24.03.2013 23:58:00

Zypern - Ex-Kanzler Schüssel: Sparer-Beitrag "sinnvoll"

Die EU sei gegenüber Zypern in den fieberhaften Rettungsversuchen "nicht besonders hart. Sie leistet den größten Beitrag im Verhältnis zur Größe." Das sagte der frühere Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) Sonntagnacht in der ORF-Sendung "Im Zentrum" zur Zypern-Rettung. Der IWF fordert laut Schüssel, dass Zypern bis 2020 die Schulden nicht über 100 Prozent treibt. Das Land könne auch "nicht systemrelevant" sein, ein Sparer-Beitrag sei "sinnvoll". Der Ökonom Paul Schulmeister kritisierte das Abschöpfen von Sparguthaben allerdings massiv.

"Keine Maßnahme ist bisher so erfolgt, die Sparer zu belangen", sagte Schulmeister. "Das schadet dem Euro in unglaublicher Weise. Die Führer der EU haben die Orientierung verloren." Es sei auch "ganz falsch, dass man Zypern einfach so pleitegehen lassen könnte". Im übrigen hätte man "ein geteiltes Zypern nie in die EU aufnehmen dürfen".

Schüssel meinte, es wäre "lächerlich, schaffte die EU die jetzige Situation nicht. China schafft volkswirtschaftlich gesehen wöchentlich ein Zypern." Ein "fairer Beitrag" der zypriotischen Sparer sei "sinnvoll". Außerdem werde das Land unter anderem die Körperschaftssteuer von 10 auf 12,5 Prozent erhöhen, die Notenbank werde ihren Goldschatz verkaufen, ein Budgetkonsolidierungspfad werde eingeschlagen und die Geldwäsche ernstgenommen.

Bankeinlagen seien prinzipiell "nur so stark wie der Staat, der dahintersteht", merkte Schüssel an. "In Österreich, Deutschland, Finnland" sei natürlich alles sicher.

Die Journalistin Christiane Sternberg erinnerte, Zypern habe nicht nur einen aufgeblähten Bankensektor, sondern auch Beamtenapparat. "Jeder dritte Haushalt verfügt über einen Beamten. Und der hat ausgesorgt, ist abgesichert", sagte die auf Zypern Lebende. Der Staat habe "unglaubliche Ausgaben".

Leopold Maurer, Chefverhandler beim Zypern-EU-Beitritt 2004, sagte, große Schuld an der Situation habe der Vorgänger des aktuellen zypriotischen Präsidenten, der "die Troika dumm sterben hat lassen". Wirtschaftliche Probleme bringe auch der nicht mögliche Handel mit dem nächsten Nachbarn Türkei. "Der Bankensektor ist so groß, weil Zypern in der Libanonkrise als sicherer Hafen gesucht wurde", erklärte er die Ursprünge des inzwischen für 70 Prozent des Bruttoinlandsprodukts verantwortlichen Bankensektors.

Joachim Starbatty, deutscher Ökonom und Eurokritiker, meinte, der Griechenland-Schuldenschnitt habe Zypern schon mitgerissen. Wenn es so weitergehe "ist irgendwann Deutschland dran". Sollte Zypern fallen gelassen werden, sei das in erster Linie ein zypriotisches Problem. "Aber die werden schon bleiben wollen, das gibt Sicherheit", so Starbatty.

Schüssel erwähnte wiederholt eine mögliche Weichenstellung, einen geopolitischen "Big Deal", den man fassen könne - über die aktuelle Krise hinaus. Zypern als "Testfall", als "Sonderfall in der Region". Man könne "das Ganze" - also die erhoffte Krisenlösung - um einen großen Ansatz erweitern. Den "alten Annan-Plan" unter anderem zur Wiedervereinigung der Insel wiederbeleben, "etwas modifizieren". Es gehe um die Gasfunde in der Region, türkische, russische Interessen, das Krisengebiet Syrien, eine Beteiligung der Israelis und Palästinenser. Dem ehemaligen Regierungschef schwebt ein "Big Deal" bei, bei dem "am Ende die Türkei und Griechenland noch ihre Militärausgaben senken können".

(Schluss) phs/rf

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