10.02.2014 18:35:32

UPDATE2: ADAC versinkt immer tiefer in der Krise

   -- ADAC-Präsident Meyer zurückgetreten

   -- Gutachten deckt Manipulationen bei Wahl zum Lieblingsauto auf

   -- Daimler und VW geben 'Gelbe Engel' zurück

   (NEU: Prüfergebnis Deloitte, Reaktion von Daimler und VW)

   Von Nico Schmidt und Markus Klausen

   Der Automobilclub ADAC schlittert immer tiefer in die Krise. Es herrscht traurige Gewissheit: Bei der Wahl zum "Lieblingsauto der Deutschen" wurde manipuliert - und das wohl nicht nur in diesem Jahr. Angesichts des nun offiziell bestätigten Manipulationsverdachts reagieren große deutsche Autobauer und geben sämtliche Auszeichnungen zurück. Nach dem Rücktritt von ADAC-Präsident Peter Meyer steht der Lobbyverein vor einem schwierigen Neuanfang.

   Die Prüfer von Deloitte bestätigten am Montag, dass es bei der ADAC-Wahl in diesem Jahr nicht mit rechten Dingen zuging. Ein unabhängiges Gutachten hat Manipulationen und Verfahrensfehler aufgedeckt. Nicht nur die Anzahl der abgegebenen Stimmen wurde falsch angegeben, sondern auch die Reihenfolge. Gründe für die falschen Ergebnisse sind laut Deloitte sowohl eine technisch fehlerhafte Verarbeitung der Daten als auch vorsätzliche Veränderungen. Der Club bereitet rechtliche Schritte gegen den ehemaligen Kommunikationschef Michael Ramstetter vor, der für die Wahl verantwortlich war.

   "Unsere Untersuchungen haben Prozessschwächen, Fehler in der Datenverarbeitung sowie Manipulationen bei der Wahl zum 'Lieblingsauto 2014' offenbart", sagte Frank Marzluf, Partner Forensic bei Deloitte. "Der ehemalige ADAC-Kommunikationschef hat nach unseren Erkenntnissen am Vormittag des 28. November 2013, dem Tag der Ergebniskommunikation, auf seinem PC verschiedene Szenarien simuliert, bei denen sowohl die Stimmenzahl als auch die Zuordnung der Stimmen zu den einzelnen Modellen willkürlich verändert wurden. Die Simulationen erfolgten auf unvollständigen Zahlen."

   Und es dürfte noch dicker kommen für den krisengeplagten ADAC: Laut Deloitte gibt es "klare Anhaltspunkte" dafür, dass ähnliche Veränderungen auch in den Vorjahren vorgenommen worden sind. "Es gibt eindeutige Hinweise darauf, dass die Vorgehensweise bei der Ermittlung des 'Lieblingsautos' in den vergangenen Jahren ähnlich abgelaufen ist. Endgültige Aussagen können wir aber erst treffen, wenn unsere Untersuchungen der Vorjahre abgeschlossen sind", so Marzluf. Die Prüfergebnisse der Wahl zum "Lieblingsauto" in den Jahren 2005 bis 2013 werden voraussichtlich nächste Woche kommuniziert.

   ADAC-Vorsitzender Karl Obermair zeigte sich schockiert. "Die Manipulationen bei der Leserwahl zum 'Lieblingsauto 2014' sind ein schwerer Schlag für den gesamten ADAC. Wir sind fassungslos, dass dies in unserem Haus passieren konnte", sagte Obermair. Er könne den öffentlichen Unmut nachvollziehen. Obermair versprach eine lückenlose Aufklärung.

   Angesichts der Ergebnisse von Deloitte haben zahlreiche Autobauer reagiert: Sowohl Daimler als auch Volkswagen gaben mittlerweile ihre Auszeichnungen zurück. Der ADAC kündigte an, dass es die Auszeichnung 'Gelber Engel' in Zukunft nicht mehr geben werde.

   Am Montagmittag hatte bereits ADAC-Präsidenten Meyer die Reißleine gezogen und war mit sofortiger Wirkung zurückgetreten. Der 64-jährige kam damit seinem möglichen Rauswurf zuvor. Das ADAC-Präsidium hatte angesichts der "erschütternden Ergebnisse" der aktuellen Krisenaufarbeitung am Montagvormittag ein Suspendierungsverfahren gegen Meyer beschlossen.

   Meyer übte bei seinem Rücktritt unterdessen Kritik an der übrigen Führungsriege des ADAC, der als eingetragener Verein organisiert ist. "Für Fehler und Manipulationen von hauptamtlichen Führungskräften (...) möchte ich nicht länger alleine verantwortlich gemacht werden," erklärte er.

   Der Automobilclub steht seit Wochen massiv in der Kritik. Ausgangspunkt des Skandals war zunächst der Verdacht, rund um die jährliche Wahl des Lieblingsautos manipuliert zu haben. Zuletzt waren weitere Vorwürfe laut geworden, unter anderem sollen vereinseigene Rettungshubschrauber für Dienstreisen des Vereinspräsidiums benutzt worden sein.

   In der Bundespolitik in Berlin wurde erleichtert auf den Rücktritt des Präsidenten reagiert. Von Union und SPD kam umgehend die Forderung nach einem Neuanfang bei dem in die Schlagzeilen geratenen Verkehrsclub. "Der Rücktritt von ADAC-Präsident Peter Meyer ist nach den in den letzten Wochen bekannt gewordenen Missständen ein konsequenter Schritt", erklärte der verkehrspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Ulrich Lange. "Das gibt dem ADAC die Chance, sich neu aufzustellen - und verlorene Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen."

   Die Institution des ADAC und seine Aufgaben im Kerngeschäft wie etwa die Pannenhilfe oder der Rettungsdienst seien zu wichtig, um ihn durch eine lange Hängepartie zu lähmen. Nun müsse eine neue und unbelastete Spitze gefunden werden, die "alle Vorfälle rigoros aufklärt und den Mut zu einem echten Neuanfang überzeugend vermitteln kann", forderte Lange.

   Das verlangte auch der für Verkehrspolitik zuständige SPD-Fraktionsvize Sören Bartol. "Jetzt muss der Weg für einen kompletten Neuanfang freigemacht werden", erklärte er. Bartol begrüßte es ausdrücklich, "dass ADAC-Präsident Meyer mit seinem Rücktritt persönlich die Verantwortung übernimmt". Jedoch sei auch klar, dass das gesamte Präsidium die Verantwortung für die Verfehlungen des Vereins trage.

   Die ADAC-Mitglieder müssten nun entscheiden, ob sie mit den restlichen Präsidiumsmitgliedern den Verein mit Transparenz und Offenheit reformieren wollten. "Es muss zu einer klaren Trennung zwischen Haupt- und Ehrenamt kommen", forderte der SPD-Politiker.

   Mitarbeit: Jürgen Hesse und Andreas Kissler

   Kontakt zum Autor: unternehmen.de@dowjones.com

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