Chinas US-Investitionen 20.01.2019 21:45:00

Ausverkauf: Was China in den Vereinigten Staaten alles gehört

Ausverkauf: Was China in den Vereinigten Staaten alles gehört

Im vergangenen Jahrzehnt war China der "Free Lunch" der internationalen Kapitalgeber. Während für US-Dollar Kredite zwischen drei und vier Prozent bezahlt werden mussten, boten diverse Investitionen im Reich der Mitte Wachstumsraten im zweistelligen Bereich. Unter diesen Voraussetzungen verwundert es kaum, dass China bis zum Sommer 2014 US-Dollar-Währungsreserven in Höhe von vier Billionen US-Dollar anhäufen konnte.

Die chinesische Renditefantasie lockte über viele Jahre Investoren an

Diese enormen US-Dollar-Währungsreserven entstanden auf zwei zentralen Wegen: Zum einen durch den fortwährenden Handelsüberschuss mit den USA und zum anderen durch die gewaltigen Investitionszuflüsse der internationalen Kapitalgeber. Da jedoch auch die Chefs der großen chinesischen Konglomerate genau wissen, dass das chinesische Wirtschaftswachstum nicht ewig zweistellige Zuwachsraten aufweisen kann, begannen die Firmen damit, ihre erhaltenen Devisen wieder im Ausland anzulegen.

Chinas Konglomerate schlagen im Westen zu

Zwischen Januar 2005 und Juni 2018 investierte China allein in den USA somit rund 177,53 Milliarden US-Dollar in Unternehmen, Immobilien und sonstige Projekte. Federführend für diese Entwicklung sind chinesische Konglomerate wie die HNA Group, die Anbang Insurance Group, Fosun International und die Dalian Wanda Group.

Unternehmensgewinne sind sekundär

Für diese chinesischen Unternehmen sind nicht nur die Renditeerwartungen in den USA von Interesse, sondern auch der Schutz des eigenen Vermögens. Durch den langsamen Anstieg des US-Zinsniveaus gepaart mit den konjunkturellen Sorgen in China, die mit einem geringeren Wirtschaftswachstum einhergehen, versuchen die chinesischen Konzerne, ihr Kapital aus dem Land zu bringen, um nicht ausschließlich in chinesischen Renminbi investiert zu sein.

US-Dollar-Reserven schmelzen dahin

Dieser vorherrschende Trend kann auch an der Entwicklung der chinesischen US-Dollar-Währungsreserven abgelesen werden. Seitdem die US-Notenbank Fed im Sommer 2014 ihr Anleihekaufprogramm beendet hat, was de facto für geringere Zinssätze sorgte, fallen auch die US-Dollar-Währungsreserven der Chinesen in einem gravierenden Ausmaß.

Der Renminbi verliert an Attraktivität

Während sich die Währungsreserven im Sommer 2014 noch auf vier Billionen US-Dollar beliefen, waren es im Januar 2017 gerade einmal noch drei Billionen US-Dollar. Innerhalb einer Zeitspanne von nur zweieinhalb Jahren schmolzen die US-Dollar-Reserven somit um rund 25 Prozent. Dies ist auch der Grund dafür, dass der chinesische Renminbi seit Mitte 2014 massiv an Wert gegenüber dem US-Dollar einbüßen musste. Denn die internationalen Investoren tauschen ihre verdienten Renminbi bei der chinesischen Zentralbank wieder zurück in US-Dollar, wodurch nicht nur der Renminbi an Wert verliert, sondern sich auch die US-Dollar-Reserven verringern.

Kapitalflucht durch Unternehmenskäufe

Da die Regierung in Peking diesem Prozess nicht tatenlos zusehen möchte, wurden in den vergangenen Jahren immer strengere Kapitalverkehrskontrollen eingeführt, welche es den Unternehmen erschweren, Kapital aus dem Land zu bringen. Um diese massive Einschränkung zu umgehen, haben die chinesischen Unternehmen damit begonnen, in verschiedene ausländische Firmen, vorwiegend in den USA, zu investieren.

Die scheinbar planlosen Beteiligungen der HNA Group

Ein Paradebeispiel für derartige Tätigkeiten liefert die chinesische HNA Group, welche im Jahr 2017 in der Liste der größten Konzerne der Welt den 170. Platz belegte. Die chinesische Unternehmensgruppe, welche eigentlich aus der Luftverkehrs- und Tourismusbranche kommt, machte in den zurückliegenden Jahren durch zahlreiche scheinbar zusammenhangslose Auslandsbeteiligungen und Übernahmen Schlagzeilen.

Ein schlechter Deal mit der Deutschen Bank

Seit Mai 2017 ist die HNA Group mit einem Anteil von knapp zehn Prozent der größte Aktionär der Deutschen Bank. Im Februar 2018 wurde diese Beteiligung des Konglomerats jedoch auf 8,8 Prozent abgesenkt. In dieser Zeitspanne haben die Anteilsscheine des größten deutschen Kreditinstituts schon rund ein Viertel ihres Wertes verloren. In der Zwischenzeit ist die HNA Group auch mit 25 Prozent an der US-amerikanischen Hotelkette Hilton Worldwide beteiligt. Mit einem Portfolio von knapp 5.000 Hotels in 104 Ländern und weiteren 700 in Planung, gilt die Hotelkette als eine der schnellst wachsenden der Welt.

HNA beteiligt sich an Scaramucci-Firma

Neben der Deutschen Bank und Hilton Worldwide investierte die HNA Group auch in den größten Schweizer Rohstoffkonzern Glencore und am 17. Januar 2017 erfolgte die Mehrheitsübernahme der Investmentgesellschaft, Skybridge Capital, des US-amerikanischen Hedgefonds-Mangers Anthony Scaramucci, welcher neben seinen Jobs auch volle zehn Tage als Kommunikationsdirektor des Weißen Hauses unter Donald Trump arbeitete.

Kreditwürdigkeit von HNA auf Ramschniveau

Aufgrund der undurchsichtigen Unternehmensstruktur des HNA Konzerns und der Unklarheit über den tatsächlichen Verschuldungsgrad haben die größten US-amerikanischen Banken wie die Bank of America oder die Citigroup die Zusammenarbeit mit dem chinesischen Konglomerat abgebrochen. Des Weiteren hat die Ratingagentur S&P die Bonität des Konzerns auf CCC+ abgesenkt.

Chinesen kaufen Hotel um Hotel

Ein ähnliches Vorgehen, wie bei der HNA Group, ist auch bei der chinesischen Versicherungsgruppe Anbang festzustellen. Im Jahr 2014 kaufte das Konglomerat für knapp zwei Milliarden US-Dollar das Waldorf Astoria New York. Im März 2016 erwarb der Versicherungskonzern für zusätzliche 6,5 Milliarden US-Dollar 16 weitere Luxushotels. Hierzu zählen das Hotel del Coronado in der Nähe von San Diego, das Westin St. Francis in San Francisco, sowie mehrere Four Seasons Hotels.

Kein Deal mit Jared Kushner

Im Jahr 2017 verhandelte der Konzern sogar mit dem Schwiegersohn des US-Präsidenten Donald Trump über eine Investition in den 666 5th Avenue Büroturm in Manhattan, welcher im Besitzt der Familie Kushner ist.

Chinesischer Multikonzern mit New Yorker Top-Immobilie

Mit Fosun International hat China ein weiteres Konglomerat, welches in den unterschiedlichsten Branchen agiert. Neben zahlreichen Beteiligungen an internationalen Versicherungen und Industriebetrieben ist der Konzern mit rund fünf Prozent an Thomas Cook und knapp 30 Prozent an Tom Tailor beteiligt. In New York City ist der Konzern zudem Eigentümer des 60 Stockwerke hohen 28 Liberty Street Wolkenkratzers im südlichen Manhattan.

Universalinvestor Wang Jianlin

Auch der Konzern von Wang Jianlin, einem der wohl reichsten Chinesen der Welt, die Wanda Group, ist in den unterschiedlichsten Geschäftsfeldern tätig. Zu dem Konglomerat gehören Beteiligungen im Bereich Unterhaltung, Luxushotels, Immobilen, Finanzen und Tourismus.

Ganz großes Kino!

Das Unternehmen ist nach eigenen Angaben Chinas größter Kinobetreiber. Zum Konzern gehören neben 1.657 Kinosälen auch die US-amerikanische Kinokette AMC Entertainment, welche mit 8.400 Kinoleinwänden in den USA die größte Lichtspielkette der Vereinigten Staaten ist. Neben unzähligen Luxushotels erwarb der Konzern im Jahr 2016 für 3,5 Milliarden auch die Mehrheit an der US-amerikanischen Filmproduktionsgesellschaft Legendary Entertainment. Experten schätzen, dass die Wanda Group mit ihrem gegenwertigen Lichtspielhäuser-Portfolio rund 20 Prozent des weltweiten Kinomarktes abdeckt.

Haier greift nach US-Kultunternehmen

Mit der größten Auslandsübernahme im Bereich Elektrogeräte sorgte auch die chinesische Firma Qingdao Haier im Jahr 2016 für viel Aufsehen. Denn der chinesische Industriekonzern übernahm die unabhängige Haushaltsgerätesparte von General Electric für 5,4 Milliarden US-Dollar. Der sogenannten Haier Group gelang innerhalb von 20 Jahren der Aufstieg von einem einfachen Kühlschrankhersteller zum multinationalen Konglomerat. Schon vor der Übernahme der Haushaltssparte von GE belegte der Konzern, mit einem Marktanteil von knapp 10 Prozent, den weltweit ersten Platz beim Absatz von sogenannter "weißer Ware".

Auch Fleisch steht auf der Einkaufsliste der Chinesen

Neben unzähligen Luxushotels, Kinos und Haushaltsgeräten verloren die Amerikaner auch einen ihrer wichtigsten Bacon-Produzenten an die Chinesen. Im Jahr 2013 übernahm die chinesische WH Group für 7,3 Milliarden US-Dollar den US-amerikanischen Smithfield Foods Konzern, welcher als der größte Schweinefleischproduzent der USA gilt. Der chinesische WH Konzern ist aufgrund dieser Übernahme nun zum größten Schweinefleischproduzent der Welt aufgestiegen.

Tencent etabliert sich in der Gaming-Sparte

Das legendäre Videospiel "League of Legends", welches hauptsächlich von dem US-amerikanischen Videospieleproduzent Riot Games entwickelt wurde, weckte schon im Jahr 2011 das Interesse des chinesischen Internet-Konzerns Tencent. So kaufte sich das chinesische Unternehmen, welches vor allem die Geschäftsfelder im Bereich Soziale Netzwerke, Onlinemedien und Sofortnachrichtendienste abdeckt, für 400 Millionen US-Dollar einen Mehrheitsanteil am US-Videospielproduzenten. Im Jahr 2015 übernahm Tencent dann sogar das komplette Geschäft von Riot Games. Neben den gesamten Anteilen von Riot Games hält Tencent inzwischen auch eine Beteiligung am Computer- und Videospiel-Konzern Activision Blizzard aus Santa Monica.

Westliches Know-how ist Gold wert

Das hinter einer Vielzahl dieser Übernahmen auch das Interesse der chinesischen Regierung steht, bleibt außer Frage. Für die chinesische Staatsmacht ist das Know-how der ausländischen Konzerne von sehr großem Interesse. Dies wird auch am Beispiel des chinesischen Computer- und Smartphone-Herstellers Lenovo klar. Der Konzern, welcher in 2014 den Hersteller des amerikanischen Kult-Klapphandys Motorola Mobility für 2,9 Milliarden US-Dollar von Alphabet übernommen hat, ist mit 34 Prozent der Anteile in der Hand der Legend Holding, welche wiederum zu 65 Prozent zur staatlichen Chinesischen Akademie der Wissenschaft gehört.

Chinas endlose Shopping-Tour

Laut Experten dürften die Auslandsaktivitäten von HNA, Anbang, Fosun, Tencent, Haier und Wanda jedoch nur die Spitze des Eisberges der chinesischen Auslandsinvestitionsbemühungen darstellen. Gegenwertig häufen sich die Meldungen, dass auch kleinere chinesische Unternehmen ihr Geld in ausländische Beteiligungen oder Übernahmen investieren möchten. In den kommenden Jahren dürfte die hohe Nachfrage aus China, nach dem Know-how aus dem Westen, also weiter anhalten.

Pierre Bonnet / finanzen.at

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Bildquelle: Roman Sigaev / Shutterstock.com,ChameleonsEye / Shutterstock.com

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