23.12.2012 12:58:00

Weihnachtsgeschäft - Enormer Druck für Paketfahrer und Lagerarbeiter

Millionen an Weihnachtspaketen werden in der Adventzeit in Österreich verschickt. Der Boom des Online-Shoppings mit Amazon, Otto, Ebay und Co. hat die Paketmengen hierzulande stark ansteigen lassen. Damit die bestellten Weihnachtsgeschenke rechtzeitig unter dem Christbaum landen, müssen Paketzusteller und Lagerarbeiter unter enormen Druck zusätzliche Extraschichten schieben. Das weltweit größte Onlinekaufhaus Amazon stellte allein für das heurige Weihnachtsgeschäft in Deutschland temporär 10.000 zusätzliche Lagerarbeiter an. Die Beschäftigten müssen dort pro Tag 20 Kilometer und mehr zu Fuß zurücklegen.

Bei der Österreichischen Post verdoppelt sich das tägliche Paketvolumen nach eigenen Angaben in der Weihnachtszeit auf 400.000 Stück. Damit werden voraussichtlich in der Weihnachtszeit rund 8 Millionen Pakete ausgeliefert. Auf einer "Weihnachtstour" muss ein Paketausfahrer rund 200 Pakete zustellen, anstatt normalerweise rund 100 bis 120 Stück. Mehr Mitarbeiter stellt die Österreichische Post deswegen nicht an, weil die Einschulungszeit zu lange dauern würde. Um rechtzeitig vor Weihnachten auszuliefern, hat die Post in der Adventzeit auch Pakete am Wochenende in Wien und Graz zugestellt.

Beim Post-Mitbewerber GLS steigen die Paketmengen im November und vor den Feiertagen um bis zu 40 Prozent an, hieß es auf APA-Anfrage. Der deutsche Aufdeckungsjournalist Günter Walraff hatte im Mai die Arbeitsbedingungen bei GLS mit "moderner Sklaverei" verglichen: "Ich habe dort an verschiedenen Standorten mitgearbeitet und recherchiert - und habe Arbeitsbedingungen festgestellt, die körperlich, nervlich und finanziell ruinieren", betonte der Journalist. "Es konnten oft keine Pausen gemacht werden, nachts waren nur vier oder fünf Stunden Schlaf drin. Das Unfallrisiko ist enorm." GLS hatte damals den Beitrag als "einseitige und verkürzte Berichterstattung" zurückgewiesen. "GLS setzt für die Paketabholung und -zustellung selbstständige Transportunternehmer ein, die Fahrer beschäftigen. Das ist ein branchenübliches Vorgehen. GLS Austria schließt dabei Sub-Sub-Verhältnisse explizit vertraglich aus", erklärte das Unternehmen gegenüber der APA. In Österreich gelte der Kollektivvertrag Spedition.

Bisher macht ein Fahrer bei GLS bis zu 80 Stopps am Tag und kämpft mit der Anonymität der Städte: "In Wien nimmt mancher Nachbar aus Prinzip kein Paket an", sagte ein GLS-Manager der deutschen Zeitung "Die Welt". "Wir brauchen Lösungen für die Innenstädte, sonst ersticken wir an den Transporten", betonte ein hochrangiger Post-Manager gegenüber der Zeitung.

Laut der vom ÖGB herausgegebenen Studie "Prekäre Arbeitsbedingungen bei den Paketdiensten" erstellt im Februar 2012 von Bettina Haidinger (Forschungs- und Beratungsstelle Arbeitswelt Wien) mit Högelsberger "schreitet die Prekarisierung der Arbeitswelt in der Paketzustellung auch in Österreich weiter fort". So erfolge bei Paketzustellern wie GLS, aber auch DPD oder UPS die gesamte Paketauslieferung in Österreich durch Subunternehmen. Bezahlt werde nach dem Kollektivvertrag für das Kleintransportgewerbe -"jedoch werden häufig die kollektivvertraglichen Regelungen nicht eingehalten", heißt es in der Untersuchung. Oft würden Beschäftigte und selber fahrende Paketzusteller kein festes Einkommen beziehen, sondern nur nach zugestellten Paketsendungen bezahlt. "Somit sind sie zu extrem langen Arbeitszeiten gezwungen, um ihre Kosten decken zu können. Die Fahrer sind Auftragnehmer der Subunternehmer, manchmal sogar der Sub-Subunternehmer." Die Gewerkschaft vida rechnet damit, dass ein Drittel bis zu der Hälfte der 30.000 in der Paketbranche in Österreich tätigen Leute von prekären Arbeitsbedingungen betroffen sind.

Bei Amazon und anderen Lagerhäusern von Onlinehändlern gibt die Technik gibt den Takt vor. Eine Software weist den "Pickern", jenen Lagerarbeiter die Waren aus den Regalen picken, den Weg durch die Hallen. Bei Amazon in Deutschland misst jede Halle in etwa 17 Fußballfelder. "Auf den Handscannern der Picker wurde jüngst ein Countdown installiert, der im Sekundentakt herunterzählt, wie viel Zeit sie von einem Pick zum nächsten brauchen", berichtet die deutsche Wochenzeitung "Die Zeit" über die Arbeitsbedingungen bei Amazon. Wenn jemand nicht schnell genug arbeite, werde er zum Gespräch gebeten. Wer dann nicht deutlich schneller arbeite, dem drohe ein Abmahnung. In den USA mussten Amazon-Mitarbeiter bis zu 500 Stück pro Stunde "picken", berichtete die USA-Zeitung "The Morning Call" im vergangenen Jahr in ihrer investigativen Reportage "Inside Amazon's Warehouse".

Neben den "Pickern" gibt es die "Packer", die mit monotonen Bewegungen die Waren versandfertig machen. "Die Arbeitsschritte sind standardisiert und auf Effizienz getrimmt. Wer dem Druck nicht standhält, muss damit rechnen, schneller draußen zu sein, als er reingekommen ist", schreibt die "Zeit". Auch in anderen Warenhäusern von Online-Händlern müssen die Lagerarbeiter unter enormen Zeitdruck arbeiten.

In Österreich betreibt Amazon keine eigenen Lagerhäuser, alle auf amazon.at bestellten Waren werden aus Deutschland oder aus anderen Ländern zugestellt. Bei amazon.de wurden im vergangenen Jahr am Spitzentag, dem 18. Dezember, über 2,8 Millionen Artikel bestellt. Für heuer liegen noch keine Zahlen vor, sie dürften aber voraussichtlich wieder deutlich höher ausgefallen sein.

(Schluss) cri/stf

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