06.02.2013 16:50:30

UPDATE: Zehn bis zwölf Institute fallen laut Schäuble unter Trennbankengesetz

   -- Finanzminister: Nach Zahlen von 2011 etwa zehn bis zwölf Banken betroffen

   -- Gesetz sieht Abspaltung riskanter Handelsgeschäfte der Banken vor

   -- Bankern drohen bei Pflichtverstößen Haftstrafen bis zu fünf Jahren

   -- Finanzbranche sieht Schäubles Pläne kritisch

   (NEU: weitere Aussagen, Details, Reaktionen, Hintergrund)

   Von Andreas Kißler

   BERLIN--Zehn bis zwölf Banken in Deutschland fallen nach Angaben von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) laut den bisher bekannten Zahlen unter die vom Kabinett geplanten Regelungen für Trennbanken. "Nach den Zahlen des Jahres 2011 werden davon etwa zehn bis zwölf Banken betroffen sein", sagte Schäuble zu Journalisten in Berlin. Der Finanzminister hofft auf einen Abschluss des Gesetzgebungsprozesses bis Juni und appellierte an die Opposition, trotz der bevorstehenden Bundestagswahl eine "konstruktive Mitarbeit" zu zeigen.

   Das Kabinett hat am Mittwoch den Entwurf für das Gesetz beschlossen, mit dem Banken zur Abspaltung riskanter Handelsgeschäfte vom Einlagen- und Kreditgeschäft gezwungen werden können. Eine Abtrennung des riskanten Geschäftes soll geprüft werden, wenn die Risikopositionen 100 Milliarden Euro oder 20 Prozent der Bilanzsumme des Kreditinstituts übersteigen. Betroffen sein sollen nur große Banken, deren Bilanzsumme mindestens 90 Milliarden Euro beträgt.

   Fällt ein Institut unter die Kriterien, soll im Einzelfall von der Bankenaufsicht geprüft werden, ob eine Abtrennung der Risiken nötig ist. Ist dies der Fall, müssen die Geldhäuser die spekulativen Geschäfte in eine rechtlich, organisatorisch und wirtschaftlich eigenständige Einheit auslagern.

   Für Pflichtverstöße im Risikomanagement sollen zudem künftig im Extremfall Haftstrafen von bis zu fünf Jahren verhängt werden können, wenn das Kreditinstitut in seinem Bestand oder bei Versicherungen die Erfüllbarkeit der Versicherungsverträge gefährdet ist. Der Gesetzentwurf gibt den Geschäftsleitern von Banken und Versicherungen auf Grundlage bestehender Vorgaben konkrete Pflichten für das Risikomanagement auf.

   Außerdem müssen die deutschen Großbanken Sanierungs- und Abwicklungspläne erstellen, damit im Zweifelsfall die Aufsichtsbehörden schneller agieren können. Die Aufsicht kann daher laut Finanzministerium verlangen, dass Abwicklungshindernisse bereits im Vorfeld ausgeräumt werden. "Wir gehen damit die Probleme der mangelnden Krisenfestigkeit des Finanzsystems und der mangelnden Verantwortlichkeit der Banken und der Banker frontal an", konstatierte Schäuble.

   Die Trennbanken-Regelung, die sich laut dem Finanzminister an den EU-Empfehlungen des finnischen Notenbankgouverneurs Erkki Liikanen orientiert, soll im Januar 2014 in Kraft treten. Die Trennung der Geschäftsbereiche bei den Banken soll bis zum Juli 2015 erfolgen. Damit setzt der Gesetzentwurf dasselbe Zieldatum wie Frankreich.

   Schäuble betonte, Deutschland gehe mit den Plänen für Trennbanken bewusst parallel und in Abstimmung mit Frankreich vor. "Wir wollen und müssen so europäische Gesetzgebung vorantreiben", sagte er. Die Regelungen sollten dann nötigenfalls später an europäische Standards angepasst werden. Bis der Liikanen-Bericht in europäisches Recht umgesetzt sei, könne es allerdings noch "Jahre" dauern.

   Mit dem "Gesetz zur Abschirmung von Risiken und zur Planung und Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten" will die Bundesregierung gegen hohe Risiken in den Bankbilanzen rigoroser vorgehen als bislang erwartet. "Einlagen von Bürgern sollen nicht länger dazu genutzt werden können, spekulative Hochrisikostrategien auf eigene Rechnung ohne die unter Marktbedingungen angemessene Risikoprämie auf Fremdkapital zu finanzieren", heißt es in dem Entwurf.

   Immer mehr zeichnet sich dabei ab, dass Deutschland insbesondere auch im Geschäft mit Hedgefonds strenge Maßstäbe anlegen will. Laut dem Entwurf soll "das Betreiben von Kredit- und Garantiegeschäften mit Hedgefonds und sonstigen Unternehmen mit hohem Fremdkapitaleinsatz untersagt" werden. Wie mehrere mit der Angelegenheit vertraute Personen aus Regierungs- und Aufsichtskreisen sagten, soll auch das besicherte Geschäft mit Hedgefonds von den Kundengeldern abgetrennt werden. Damit läuft das Gesetz zu den Trennbanken vor allem auf eine Lex Deutsche Bank hinaus.

   Die Branche reagierte mit heftiger Kritik auf den Beschluss des Berliner Kabinetts. "Das heute vom Bundeskabinett beschlossene Maßnahmenpaket zur Regulierung der Finanzmärkte ist ein Irrweg", erklärte Andreas Schmitz, der Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken. Der Gesetzentwurf schwäche das bewährte deutsche Universalbankensystem. Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Öffentlicher Banken Deutschlands, Hans Reckers, sprach von einem "Schnellschuss zu Lasten einer leistungsstarken Kreditwirtschaft" und ihrer Kunden.

   Allerdings ist gar nicht sicher, dass das Gesetz in dieser Legislaturperiode tatsächlich beschlossen werden kann, denn die Opposition könnte es im Bundesrat bis nach der Bundestagswahl verzögern. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück, der selber Vorschläge für ein Trennbankensystem vorgelegt hat, gehen die Regierungspläne jedenfalls nicht weit genug. Er hat sie bereits als "nicht ausreichend" kritisiert.

   Der Bankenverband verbuchte den Gesetzentwurf denn auch als Wahlkampfmanöver. "Er ist vor allem dem anstehenden Wahlkampf geschuldet", argwöhnte BdB-Präsident Schmitz. Analyst Konrad Becker von Merck Finck meinte ebenfalls, der Verdacht eines Wahlkampfplacebos sei auch nach den verschärften Regeln nicht vom Tisch. "Denn was in 15 Monaten tatsächlich davon umgesetzt wird, steht in den Sternen."

   Kontakt zum Autor: andreas.kissler@dowjones.com

   (- Mitarbeit: Madeleine Nissen)

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   February 06, 2013 10:20 ET (15:20 GMT)

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