Eurokurs (EUR-USD)
• Rezessionswahrscheinlichkeit bei 75 Prozent
• Investments außerhalb der USA und Anleihen empfohlen
Jeffrey Gundlach, Gründer von DoubleLine Capital und ausgewiesener Anleihenexperte, hat in einer Telefonkonferenz mit Investoren einen Marktausblick für 2024 gegeben. Seine diesjährige "Just Markets"-Prognose für die globalen Märkte und Volkswirtschaften für 2024 stand unter dem Motto "Too Much to Say" und beinhaltet Prognosen für das laufende Jahr.
Hohe Rezessionswahrscheinlichkeit
Während immer mehr Beobachter und Marktexperten davon ausgehen, dass die Rezessionsgefahr für die US-Wirtschaft gebannt ist, schlägt Gundlach in seinem Webcast andere Töne an. Die Rezessionsindikatoren seien rau, so der Anleihenexperte. Seiner Einschätzung nach liegt die Gefahr für eine Rezession bei 75 Prozent.
Dabei verweist Gundlach unter anderem auf die Zinsstrukturkurve, die seit den 1970-er Jahren nicht mehr über einen derart langen Zeitraum invertiert gewesen sei. Konkret wiesen langfristige Schuldtitel seit 79 Wochen niedrigere Renditen auf als kurzfristige Schuldtitel. Das "erhöhe rechnerisch die Wahrscheinlichkeit einer Rezession", so Gundlach in seiner Analyse. Hinzu komme, dass es schon lange genug zu einer De-Inversion komme, die Kurve also weniger steil ausfalle, was die Wahrscheinlichkeit für 2024 hoch werden lasse.
Dass es bislang trotz der Tatsache, dass die wichtigen Wirtschaftsindikatoren seit mehr als einem Jahr niedrig seien, nicht zu einer Rezession gekommen sei, die es "normalerweise" bereits hätte geben müssen, begründet der Marktexperte mit der Produktionsabhängigkeit sowie der Tatsache, dass die Wirtschaft durch Dienstleistungen gestützt werde.
Auch eine Abschwächung des Arbeitsmarktes begünstige seine Prognose, auch wenn der Arbeitsmarkt "der letzte ist, der verschwindet". In der ersten Jahreshälfte werde die Arbeitslosigkeit ihren gleitenden 36-Monats-Durchschnitt überschreiten, so seine weitere Einschätzung. Aktuell stehe diese kurz davor, ihren gleitenden 12-Monats-Durchschnitt zu überschreiten, was Gundlach als Rezessionssignal sieht, da die Zahl der Arbeitslosen historisch gesehen rund sechs Monate vor einer Rezession steige. Sobald es zu Entlassungen käme, so Gundlach, breite sich die Stimmung unter den Unternehmen aus und gebe ihnen "Schutz", um ihren Personalbestand ebenfalls zu reduzieren.
Fed wird die Zinsen senken
Eine weitere Prognose von Jeffrey Gundlach für 2024 deckt sich mit den Vorhersagen führender anderer Wirtschaftsexperten. Der CEO von DoubleLine Capital geht davon aus, dass die US-Notenbank Federal Reserve die Leitzinsen in diesem Jahr wieder senken wird.
Dass die Fed zuletzt bereits eine Zinspause einlegt hat, sei der Tatsache zu verdanken, dass die Währungshüter erkannt hätten, dass "die Zinssätze für die Regierung unerschwinglich waren". Eine Rezession würde größere fiskalische Anreize erfordern, die durch Kreditaufnahmen finanziert werden müssten. Die Zinsaufwendungen machten aber bereits jetzt 15 Prozent der Steuereinnahmen aus, so Gundlach weiter.
Der Experte sieht hier beim Thema Haushaltsdefizit enorme Risiken. "Wenn es zu einer Rezession kommt, was dieses Jahr wahrscheinlich ist, wird es ein explodierendes Problem mit dieser Verschuldung geben", sagte Gundlach. "Es wird außergewöhnliche Maßnahmen wie die quantitative Lockerung (engl. Quantative Easing, abgekürzt als QE) nach sich ziehen." Dies sei "nicht das Problem unserer Enkel oder unserer Kinder", so Gundlach weiter. Es sei stattdessen "unser Problem. Wir werden viel früher pleite gehen".
US-Aktien vor Underperformance
Verglichen mit den Emerging Markets rechnet Gundlach für den US-Aktienmarkt zudem mit einer Underperformance, insbesondere mit Blick auf eine drohende Rezession und niedrigere Inflation.
Die US-Märkte, speziell der S&P 500, erscheinen ihm teuer. Daher glaubt der Experte, dass das Gewinnwachstum des S&P 500 hinter den Konsenserwartungen von 11 Prozent für 2024 zurückbleiben werde. Dabei verweist er auch darauf, dass Wachstumsaktien Value-Titel nicht mehr übertreffen würden, die "Magnificent Seven"-Aktien haben sich seit Juli relativ zum S&P 500 "seitwärts entwickelt" und die US-Aktienkurse haben sich seit zwei Jahren nicht mehr besser entwickelt als die im Rest der Welt.
Vor diesem Hintergrund rät er Anlegern bei US-Investments zu Value-Titeln und einer Abkehr von Wachstumsaktien wie den "Magnificent Seven". Darüber hinaus präferiert er Aktientitel außerhalb der USA, auch weil der US-Dollar als Reaktion auf die anstehende Rezession fallen werde. "Wenn der US-Dollar sinkt, wenn die nächste Rezession eintritt, was ich erwarte, ist meiner Meinung nach der richtige Schritt, Aktien und Währungen der Schwellenländer zu kaufen und Rohstoffe zu kaufen."
Anleihenportfolio aktiv managen
Anleihen seien für diejenigen Marktteilnehmer wertvoll, die ein solches Portfolio aktiv managen würden. Unter den erstklassigen Teilen des Anleihenmarkts hebt er die mit "AAA" bewerteten mit Wohnimmobilien besicherten Wertpapiere hervor. Obwohl die Regierung und staatlich geförderte Agenturen dies nicht garantieren, gefallen ihm die "ziemlich attraktiven" Renditen vor dem Hintergrund eines "völlig nicht vorhandenen" Ausfallrisikos "angesichts des Anstiegs der Immobilienpreise in den letzten Jahren". Die meisten Menschen verfügten über ein enormes Eigenkapital in ihren Häusern und würden daher nicht in Zahlungsverzug geraten, so seine Einschätzung.
Gundlachs Prognoseerfolg 2023 überschaubar
Blickt man auf das abgelaufene Jahr 2023 zurück, war die Erfolgsquote des Anleihenexperten mit Blick auf seine Erwartungen an das Gesamtjahr aber durchaus überschaubar. In seinem "Just Markets"-Webinar zu Beginn des Jahres 2023 erwartete er unter anderem eine US-Rezession, riet zu einer Bevorzugung von Anleihen vor Aktien und zu Investments außerhalb der USA.
Die Website "Advisor Perspectives" hat den Erfolg der Gundlach-Erwartungen für das Jahr 2023 genau unter die Lupe genommen und kommt zu dem Schluss, dass von zehn Vorhersagen nur zwei im letzten Jahr eingetroffen sind. Wie erfolgreich die Prognosen von Gundlach für 2024 sein werden, wird sich erst zum Jahresende zeigen.
Redaktion finanzen.at
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