20.06.2014 12:09:31

UPDATE2: Siemens und Mitsubishi Heavy bessern Alstom-Angebot nach

   --Siemens hat auf Anregung der Alstom-Aktionäre und des Board nachgebessert

   --Siemens-Chef Joe Kaeser: "Wir haben ein wirklich gutes Angebot."

   --Frankreichs Präsident trifft Konzernchefs am Nachmittag zu Gesprächen

   (NEU: Aussagen aus der Telefonkonferenz)

   Von Britta Becks

   Siemens will sich im Wettrennen um Alstom nicht vom US-Rivalen General Electric abhängen lassen. Entsprechend zog der Münchener Technologiekonzern am Freitag nach und verbesserte mit Partner Mitsubishi Heavy Industries wie GE am Vortag sein Angebot für Alstom. Siemens-Chef Joe Kaeser ist überzeugt, die bessere Offerte vorgelegt zu haben. Sein größter Trumpf: Sollten Siemens und die Japaner bei Alstom zum Zuge kommen, würde der französischen Industriekonzern nicht zerschlagen, sondern in seiner derzeitigen Struktur weitestgehend erhalten bleiben.

   Siemens und Mitsubishi Heavy Industries vereinfachten die Struktur ihrer Offerte und stockten den Baranteil auf. Mitsubishi Heavy will nun einen Anteil von 40 Prozent am kombinierten Dampf-, Energienetz- und Wasserkraftgeschäft von Alstom erwerben. Mitsubishi Heavy würde sich dies 3,9 Milliarden Euro und damit 800 Millionen mehr kosten lassen als zuvor. Ursprünglich hatten die Japaner einen Einstieg bei Alstom über drei Gemeinschaftsunternehmen vorgesehen.

   Laut Kaeser hatte Siemens die Rückmeldung erhalten, dass das vorherige Angebot zwar partnerschaftlich, aber zu komplex gewesen sei. Von daher hätten sich Siemens und Mitsubishi Heavy um eine Harmonisierung des gemeinsamen Angebots bemüht. Auch bei der Barkomponente besserten die beiden Partner nach: Insgesamt wurde der Baranteil um 1,2 Milliarden auf 8,2 Milliarden Euro aufgestockt. Für das Gasturbinengeschäft von Alstom, auf das Siemens ein Auge geworfen hat, wollen die Münchener nun 400 Millionen Euro mehr auf den Tisch legen. Zuvor war das begehrte Gasturbinengeschäft dem DAX-Konzern 3,9 Milliarden Euro wert gewesen.

   Zuvor hatte GE bereits nachgebessert. Die Amerikaner wollen den Deal ebenfalls anders strukturieren, um den Bedenken aus Paris Rechnung zu tragen. Zentraler Vorschlag des US-Konzerns ist die Gründung von drei Gemeinschaftsunternehmen, an denen die Franzosen und die Amerikaner je zur Hälfte beteiligt sind. Zudem bot GE an, seine Aktivitäten bei der Bahn-Signaltechnik an Alstom zu verkaufen und das französische Unternehmen auf diese Weise zu stärken.

   Mit dem Verkauf des Signaltechnik-Geschäfts kommen die Amerikaner der französischen Regierung entgegen. Präsident Francois Hollande hatte gefordert, dass der US-Mischkonzern dazu beiträgt, das Bahngeschäft von Alstom zu stärken. Sonderrechte für die französische Regierung beim Atomkraft-Joint-Venture sind ein weiteres Zugeständnis, da Frankreich den Bereich als strategisch wichtig einstuft.

   Siemens-Chef Kaeser sieht sich durch das Vorgehen von GE in seiner eigenen Strategie bestätigt. Der Wettbewerber sei nun ebenfalls auf Partnerschaften umgeschwenkt. Allerdings hat das Angebot der Amerikaner in den Augen von Kaeser den Nachteil, dass es einen großen Einschnitt in die Konzernstruktur von Alstom darstellt und große Teile der Gemeinschaftsunternehmen durch die Höhe der Beteiligung der Amerikaner künftig bei GE konsolidiert würden. Dem müsste daher auch die Alstom-Hauptversammlung zustimmen.

   Siemens und Mitsubishi Heavy hingegen wollen Alstom in seiner jetzigen Form in allen Geschäftsfeldern mit Ausnahme des Gasturbinengeschäfts erhalten. Da der japanische Partner sich nur mit 40 Prozent am Dampf-, Energienetz- und Wasserkraftgeschäft der Franzosen beteiligen wolle, würde dieses Geschäft weiterhin bei Alstom konsolidiert. Beim Angebot des deutsch-japanischen Duos würde die alte Alstom also erhalten bleiben und zudem noch 8 Milliarden Euro in bar bekommen, resümierte Kaeser.

   Siemens und Mitsubishi Heavy hatten ihren Hut am Montag erstmals offiziell in den Ring geworfen. Die Japaner hatten in diesem Zusammenhang angeboten, von dem französischen Industriekonglomerat Bouygues einen bis zu zehnprozentigen Anteil an Alstom zu erwerben. Allerdings schlossen die Franzosen den Verkauf ihrer Alstom-Aktien umgehend aus. Das Angebot von Mitsubishi Heavy, sich an der Obergesellschaft zu beteiligen, steht nach Aussage Kaesers immer noch als Angebot im Raum. Dies sei jedoch nicht Bestandteil der vorgeschlagenen Transaktion. Vielmehr handele es sich dabei lediglich um eine Art Entgegenkommen.

   Wie es mit den beiden Angeboten nun weitergeht, wird sich bis spätestens Montag zeigen. Alstom kündigte umgehend ein Treffen des Verwaltungsrates an, um endgültig über die beiden konkurrierenden Offerten zu entscheiden. Zunächst einmal hat jedoch der Elysee-Palast die drei Konzernchefs für Freitagnachmittag zu einem Gespräch mit Frankreichs Präsident Francois Hollande geladen. Da der Mitsubishi-Heavy-Chef nicht in Paris weilt, wird Kaeser ihn nach eigenen Angaben beim französischen Präsidenten vertreten.

   Sollten Siemens und Mitsubishi Heavy bei Alstom zum Zuge kommen, würden die Münchener nach Abschluss der Übernahme der Gasturbinensparte mit den Franzosen über die Zukunft des Transportgeschäfts sprechen. Kaeser erklärte, Siemens habe diesen Aspekt bislang bewusst außen vor gelassen, weil das Angebot andernfalls zu komplex geworden wäre. Von dieser Einstellung sei Siemens auch nicht abgewichen, sondern habe Alstom heute lediglich angeboten, für den Teilbereich Signaltechnik, falls gewünscht, bereits mit Verhandlungen zu beginnen.

   Dieser Bereich würde laut Kaeser ohne Vorbelastungen beispielsweise durch Restrukturierungsprobleme in die Verhandlungen gehen können. Außerdem sieht er für die Signaltechnik keine kartellrechtlichen Probleme, sollten Siemens und Alstom dort tatsächlich zusammenarbeiten wollen. Siemens ist in der Signaltechnik Weltmarktführer und würde bei einer Partnerschaft mit den Franzosen in diesem Bereich laut Kaeser entsprechend die unternehmerische Führung behalten wollen.

   Mit Blick auf das übrige Mobilitätsgeschäft zeigte sich Kaeser überzeugt, dass es Siemens und Alstom gelingen kann, die Stärken beider Unternehmen derart zu nutzen, dass daraus ein europäischer Champion im Bahngeschäft hervorgeht. Ob es jemals dazu kommt, wird sich bald zeigen. Denn nun sind die Franzosen am Zug.

   Mitarbeit: Jürgen Hesse, Ted Mann und Inti Landauro

   Kontakt zum Autor: unternehmen.de@dowjones.com

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