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09.02.2017 23:13:56

Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Volkswagen

Bielefeld (ots) - Auch wenn der Konzern »Volkswagen« heißt: Den Kontakt zum Volk scheint man in Wolfsburg zwischendurch verloren zu haben. Dabei könnten Vorstand und Aufsichtsrat einiges lernen, hätten sie ihr Ohr nur etwas näher am Volk. Dort würden sie erfahren, dass man in der Not sparen und zusammenstehen muss. Mehr als zwölf Millionen Euro Abfindung nach nur 13 Monaten Vorstandstätigkeit für die Managerin Christine Hohmann-Dennhardt sind ein falsches Signal - zumal wenn gleichzeitig neue Arbeitsplätze, die im »Zukunftspakt« zugesagt wurden, ausbleiben. Kein Wunder, dass der Betriebsrat verärgert ist.

Dass er aber öffentlich Vorstand und Aufsichtsrat ein Ultimatum stellt, beweist: Im Staate Wolfsburg ist noch mehr faul als im Zuge des Abgasskandals schon bekannt geworden ist. Das eigentliche Ziel des Betriebsrats ist die Abberufung von Markenvorstand Herbert Diess. Man habe kein Vertrauen mehr in ihn, heißt es.

Solche personellen, von Männerbünden geprägten Querelen kommen auch in anderen Konzernen vor. In Wolfsburg hat der Betriebsrat sogar aufgrund seiner starken Stellung gewisse Chancen, Diess loszuwerden
sofern er die Vertreter des Landes Niedersachsen als Miteigentümer auf seine Seite ziehen kann. Doch Einfluss bedeutet auch Verantwortung. Solche Diskussionen werden zunächst hinter und nicht vor dem Werkstor geführt.

Noch schwerhöriger, was den Ratschlag des Volkes betrifft, scheint Ferdinand Piëch zu sein. Der 79-jährige Großaktionär und Ex-Konzernchef sieht ausgerechnet in der Abgassaffäre die Chance, seine Fehde mit dem langjährigen Vorstandsvorsitzenden Martin Winterkorn wieder aufleben zu lassen. Selbst ohne den Hinweis, er habe sie vom israelischen Inlandsgemeindienst, besitzt seine Information Sprengkraft: Vorstand und Aufsichtsrat hätten Anfang März und nicht erst im September 2015 von den Manipulationen am Abgassystem erfahren. Trifft dies zu, wurden die Aktionäre durch die späte Veröffentlichung geschädigt und haben Anspruch auf Schadensersatz.

Piëchs Intervention zielt zwar in erster Linie gegen Winterkorn, bringt aber sozusagen als Kollateralschaden auch einen führenden Sozialdemokraten in Probleme: Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil wusste Piëch zufolge als Mitglied des VW-Aufsichtsrats ebenfalls früh von den Manipulationen. Er hätte Alarm schlagen müssen
nicht nur im Interesse des Autoherstellers, sondern auch in der Verpflichtung für den Aufsicht führenden Staat und in Verantwortung gegenüber den Dieselauto fahrenden Kunden. Letztere sind ohnehin veärgert, da sie vom Konzern im Vergleich zu den USA als Kunden zweiter Klasse behandelt werden. Es scheint, als sei außer in Wolfsburg auch im Staate Niedersachsen manches sehr faul.

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Pressekontakt: Westfalen-Blatt Chef vom Dienst Nachrichten Andreas Kolesch Telefon: 0521 - 585261

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