Zielgesellschaft: Nemetschek AG; Bieter: Prof. Dipl.-Ing. Georg Heinz Nemetschek und weitere
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Veröffentlichung des Bescheids der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht vom 20. Dezember 2013 über die Befreiung
gemäß § 37 Abs. 1 Alt. 1, Abs. 2 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 1 Nr. 2
WpÜG-Angebotsverordnung von den Verpflichtungen nach § 35 Abs. 1 Satz 1 und
Abs. 2 Satz 1 WpÜG in Bezug auf die Aktien der Nemetschek AG, München
(ISIN: DE 0006452907)
Mit Bescheid vom 20. Dezember 2013 hat die Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) auf entsprechende Anträge des Herrn
Prof. Dipl.-Ing. Georg Heinz Nemetschek, wohnhaft in München
('Antragsteller zu 1)'), der Nemetschek Verwaltungs GmbH, Grünwald
('Antragstellerin zu 2)') und der Nemetschek Vermögensverwaltungs GmbH &
Co. KG, Grünwald ('Antragstellerin zu 3)', gemeinsam die 'Antragsteller')
diese von der Verpflichtung gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG befreit, die
bevorstehende Kontrollerlangung zu veröffentlichen. Weiter wurden die
Antragsteller von den Verpflichtungen gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG
befreit, der BaFin eine Angebotsunterlage für ein Pflichtangebot an die
Aktionäre der Nemetschek AG, München, zu übermitteln und eine solche
Angebotsunterlage zu veröffentlichen. Der Tenor und die wesentlichen Gründe
für die Befreiung werden nachfolgend wiedergegeben.
Der Tenor des Bescheids lautet wie folgt:
1. Für den Fall, dass die Antragsteller durch die beabsichtigte Übertragung
von 4.655.732 Aktien der Nemetschek AG, München, von dem Antragsteller zu
1), Frau Ingrid Nemetschek, Herrn Dr. Ralf Nemetschek, beide wohnhaft in
München, und Herrn Alexander Nemetschek, wohnhaft in Grünwald, aufgrund des
Einlagenvertrags auf die Antragstellerin zu 3) die Kontrolle über die
Nemetschek AG, München, erlangen, werden die Antragsteller gemäß § 37 Abs.
1 Alt. 1, Abs. 2 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 1 Nr. 2 WpÜG-Angebotsverordnung von
der Verpflichtung gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG, die Kontrollerlangung zu
veröffentlichen, sowie von den Verpflichtungen nach § 35 Abs. 2 Satz 1
WpÜG, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht eine
Angebotsunterlage zu übermitteln und nach § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG in
Verbindung mit § 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG ein Pflichtangebot zu
veröffentlichen, befreit.
2. Die Befreiung gemäß vorstehender Ziffer 1. ergeht unter folgenden
Auflagen gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG:
a) Die Antragsteller haben der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht den Abschluss des Einlagenvertrags zwischen
dem Antragsteller zu 1), Frau Ingrid Nemetschek, Herrn Dr. Ralf Nemetschek,
Herrn Alexander Nemetschek und der Antragstellerin zu 3) mit dem Inhalt des
am 16.08.2013 der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
übermittelten Entwurfs des Einlagenvertrags unverzüglich, spätestens bis
zum 01.03.2014, durch Vorlage geeigneter Unterlagen (z.B. Kopie der
unterzeichneten Vertragsurkunde) nachzuweisen.
b) Die Antragsteller haben der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht die Durchführung der Verpflichtungen aus dem
oben genannten Einlagenvertrag, insbesondere die Übertragung von insgesamt
4.655.732 Aktien (entsprechen ca. 48,37 % der Stimmrechte) der Nemetschek
AG von dem Antragsteller zu 1), Frau Ingrid Nemetschek, Herrn Dr. Ralf
Nemetschek, Herrn Alexander Nemetschek auf die Antragstellerin zu 3)
unverzüglich, spätestens bis zum 01.03.2014, durch Vorlage geeigneter
Unterlagen (z.B. Belege über Ein- und Ausbuchung der Aktien) nachzuweisen.
c) Die Antragsteller haben der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht den Abschluss des Schenkungs- und
Abtretungsvertrags zwischen dem Antragsteller zu 1), Frau Ingrid
Nemetschek, Herrn Dr. Ralf Nemetschek, Herrn Alexander Nemetschek bezüglich
Geschäftsanteilen an der Antragstellerin zu 2) mit dem Inhalt des am
16.08.2013 der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
übermittelten Entwurfs des Schenkungs- und Abtretungsvertrags unverzüglich,
spätestens bis zum 01.03.2014, durch Vorlage geeigneter Unterlagen (z.B.
Kopie der unterzeichneten Vertragsurkunde) nachzuweisen.
d) Die Antragsteller haben der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht den Abschluss des Schenkungs- und
Abtretungsvertrags zwischen dem Antragsteller zu 1), Frau Ingrid
Nemetschek, Herrn Dr. Ralf Nemetschek, Herrn Alexander Nemetschek bezüglich
Kommanditanteilen an der Antragstellerin zu 3) mit dem Inhalt des am
24.09.2013 der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
übermittelten Entwurfs des Schenkungs- und Abtretungsvertrags unverzüglich,
spätestens bis zum 01.03.2014, durch Vorlage geeigneter Unterlagen (z.B.
Kopie der unterzeichneten Vertragsurkunde) nachzuweisen.
e) Die Antragsteller haben der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht die Änderung des Gesellschaftsvertrags der
Antragstellerin zu 2) mit dem Inhalt des am 16.08.2013 der Bundesanstalt
für Finanzdienstleistungsaufsicht übermittelten Entwurfs des
Gesellschaftsvertrags in der geänderten Fassung unverzüglich, spätestens
bis zum 01.03.2014, durch Vorlage geeigneter Unterlagen (z.B. Kopie der
unterzeichneten Vertragsurkunde) nachzuweisen.
f) Die Antragsteller haben der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht die Änderung des Gesellschaftsvertrags der
Antragstellerin zu 3) mit dem Inhalt des am 16.08.2013 der Bundesanstalt
für Finanzdienstleistungsaufsicht übermittelten Entwurfs des
Gesellschaftsvertrags in der geänderten Fassung unverzüglich, spätestens
bis zum 01.03.2014, durch Vorlage geeigneter Unterlagen (z.B. Kopie der
unterzeichneten Vertragsurkunde) nachzuweisen.
Gründe:
A.
I.
Zielgesellschaft ist die Nemetschek AG mit Sitz in München
('Zielgesellschaft'). Das Grundkapital der Zielgesellschaft beträgt EUR
9.625.000,00 und ist in 9.625.000 stimmberechtigte, auf den Inhaber
lautende Stückaktien eingeteilt. Die Aktien der Zielgesellschaft sind zum
Handel im regulierten Markt (Prime Standard) an der Frankfurter Börse
zugelassen und werden zudem im Freiverkehr der Börsen in Berlin,
Düsseldorf, Hamburg, München und Stuttgart gehandelt.
II.
1. Der Antragsteller zu 1) hält 2.416.322 Aktien der Zielgesellschaft (ca.
25,1 % der Aktien und Stimmrechte). Die Ehefrau des Antragstellers zu 1),
Frau Ingrid Nemetschek, hält 524.000 Aktien der Zielgesellschaft (ca. 5,44
% der Aktien und Stimmrechte). Die Söhne der Eheleute Nemetschek, die
Herren Alexander Nemetschek und Dr. Ralf Nemetschek, halten jeweils
1.107.705 Aktien der Zielgesellschaft (jeweils ca. 11,51 % der Aktien und
Stimmrechte).
2. Antragstellerin zu 2) ist die Nemetschek Verwaltungs GmbH mit Sitz in
Grünwald. Das Stammkapital der Antragstellerin zu 2) beträgt EUR 25.000,00
und wird gehalten durch den Antragsteller zu 1) (EUR 10.200,00, ca. 41,16 %
des Stammkapitals), Frau Ingrid Nemetschek (EUR 2.814,00, ca. 11,26 % des
Stammkapitals) sowie den Herren Alexander und Dr. Ralf Nemetschek (jeweils
EUR 5.948,00, ca. 23,79 % des Stammkapitals).
Die Antragstellerin zu 2) ist die alleinige Komplementärin der
Antragstellerin zu 3), am Vermögen der Antragstellerin zu 3) jedoch nicht
beteiligt.
3. Antragstellerin zu 3) ist die Nemetschek Vermögensverwaltungs GmbH & Co.
KG mit Sitz in Grünwald. Das feste Kapital der Antragstellerin zu 3)
beträgt EUR 500,00 und wird gehalten durch den Antragsteller zu 1) (EUR
205,80, ca. 41,16 % des festen Kapitals), Frau Ingrid Nemetschek (EUR
56,28, ca. 11,26 % des festen Kapitals) sowie den Herren Alexander und Dr.
Ralf Nemetschek (jeweils EUR 118,96, ca. 23,79 % des festen Kapitals).
III.
Die Gesellschaftsverträge der Antragstellerin zu 2) und der Antragstellerin
zu 3) sind so ausgestaltet, dass der Antragsteller zu 1) beherrschenden
Einfluss auf die Antragstellerinnen zu 2) und 3) ausüben kann. Insbesondere
hält der Antragsteller zu 1) aufgrund der Regelung des § 8 Abs. 4 des
Gesellschaftsvertrages der Antragstellerin zu 2) die Mehrheit der
Stimmrechte der Antragstellerin zu 2).
IV.
Der Entwurf des Einlagenvertrags zwischen dem Antragsteller zu 1), Frau
Ingrid Nemetschek, Herrn Dr. Ralf Nemetschek, Herrn Alexander Nemetschek
und der Antragstellerin zu 3) (der 'Einlagenvertrag') sieht vor, dass
4.655.732 (ca. 48,37 %) der Aktien und Stimmrechte der Zielgesellschaft an
die Antragstellerin zu 3) übertragen werden (die 'Einlage' oder auch die
'einzulegenden Aktien'). Die einzulegenden Aktien beinhalten sämtliche
Aktien und Stimmrechte von Frau Ingrid Nemetschek sowie den Herren
Alexander und Dr. Ralf Nemetschek der Zielgesellschaft. Von den 2.416.322
Aktien und Stimmrechten des Antragstellers zu 1) der Zielgesellschaft
sollen 1.916.322 Aktien und Stimmrechte eingelegt werden. Damit verbleiben
dem Antragsteller zu 1) nach der Einlage 500.000 (ca. 5,19 %) Aktien und
Stimmrechte der Zielgesellschaft.
Eine Gegenleistung wird den Einlegenden für die Einlage nicht gewährt.
Nach der Erbringung der Einlage soll ein Poolvertrag zwischen dem
Antragsteller zu 1) und der Antragstellerin zu 3) geschlossen werden (der
'Poolvertrag'), der eine Abstimmung in Bezug auf die Ausübung der
Stimmrechte der Zielgesellschaft vorsieht. In der Stimmbindung sollen damit
5.155.732 (ca. 53,56 %) Aktien und Stimmrechte einbezogen werden.
V.
Gemäß den Entwürfen der Schenkungs- und Abtretungsverträge zwischen dem
Antragsteller zu 1), Frau Ingrid Nemetschek, Herrn Dr. Ralf Nemetschek und
Herrn Alexander Nemetschek bezüglich Anteilen an der Antragstellerin zu 2)
und 3) (die 'Nachfolgeverträge') sollen nach Erbringung der Einlage und
Abschluss des Poolvertrags die Anteile des Antragstellers zu 1) und von
Frau Ingrid Nemetschek an den Antragstellerinnen zu 2) und 3) fast
gänzlich auf die Herren Alexander und Dr. Ralf Nemetschek übertragen
werden. Der Antragsteller zu 1) und Frau Ingrid Nemetschek sollen jeweils
einen Geschäftsanteil an der Antragstellerin zu 2) und 0,02
Kommanditanteile an der Antragstellerin zu 3) (entspricht jeweils 0,004 %
der Anteile) behalten. Die Herren Alexander und Dr. Ralf Nemetschek sollen
nach der Übertragung jeweils 12.499 Geschäftsanteile der Antragstellerin zu
2) und 249,08 Kommanditanteile der Antragstellerin zu 3) (entspricht
jeweils 49,996 % der Anteile) halten. Gemäß § 5 der Nachfolgeverträge
sollen diese mit Ablauf des 31.12.2013 wirksam werden.
VI.
Die Antragsteller haben am 16.08.2013 beantragt, sie gemäß § 37 Abs. 1 Alt.
1, Abs. 2 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 1 Nr. 2 WpÜG-Angebotsverordnung zu befreien.
B.
Den Anträgen war stattzugeben, da sie zulässig und begründet sind.
I.
Die Anträge sind zunächst fristgerecht gestellt worden. Gemäß § 8 Satz 2
WpÜG-Angebotsverordnung können Anträge nach § 37 Abs. 1 WpÜG vor
Kontrollerlangung über die Zielgesellschaft und innerhalb von sieben
Kalendertagen nach dem Zeitpunkt gestellt werden, zu dem die Antragteller
Kenntnis davon haben oder nach den Umständen hätten haben müssen, dass sie
die Kontrolle über die Zielgesellschaft erlangt haben.
II.
Die Anträge sind auch begründet, da die Voraussetzungen für eine Befreiung
nach § 37 Abs. 1 Alt. 1, Abs. 2 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 1 Nr. 2
WpÜG-Angebotsverordnung vorliegen und das Interesse der Antragsteller an
einer Befreiung von den Verpflichtungen des § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2
Satz 1 WpÜG das Interesse der außenstehenden Aktionäre an einem
öffentlichen Pflichtangebot überwiegt.
1. Die Antragsteller werden gemäß § 2 Abs. 1 des Einlagenvertrags mit
Übertragung von 4.655.732 (ca. 48,37 %) der Aktien und Stimmrechte der
Zielgesellschaft von dem Antragsteller zu 1), Ingrid Nemetschek, Alexander
Nemetschek und Dr. Ralf Nemetschek (gemeinsam die 'Schenker') auf die
Antragstellerin zu 3) jeweils unmittelbar oder mittelbar die Kontrolle über
die Zielgesellschaft i.S.d. §§ 35, 29 Abs. 2 WpÜG erlangen.
a) Der Antragstellerin zu 3) sollen gemäß § 2 Abs. 1 des Einlagenvertrags
von den Schenkern 4.655.732 (ca. 48,37 % vgl. A.IV.) der Aktien und
Stimmrechte der Zielgesellschaft dinglich übertragen werden. Damit wird die
Antragstellerin zu 3) Eigentümerin der 4.655.732 Aktien der
Zielgesellschaft und folglich unmittelbar die Kontrolle über die
Zielgesellschaft i.S.d. §§ 35, 29 Abs. 2 WpÜG erlangen.
b) Bei Übertragung von 4.655.732 (ca. 48,37 %) der Aktien und Stimmrechte
der Zielgesellschaft von den Schenkern auf die Antragstellerin zu 3) wird
zugleich die Antragstellerin zu 2) mittelbar die Kontrolle über die
Zielgesellschaft erlangen. Die Stimmrechte der Antragstellerin zu 3) werden
der Antragstellerin zu 2) gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3, § 2 Abs.
6 WpÜG i.V.m. § 290 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 HGB zugerechnet werden. Dies wird
der Fall sein, da es sich bei der Antragstellerin zu 2) um die alleinige
Komplementärin der Antragstellerin zu 3) handelt und ihr nach Änderung des
Gesellschaftsvertrags der Antragstellerin zu 3), welche vor der Übertragung
der 4.655.732 Aktien der Zielgesellschaft von den Schenkern an die
Antragstellerin zu 3) vorgenommen werden soll, die alleinige Vertretungs-
und Geschäftsführungsbefugnisse zukommen wird (vgl. § 6 Abs. 5
Gesellschaftsvertrag Antragstellerin zu 3). In derartigen Fällen ist die
Komplementär-GmbH grundsätzlich als Mutterunternehmen der GmbH & Co. KG
gemäß § 2 Abs. 6 WpÜG i.V.m. § 290 Abs. 2 Nr. 2 HGB anzusehen. Bis zur
Änderung des § 290 HGB durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz vom
25.05.2009, BGBl. I S. 1102 galt die beherrschende Stellung der
Komplementär-GmbH qua Gesetzesbegründung zum Tatbestandsmerkmal der
'einheitlichen Leitung' bei § 264c HGB. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift
übt die Komplementärin der Kommanditgesellschaft auch gemäß § 290 HGB n.F.
den beherrschenden Einfluss eines Mutterunternehmens aus. Zwar steht ihr
nicht das Recht zu, bei einem andern Unternehmen die Mehrheit des
Leitungsorgans zu bestimmen. Jedoch ist die Komplementärin als einzige
geschäftsführungsbefugte Gesellschafterin selbst Leitungsorgan, so dass ihr
im Rahmen der bei Personengesellschaften bestehenden Selbstorganschaft eine
mindestens gleich starke Stellung zukommt, wie demjenigen, der das
Leitungsorgan bestimmt. Bei einer derart organisierten GmbH & Co. KG
erfolgt daher grundsätzlich eine Zurechnung der Stimmrechte auf die
Komplementär-GmbH gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3, § 2 Abs. 6 WpÜG
i.V.m. § 290 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 HGB (vgl. Emittentenleitfaden der
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Stand: 22.07.2013, S.
114).
c) Bei Übertragung von 4.655.732 (ca. 48,37 %) der Aktien und Stimmrechte
der Zielgesellschaft von den Schenkern auf die Antragstellerin zu 3) wird
zugleich der Antragsteller zu 1) mittelbar die Kontrolle über die
Zielgesellschaft gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3, § 2 Abs. 6 WpÜG
i.V.m. § 290 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 HGB erlangen.
Gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3, § 2 Abs. 6 WpÜG i.V.m. § 290 Abs.
1, Abs. 2 Nr. 1 HGB werden dem Antragsteller zu 1) die Stimmrechte
ebenfalls zugerechnet, wenn er seinerseits die Mehrheit der Stimmrechte der
Antragstellerin zu 2) hält. Dies ist gemäß § 8 Abs. 4 des
Gesellschaftsvertrages der Antragstellerin zu 2) der Fall.
2. Tragender Befreiungsgrund ist § 9 Satz 1 Nr. 2 WpÜG-Angebotsverordnung
als Konkretisierung von § 37 Abs. 1 Alt. 1 WpÜG.
a) Die Antragsteller erfüllen aufgrund der tatsächlichen Umstände im
vorliegenden Fall sämtlich die Voraussetzungen des § 9 Satz 1 Nr. 2
WpÜG-Angebotsverordnung. Nach dieser Vorschrift kann derjenige von den
Verpflichtungen des § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 WpÜG befreit
werden, der die Kontrolle über eine Zielgesellschaft durch Schenkung
erlangt, sofern Schenker und Bieter nicht verwandt i.S.d. § 36 Nr. 1 WpÜG
sind.
aa) Die Antragstellerin zu 3) wird die Kontrolle über die Zielgesellschaft
durch Übertragung der Aktien aufgrund einer Schenkung erlangen. Ob eine
Zuwendung als Schenkung i.S.d. § 9 Satz 1 Nr. 2 WpÜG-Angebotsverordnung
anzusehen ist, richtet sich nach den einschlägigen zivilrechtlichen
Vorgaben, also insbesondere nach § 516 Abs. 1 BGB. Danach ist als Schenkung
diejenige Zuwendung einzuordnen, durch die jemand aus seinem Vermögen einen
anderen bereichert, sofern sich beide Parteien darüber einig sind, dass die
Zuwendung unentgeltlich erfolgt. Dies ist vorliegend der Fall. Der Vertrag,
welcher der Übertragung der Aktien von den Schenkern auf die
Antragstellerin zu 3) zugrunde liegt, ist zwar nicht als Schenkung
bezeichnet, sondern als 'Einlagenvertrag'. Diese Bezeichnung hindert jedoch
nicht die zivilrechtliche Qualifikation als Schenkung. Entscheidend ist,
dass die Übertragung der Aktien ohne Einbringung einer Gegenleistung
erfolgen soll (Klepsch, in: Steinmeyer, WpÜG, 3. Aufl. 2013, § 37 Rn. 24).
Gemäß § 2 Abs. 2 des Einlagenvertrags werden die Einlagen von den Schenkern
unentgeltlich erbracht. Auch ist in dem Einlagenvertrag keine sonstige
Gegenleistung an die Schenker ersichtlich.
Dem steht auch nicht entgegen, dass ein Teil der Schenker, der
Antragsteller zu 1), mittelbar aufgrund der Schenkung erstmals die
Kontrolle über die Zielgesellschaft erlangen wird. Dies ist nicht als
Gegenleistung zu qualifizieren, da die Kontrollerlangung keine Leistung
darstellt, welche die Antragstellerin zu 3) für die Übertragung der Aktien
ihrerseits erbringen wird. Vielmehr wird der Antragsteller zu 1) lediglich
aufgrund der zum Zeitpunkt der Übertragung bereits bestehenden
Beherrschungsverhältnisse an den Antragstellerinnen zu 2) und 3) und den
daraus sich ergebenden Stimmrechtszurechnungen (vgl. Ziffer B.II.1.b) und
c)) mittelbar die Kontrolle über die Zielgesellschaft erlangen, ohne dass
es einer weiteren Leistung bedarf.
Es besteht vorliegend auch der erforderliche Kausal- und Zeitzusammenhang
zwischen der Schenkung und der Kontrollerlangung durch die Antragstellerin
zu 3). Denn die aufgrund der Schenkung vorgenommenen Übertragungen der vier
Schenker führen unmittelbar zum Eigentum an den einzulegenden Aktien und
der damit einhergehenden Kontrollmehrheit durch die Antragstellerin zu 3).
Die Übertragungen, durch die die Antragstellerin zu 3) die Kontrolle an
der Zielgesellschaft erlangen wird, sind auch als solche zwischen Parteien,
die nicht verwandt i.S.d. § 36 Nr. 1 WpÜG sind, anzusehen. Denn der
Befreiungstatbestand des § 37 Abs. 1 Alt. 1, Abs. 2 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 1
Nr. 2 WpÜG-Angebotsverordnung ist selbst dann einschlägig, wenn zwischen
Schenker und Bieter überhaupt kein Verwandtschaftsverhältnis besteht oder -
wie im vorliegenden Fall - bestehen kann. Voraussetzung ist insoweit
(lediglich), dass die nicht nur kurzfristige Fortführung familiär geprägter
Unternehmen ungeachtet ihrer Größe oder Bedeutung beispielsweise durch
Geschwister, verdiente Mitarbeiter oder - wie vorliegend - durch der
Familie nahestehende oder zugeordnete Rechtssubjekte vorgesehen ist. Die
verfahrensgegenständliche Ausgestaltung trägt diesem Erfordernis Rechnung.
Die Antragstellerin zu 3) ist als GmbH & Co. KG mit keinem der Schenker
verwandt i.S.d. § 36 Nr. 1 WpÜG. Auch der Fortführung der familiär
geprägten Zielgesellschaft wird Rechnung getragen. Der Antragsteller zu 1)
wird aufgrund der Gesellschaftsverträge der Antragstellerinnen zu 2) und 3)
umfangreiche Sonderrechte inne haben (vgl. Ziffer A.III), die ihm die
Beherrschung der Zielgesellschaft ermöglichen. Nach Erbringung der Einlage
sollen sämtliche Anteile bis auf 0,004 % des Antragstellers zu 1) und
seiner Ehefrau, Frau Ingrid Nemetschek, an den Antragstellerinnen zu 3) und
2) auf die Söhne der beiden erstgenannten, die Herren Dr. Ralf und
Alexander Nemetschek übertragen werden. Die Zielgesellschaft soll somit
zunächst durch den Antragsteller zu 1) und anschließend durch seine Söhne
fortgeführt werden.
bb) Entsprechendes gilt auch für die Antragsteller zu 1) und 2). Auch
hinsichtlich dieser sind die Voraussetzungen des § 9 Satz 1 Nr. 2
WpÜG-Angebotsverordnung entsprechend dem oben unter Ziffer B. II.2.a)aa)
Aufgeführten erfüllt.
Dem könnte zwar entgegenstehen, dass die Antragsteller zu 1) und 2) nicht
selbst unmittelbar Beschenkte i.S.d. § 516 BGB sind. Sie halten die
Stimmrechte aus den Aktien der Zielgesellschaft nicht direkt, sondern ihnen
werden diese nur zugerechnet. Allerdings ist der Anwendungsbereich des § 9
Satz 1 Nr. 2 WpÜG-Angebotsverordnung nicht auf Personen beschränkt, die
selbst Stimmrechte unmittelbar durch Übertragung von Aktien aufgrund einer
Schenkung erhalten haben. Eine solche Wertung enthält § 9 Satz 1 Nr. 2
WpÜG-Angebotsverordnung nicht. Dies wird dadurch klargestellt, dass sich
die weitere Voraussetzung des § 9 Satz 1 Nr. 2 WpÜG-Angebotsverordnung, das
fehlende Verwandtschaftsverhältnis i.S.d. § 36 Nr. 1 WpÜG, nach dem
Wortlaut der WpÜG-Angebotsverordnung auf den Schenker und den Bieter
bezieht. Als Bieter i.S.v. § 9 Satz 1 Nr. 2 WpÜG-Angebotsverordnung i.V.m.
§ 2 Abs. 4 WpÜG sind auch die Antragsteller zu 1) und 2) zu qualifizieren.
b) Bei Abwägung der Interessen der außenstehenden Aktionäre der
Zielgesellschaft an der Durchführung eines Pflichtangebots mit dem
Interesse der Antragsteller an einer Befreiung von den Verpflichtungen aus
§ 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 WpÜG überwiegen die Interessen der
Antragsteller. Denn der Kontrollerwerb der Antragsteller infolge der
beabsichtigten Einlagenerbringung im Rahmen der familiären
Nachfolgeregelung bietet den außenstehenden Aktionären keinen
(schützenswerten) Anlass, eine außerordentliche Desinvestitionsentscheidung
zu treffen. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Einbringung
der Einlagen und die damit verbundene Erlangung der Kontrolle der auf
Kontinuität ausgerichteten langfristigen Fortführung der familiär geprägten
Unternehmensstruktur bei der Zielgesellschaft dient.
Dem könnte entgegenstehen, dass die Antragsteller erstmals eine
Kontrollposition erlangen werden, welche vorher in Bezug auf die
Zielgesellschaft bei keinem der Schenker bestand. Daher könnte erwogen
werden, ob die Befreiungsmöglichkeit gemäß § 37 Abs. 1 Alt. 1, Abs. 2 WpÜG
i.V.m. § 9 Satz 1 Nr. 2 WpÜG-Angebotsverordnung nur anwendbar ist, wenn
eine bereits bestehende Kontrollsituation übertragen wird.
Diese Erwägung könnte darauf gestützt werden, dass die in der
Gesetzesbegründung zum WpÜG angesprochene Konstellation der Nachfolge in
Familienunternehmen (Begr. RegE, BT-DruckS. 14/7034 v. 05.01.2001, S. 60,
81) in der Regel den Übergang einer Kontrollposition bedeutet.
Angesichts des vom Gesetzgeber verfolgten Zwecks der effektiven
Privilegierung der Nachfolge bei Familienunternehmen ist eine solche
Ausnahme von den Privilegierungstatbeständen jedoch nicht überzeugend. Die
Kontrollerlangung durch die Antragsteller erfolgt hier im Rahmen eines
Gesamtkonzepts zur Unternehmensnachfolge (s.o., Ziffern A.IV., A.V.,
B.II.2.a)aa)). Es kann keinen Unterschied machen, ob im Rahmen eines
solchen Konzepts eine bestehende Kontrollposition übertragen wird, der
Beschenkte aufgrund bereits vorher bestehenden Eigentums an weiteren Aktien
einer Zielgesellschaft oder - wie hier - aufgrund mehrerer Schenkungen,
welche jeweils die Voraussetzungen des § 9 Satz 1 Nr. 2
WpÜG-Angebotsverordnung erfüllen, erstmals eine Kontrollposition erlangt.
Darüber hinaus erfasst der Wortlaut von § 9 Satz 1 Nr. 2
WpÜG-Angebotsverordnung ('bei Erlangung der Kontrolle über die
Zielgesellschaft durch Schenkung') neben dem typischen Fall der Übertragung
einer bestehenden Kontrollposition auch den hiesigen Fall der erstmaligen
Erlangung einer Kontrollposition durch mehrere Übertragungen.
Für diese Wertung spricht auch, dass die Antragsteller ein vergleichbares
Ergebnis erzielen könnten, indem die einzulegenden Aktien zunächst an den
Antragsteller zu 1) im Rahmen einer Schenkung übertragen würden. Würden die
weiteren Schenker ihre Aktien nicht in die Antragstellerin zu 3) einlegen,
sondern direkt auf den Antragsteller zu 1) übertragen, wären die
Stimmrechte aus diesen Aktien gemäß § 36 Nr. 1 WpÜG nicht zu
berücksichtigen (vgl. Zur Anwendung von § 36 Nr. 1 WpÜG vor einem solchen
Hintergrund: v. Bülow, in: Hirte/v. Bülow, WpÜG-Komm, 2. Aufl. 2010, § 36
Rn. 23; Harbarth, ZIP 2002, 321, 329; Koch, ZIP 2008, 1260, 1263 f.;
Schlitt/Ries, in: MünchKomm WpÜG, 3. Aufl. 2011, § 36 Rn. 13;
Schneider/Rosengarten, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG-Komm, 2. Aufl.
2013, § 36 Rn. 4). Die stattdessen erfolgende Einlage der Aktien in die
Antragstellerin zu 3) führt zwar dazu, dass § 36 Nr. 1 WpÜG nicht anwendbar
ist. Es wäre aus Sicht der Antragsteller jedoch eine übermäßige Härte, wenn
allein die Zwischenschaltung der Antragstellerin zu 3) zur Versagung einer
Befreiungsmöglichkeit führen und eine Angebotspflicht auslösen würde.
Demgegenüber ist aus Sicht der außenstehenden Aktionäre ein erhöhtes
Interesse am Erhalt einer Desinvestitionsmöglichkeit im Fall der
Zwischenschaltung der Antragstellerin zu 3) gegenüber dem Fall der direkten
Übertragung auf den Antragsteller zu 1) nicht erkennbar.
c) Zur Absicherung des Befreiungszwecks war die Entscheidung in Ziffer 1
des Tenors mit den Nebenbestimmungen gemäß Ziffer 2 (Auflagen) des Tenors
zu versehen, deren Rechtmäßigkeit aus § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG folgt. Durch
die Auflagen wird gewährleistet, dass die verfahrensgegenständliche
Transaktion in der zum Zeitpunkt der Antragstellung und Antragsergänzung
konkretisierten Form nicht verworfen werden kann, ohne ggf. die Befolgung
der Verpflichtungen aus § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 WpÜG
auszulösen. Zugleich dienen die Auflagen der Überwachung des vorgesehenen
und diesem Bescheid zugrundeliegenden Ablaufs.
München, den
Prof. Dipl.-Ing. Georg Heinz Nemetschek
Nemetschek Verwaltungs GmbH
Nemetschek Vermögensverwaltungs GmbH & Co. KG
Ende der WpÜG-Meldung
18.02.2014 Die DGAP Distributionsservices umfassen gesetzliche
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