher Rückgang der Konjunkturerwartungen in der Umfrage der Notenbankfiliale in Philadelphia schürten stattdessen die Rezessionsängste am Markt. Profiteur war der Goldpreis, der sich deutlich vom Tagestief löste und zur Schlussglocke an den Aktienmärkten wieder über 1.845 Dollar je Feinunze notierte.

Am Vormittag hat auch noch die Schweizer Notenbank (SNB) hat den Leitzins erhöht, und zudem auch noch überraschend kräftig um 0,5 Prozentpunkte. Eine Zinserhöhung galt im Vorfeld zwar als möglich, aber nicht ausgemacht, zumal die Inflation in der Schweiz zuletzt zwar gestiegen war, aber längst nicht so sehr wie in anderen Regionen der Welt. Der Franken schoss darauf um 2 Prozent nach oben und näherte sich mit 1,070 Franken je Euro der Parität. Der Schweizer Börsenindex SMI knickte um 2,9 Prozent ein. Die Zinserhöhung um 25 Basispunkte in Großbritannien am Mittag lag dagegen im Rahmen der Erwartungen, ebenso die Zinserhöhung um 75 Basispunkte in den USA am Vorabend. Allerdings ließ US-Notenbankchef Jerome Powell keinen Zweifel daran, dass der Kampf gegen die Inflation zunächst weiter Vorrang gegenüber dem Wirtschaftswachstum hat.

Tech-Werte und Konsumabhängige Titel brechen ein - und Eon

Vor den Aktienmärkten liegen laut Marktteilnehmern voraussichtlich weitere schwierige Monate, geprägt von steigenden Leitzinsen und Liquiditätsentzug bei zugleich steigenden Risiken einer Rezession. Die zinssensiblen Technikwerte fielen gemessen an ihrem Stoxx-Branchenindexx um 4,4 Prozent, die von der Konsumstimmung und den wegen der Inflation schrumpfenden Budgets der Verbraucher abhängenden Einzelhandelsaktien verloren 3,6 Prozent, Öl- und Gaswerte 3,5 Prozent. Auch Chemiewerte sowie Reise- und Freizeit-Aktien standen stark unter Druck. Am besten hielten sich noch die als defensiv und weniger zyklisch geltenden Aktien aus den Sektoren Telekommunikation, Nahrungsmittel und Pharma.

Bei den Einzeltiteln zeigte sich die Angst, dass die steigenden Zinsen und die Inflation auf den Konsum drücken. Im DAX fielen Zalando um 12,4 Prozent, für den Zalando-Wettbewerber Boohoo ging es nach schwachen Geschäftszahlen in London um 11,3 Prozent nach unten und für Asos nach einer Gewinnwarnung um 32 Prozent. Delivery Hero verloren 7,4 Prozent und Hellofresh 8,1 Prozent. In der dritten Reihe des deutschen Marktes sackten Ceconomy um mehr als 7 Prozent ab.

Daneben standen im DAX Covestro mit 8,7 Prozent Minus stark unter Druck, Infineon fielen um 6,3 Prozent. Eon brachen um 6,6 Prozent ein: Damit litten sie unter der geringeren Durchleitung russischen Gases durch ihre Netze. Im MDAX gaben Uniper 9,7 Prozent ab. Der Gaspreis schoss zeitweise extrem nach oben, am späten Nachmittag gab er aber alle Gewinne wieder ab und notierte mit 120 Euro je Megawattstunde auf Vortagsniveau. Nachdem er zu Wochenbeginn noch bei 82 Euro gelegen hatte, lag das Tageshoch am Donnerstag bei fast 150 Euro.

Südzucker setzten auch in dem schwachen Gesamtmarkt ihre Rally fort. Der Kurs gewann weitere 3,3 Prozent auf 13,91 Euro. Sowohl Goldman Sachs als auch Warburg haben die Kursziele erhöht, Warburg auf 13,90 und Goldman auf 15 Euro. Angetrieben wurde der Kurs nach wie vor von der Prognoseerhöhung nach der starken Quartalsentwicklung mit dem hohen Ergebnisbeitrag von Cropenergies. Diese stiegen um weitere 2,2 Prozent.

Nordex-Aktie fliegt aus SDAX und TecDAX

Nordex litten nicht unter der außerplanmäßigen Entnahme aus TecDAX und SDAX, der Kurs legte 0,2 Prozent zu. Ungewöhnlich ist die Erklärung des Indexanbieters Qontigo. Er begründete den Schritt mit der "Verletzung von Basiskriterien" wie der fristgerechten Veröffentlichung von Quartalsberichten oder Quartalsmitteilungen. Die Änderungen werden zum 20. Juni 2022 wirksam. Nachrücker im SDAX sind Medios (-1,9%), im TecDAX rücken SMA Solar (+0,3%) nach. Nordex hat unterdessen mitgeteilt, neue Aufträge über 369 MW aus Kolumbien erhalten zu haben.

Von Vinci (-1,0%) sind am Vorabend laut den Citi-Analysten erfreuliche Verkehrszahlen gekommen. Angesichts der höheren Tarife, die damit verbunden seien, hält Citi den Aufschwung im Schwerlastverkehr für den Konzessions- und Baukonzern für ermutigend. Im Flughafensegment habe sich das gesamte Passagieraufkommen verglichen mit den Vormonaten verbessert.

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Index Schluss- Entwicklung Entwicklung Entwicklung

stand absolut in % seit

Jahresbeginn

Euro-Stoxx-50 3.427,91 -104,41 -3,0% -20,3%

Stoxx-50 3.371,12 -72,25 -2,1% -11,7%

Stoxx-600 402,88 -10,22 -2,5% -17,4%

XETRA-DAX 13.038,49 -446,80 -3,3% -17,9%

FTSE-100 London 7.049,49 -223,92 -3,1% -1,5%

CAC-40 Paris 5.886,24 -143,89 -2,4% -17,7%

AEX Amsterdam 638,34 -24,87 -3,7% -20,0%

ATHEX-20 Athen 1.965,49 -62,77 -3,1% -8,3%

BEL-20 Brüssel 3.650,77 -105,53 -2,8% -15,3%

BUX Budapest 39.224,77 -93,94 -0,2% -22,7%

OMXH-25 Helsinki 4.533,63 -134,53 -2,9% -16,2%

ISE NAT. 30 Istanbul 2.719,47 -59,03 -2,1% +34,3%

OMXC-20 Kopenhagen 1.562,68 -47,94 -3,0% -16,2%

PSI 20 Lissabon 6.012,15 -123,79 -2,1% +5,7%

IBEX-35 Madrid 8.078,10 -96,60 -1,2% -7,3%

FTSE-MIB Mailand 21.726,64 -746,92 -3,3% -17,8%

RTS Moskau 1.316,75 +36,37 +2,8% -17,5%

OBX Oslo 1.097,50 -29,52 -2,6% +2,7%

PX Prag 1.286,55 -19,52 -1,5% -9,8%

OMXS-30 Stockholm 1.890,33 -56,53 -2,9% -21,9%

WIG-20 Warschau Feiertag

ATX Wien 3.014,16 -121,62 -3,9% -18,1%

SMI Zürich 10.475,37 -308,22 -2,9% -18,6%

Rentenmarkt zuletzt absolut +/- YTD

Dt. Zehnjahresrendite 1,71 +0,07 +1,89

US-Zehnjahresrendite 3,33 +0,04 +1,82

DEVISEN zuletzt +/- % Do, 8:20 Mi, 17:20 % YTD

EUR/USD 1,0525 +0,7% 1,0444 1,0399 -7,4%

EUR/JPY 138,53 -0,9% 140,03 139,93 +5,9%

EUR/CHF 1,0173 -2,1% 1,0379 1,0413 -1,9%

EUR/GBP 0,8530 -0,6% 0,8587 0,8629 +1,5%

USD/JPY 131,51 -1,7% 134,32 134,58 +14,3%

GBP/USD 1,2346 +1,4% 1,2147 1,2050 -8,8%

USD/CNH (Offshore) 6,7009 +0,4% 6,7097 6,7217 +5,5%

Bitcoin

BTC/USD 21.005,93 -5,3% 22.119,18 21.216,85 -54,6%

ROHÖL zuletzt VT-Settl. +/- % +/- USD % YTD

WTI/Nymex 115,66 115,31 +0,3% 0,35 +58,9%

Brent/ICE 118,11 118,51 -0,3% -0,40 +56,6%

METALLE zuletzt Vortag +/- % +/- USD % YTD

Gold (Spot) 1.845,45 1.834,30 +0,6% +11,15 +0,9%

Silber (Spot) 21,83 21,69 +0,6% +0,14 -6,4%

Platin (Spot) 955,10 943,95 +1,2% +11,15 -1,6%

Kupfer-Future 4,07 4,16 -2,2% -0,09 -8,4%

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Kontakt zum Autor: maerkte.de@dowjones.com

DJG/hru/flf

(END) Dow Jones Newswires

June 16, 2022 12:00 ET (16:00 GMT)

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