Warum Bitcoin als Wertspeicher in keinem diversifizierten Portfolio fehlen sollte. Jetzt lesen -w-
21.06.2014 12:48:31

Für GE hat der Alstom-Deal nicht nur einen finanziellen Preis

   Von Ted Mann und Stacy Meichtry

   Jeff Immelt hat den Segen der französischen Regierung für eine Beteiligung an Alstom SA erhalten. Doch dafür hat der CEO von General Electric einen hohen Preis gezahlt. Er musste zusagen, Arbeitsplätze in Frankreich zu schaffen und sich auf eine Reihe von Gemeinschaftsunternehmen einlassen, in denen der französische Staat Miteigentümer sein wird.

   Mit dem Einstieg in Alstoms Energiegeschäft wird der US-Konzern die Abhängigkeit von der in GE Capital gebündelten Finanzsparte verringern. Damit erfüllt Immelt sein Versprechen, das Konglomerat wieder auf das Industriegeschäft zu fokussieren, das von Investoren als wertvoller angesehen wird.

   Die Frankreich gemachten Konzessionen werden den Gewinnschub für GE reduzieren und weniger Einsparungen mit sich bringen, sagt Nicholas Heymann, Analyst bei Blair & Co. Außerdem dürften Entscheidungsprozesse dann schwieriger werden, wenn Frankreichs Regierung ihre Interessen beeinträchtigt sieht.

   Die Gespräche über den finalen Preis laufen noch, doch ein französischer Regierungsvertreter sprach am Freitag von 11 bis 13,6 Milliarden US-Dollar, die GE in bar zu zahlen habe.

   GE habe jetzt den Hebel umgelegt, um auf dem Weg zurück zu seinen industriellen Wurzeln schneller voranzukommen, meint Heymann. "Energie dürfte der wichtigste Treiber in der zweiten Hälfte dieses Jahrzehnts werden."

   Das Beharrungsvermögen von GE-CEO Immelt, den Alstom-Deal unter Dach und Fach zu bringen, unterstreicht den auf ihm liegenden Druck, ein schwieriges Ziel zu erreichen: Den Gewinnanteil der Finanzdienstleistungssparte auf unter 30 Prozent des Konzernergebnisses zu drücken. Zu den bekanntesten Produkten von GE zählen Turbinen, Flugzeugtriebwerke und medizinische Geräte. Doch noch macht das Konglomerat knapp die Hälfte des Gewinns im Finanzsektor, zum Beispiel mit Kreditvergaben an Restaurantketten oder Service rund um Kreditkarten.

   In seinen fast 13 Jahren an der GE-Spitze hat der 58-jährige CEO das Portfolio an vielen Ecken umgebaut. Weniger ertragreiche Geschäfte wie Kunststoff und Sicherheitstechnik wurden verkauft, ebenso die Medientochter NBCUniversal. Andererseits hat er mit einer Reihe von Transaktionen die Position bei Öl- und Gasausrüstungen gestärkt.

   GE hatte lange Zeit Übernahmen mit einem Volumen von maximal 4 Milliarden Dollar im Visier. Doch in diesem Jahr hatte Immelt den Investoren einen Sinneswandel signalisiert. Wenn der Preis stimmt, werde es auch größere Transaktionen geben. Dann sickerten im April erste Informationen zum Alstom-Deal durch. Immelt musste nun aufgebrachte Offizielle in Frankreich beruhigen, die Werksschließungen, Entlassungen und den Verkauf eines industriellen Kronjuwels fürchteten.

   An der Spitze der Anti-GE-Fraktion in Frankreich stand damals Wirtschaftsminister Arnaud Montebourg, der zunächst die Offerte ablehnte, der die Siemens AG zu einem Gegengebot einlud und der neue Gesetze mit auf den Weg brachte, die der Pariser Regierung Vetorechte beim Verkauf strategischer Unternehmen und Aktiva verschafften.

   Am Freitag war der gleiche Montebourg zum entschiedenen Fürsprecher der Vereinbarung mit GE mutiert. Frankreich wird 20 Prozent an Alstom übernehmen und nach Abschluss der gesamten Transaktion zum größten Aktionär werden - und hat sich damit entscheidende Mitsprachrechte gesichert.

   Die Vereinbarung, so betont Montebourg, markiere "die Rückkehr des Staates in die Wirtschaft". Ministerpräsident Manuel Valls sprach von einem Sieg für Frankreich.

   Diese Wende um 180 Grad hatte Immelt eingeleitet, als er sich selbst in die Verhandlungen einschaltete. Drei Mal reiste er nach Paris, um sich mit Präsident Francois Hollande und Mitgliedern des Kabinetts zu treffen. Außerdem musste er vor einem Ausschuss der Nationalversammlung Rede und Antwort stehen.

   Vor der Anhörung im Parlament war Immelt mit Montebourg zusammengekommen. Bei diesem Treffen taute das frostige Verhältnis zwischen beiden Seiten auf - und am Ende des Tages war der Deal geschlossen, so eine mit dem Sachverhalt vertraute Person.

   Damit kam Siemens, trotz der gemeinsam mit dem japanischen Partner Mitsubishi Heavy Industries Ltd noch einmal aufgebesserten Offerte, nicht zum Zuge. Dass es eine politische Entscheidung für GE und gegen Siemens war, die das Unternehmen "zur Kenntnis genommen hat", machte Vorstandschef Joe Kaeser in seinem Statement klar: "Wir respektieren und verstehen die politischen Interessen der Regierung auf dem Gebiet der Energietechnik." Er sah das eigene Angebot als nachweislich besser an, aber "die Wahrung nationaler Interessen ist Angelegenheit des Staates".

   GE setzt nun nach eigenen Angaben darauf, trotz Jobgarantien und anderer Zugeständnisse an den französischen Staat, mehr Ertrag aus Alstom herauszuholen.

   Zunächst hatten die Amerikaner einen um 8 bis 10 Cents je Aktie höheren Gewinn ab 2016 sowie innerhalb von fünf Jahre jährliche Kosteneinsparungen von 1,2 Milliarden Dollar prognostiziert.

   Analyst Heymann sieht den Zusatzertrag nach der Neuverhandlung nun nur noch bei 6 bis 7 Cent je Aktie und rechnet speziell durch die Jobgarantien mit um 12 Prozent geringeren Einsparungen.

   "Der Markt bleibt skeptisch", meint Janna L. Sampson, Co-Chief Investment Officer von OakBrook Investments LLC mit Verweis auf die Kursentwicklung der Aktie in den zwei Monaten seit Bekanntwerden der Pläne. Seit Jahresbeginn hat GE in einem auf Rekordkurs befindlichen US-Aktienmarkt 4 Prozent verloren. Am Freitag gewann das Papier 4 Cent auf 26,97 Dollar.

   Andererseits hat Immelt die Wünsche der Investoren erfüllt. Mit Alstom wird der Konzern aus Fairfield im US-Bundesstaat Connecticut auf einen Gewinnanteil des Industriegeschäfts von 75 Prozent kommen.

   Mitarbeit: Inti Landauro

   Kontakt zum Autor: unternehmen.de@dowjones.com

   DJG/DJN/smh

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