23.09.2021 12:41:00
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EU-Generalanwalt: VW-Thermofenster verstoßen gegen EU-Gesetz
Der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof (EuGH) stuft im Diesel-Verfahren gegen Volkswagen und Porsche die Thermofenster als gesetzeswidrig ein. Die von den Autobauern verwendeten Abgassysteme, bei denen die Abgasreinigung außerhalb eines vorgegebenen Temperaturbereichs und ab einer bestimmten Höhenlage gestoppt wird, verstießen gegen die europäischen Gesetze, erklärte der Generalanwalt Athanasios Rantos am Donnerstag in seinem Schlussplädoyer.
Thermofenster sind eine Technik der Abgasreinigung bei Dieselfahrzeugen, die von zahlreichen Autobauern eingesetzt wird. Ein Teil der Abgase wird dabei wieder in den Motor zurückgeleitet und erneut verbrannt. Dieser Mechanismus funktioniert am besten innerhalb eines bestimmten Temperaturfensters: Bei besonders warmen und vor allem bei kühleren Außentemperaturen werden weniger oder keine Abgase zurückgeführt. Dieselfahrzeuge stoßen dann mehr gesundheitsschädliche Stickoxide aus.
In den konkreten Fällen geht es um Klagen aus Österreich gegen Volkswagen. Österreichische Gerichte - der Oberste Gerichtshof, die Landesgerichte Klagenfurt und Eisenstadt - legten dem EuGH dazu Fragen vor. Den Klagen zufolge funktionierte die Abgasreinigung bei den betroffenen Fahrzeugen nur bei einer Außentemperatur zwischen 15 und 33 Grad und bei einer Höhe von unter 1.000 Metern vollständig.
Damit sei das Thermofenster für die tatsächlichen Fahrbedingungen nicht repräsentativ, erklärte der Generalanwalt. Amtliche Statistiken zeigten, dass die Durchschnittstemperaturen der Jahre 2017 bis 2019 in Österreich, Deutschland und in anderen EU-Mitgliedstaaten deutlich unter 15 Grad Celsius gelegen hätten. Aufgrund der Topografie Österreichs und Deutschlands würden die Autos außerdem oft in Höhen von mehr als 1.000 Metern fahren.
Nach Ansicht des Generalanwalts fällt das Thermofenster auch nicht unter die Ausnahme, die für Einrichtungen vorgesehen ist, die den Motor vor Schäden schützen sollen. Ein Thermofenster schone vor allem Anbauteile, deren Funktionieren nicht den Schutz des Motors berühre, gab er an.
Es handle sich bei einer unzulässigen Abschalteinrichtung nicht um eine nur geringfügige Vertragswidrigkeit, argumentierte er. Verbraucher könnten darum die Auflösung des Vertrags verlangen.
Die EuGH-Richter müssen sich bei ihrem Urteil - das in einigen Monaten erwartet wird - nicht an das Gutachten des Generalanwalts halten. Sie orientieren sich aber oft daran.
"VW hat damit offensichtlich wieder rechtswidrig getrickst. Folgt der EuGH diesen Schlussanträgen, bedeutet das auch Rückenwind für die 10.000 Sammelkläger in den Sammelklagen des VKI. Denn dann gibt es ein weiteres Argument dafür, dass die Käufer zu viel für Fahrzeuge mit mehrfach unzulässigen Abschalteinrichtungen bezahlt haben. Außerdem droht im Worst Case ein Verlust der Zulassung oder Maßnahmen zur Nachrüstung der Fahrzeuge. Das würde für VW zu weiteren Milliardenzahlungen führen", erklärte Thomas Hirmke, Leiter des Bereichs Recht im Verein für Konsumenteninformation (VKI).
"Der Verbraucherschutzverein (VSV) begrüßt dieses Gutachten. Es ist Wasser auf unsere Mühlen bei den Klagen gegen die Dieselhersteller wie VW, Daimler, Mercedes, Porsche u.a.", so VSV-Obman Peter Kolba in einer Aussendung. "Wir bieten Käufern kosten- und risikolose Klagen gegen die Hersteller an."
(Rechtssache: AZ. C-128/20, C-134/20 und C-145/20) hel/kre/pro
ISIN DE0007664039 DE000PAH0038 WEB http://curia.europa.eu/ http://www.volkswagenag.com http://www.porsche.com
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