17.04.2015 17:50:46
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UPDATE/Winterkorn bleibt: Die Aufseher unterstützen den VW-Chef
--VW-Aufsichtsratspräsidium nennt Winterkorn bestmöglichen Vorstandschef
--Aufseher schlagen Verlängerung von Winterkorns Vertrag vor
--Mehrere Analysten rechnen mit weiterer Auseinandersetzung zwischen Piëch und Winterkorn
--Volkswagen-Aktienkurs kaum verändert
(Neu: Reaktionen, Analystenmeinungen, weitere Einzelheiten)
Von Hendrik Varnholt
FRANKFURT (Dow Jones)--Martin Winterkorn bleibt Volkswagen-Chef - nach dem Willen einflussreicher Aufsichtsratsmitglieder sogar bis über das Jahr 2016 hinaus. Winterkorn sei "der bestmögliche Vorsitzende des Vorstands", teilte das Präsidium des Volkswagen-Aufsichtsrats am Freitag mit. Das Gremium trat damit den Diskussionen um den Vorstandschef entgegen, die Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch erst eine Woche zuvor mit seiner öffentlichen Distanzierung von Winterkorn ausgelöst hatte.
Das Gremium lege "großen Wert darauf", dass Winterkorn "seine Funktion als Vorsitzender des Vorstands auch weiterhin so aktiv und erfolgreich wie bisher verfolgt", teilte das Aufsichtsratspräsidium am Freitag weiter mit. Winterkorn habe "die uneingeschränkte Unterstützung" des Gremiums. Das Präsidium des Aufsichtsrats kündigte darüber hinaus den Vorschlag an, Winterkorns bis zum Ende des Jahres 2016 laufenden Vertrag zu verlängern.
Damit wirkt der Aufsichtsratschef Piëch wie der Verlierer des Machtkampfs um die Führung bei Europas größtem Automobilhersteller. Piëch hatte in der vergangenen Woche gesagt: "Ich bin auf Distanz zu Winterkorn." In der anschließenden Diskussion über einen möglichen Abgang Winterkorns versagten dem Aufsichtsratschef aber mächtige Akteure die Unterstützung. Arbeitnehmervertreter und das Land Niedersachsen, das Großaktionär bei Volkswagen ist, kritisierten Piëchs Aussage. Die Familie Porsche, die gemeinsam mit den Piëchs über die Stimmrechtsmehrheit bei Volkswagen verfügt, ließ die Worte des Aufsichtsratschef als "Privatmeinung" abtun.
Eine Entscheidung wichtiger Aufsichtsratsmitglieder hatten Beobachter angesichts der öffentlichen Auseinandersetzung mit Spannung erwartet. Ihr voraus ging eine Sondersitzung des Aufsichtsratspräsidiums am Donnerstagnachmittag in Salzburg. Während des Treffens warb Winterkorn mit einer ausführlichen Rede um Unterstützung, wie eine über den Ablauf des Treffens in Salzburg informierte Person im Gespräch mit Dow Jones Newswires sagte. Ein Volkswagen-Sprecher lehnte einen Kommentar zu den Informationen ab. Nach den Angaben des Insiders überzeugte Winterkorn das Aufsichtsratspräsidium etwa mit der Vorstellung seiner strategischen Pläne für Europas größten Automobilkonzern.
Mehrere Branchenexperten allerdings zweifelten an der wenige Stunden später demonstrierten Einigkeit. Der Bergisch Gladbacher Automobilprofessor Stefan Bratzel etwa sagte: "Piëch ist hartnäckig." Der Aufsichtsratschef sei "nicht leicht von seinen Vorstellungen abzubringen". Das zeigten frühere Auseinandersetzungen bei Volkswagen. Für Klarheit über die Zukunft der Unternehmensführung brauche es deshalb einen eindeutigen Satz von Piëch selbst, sagte Bratzel. Autoexperte Arndt Ellinghorst vom Analyseunternehmen Evercore ISI schätzte: "Piëch wird nicht einfach zurückstecken." Er stellte fest, der Konzernpatriarch habe die Schlacht verloren, doch fragte: "Beendet dies den Krieg?"
Der Analyst Michael Punzet von der DZ Bank gab sich optimistischer. Er rechnet nach eigenen Worten damit, dass die öffentlich demonstrierte Unterstützung für Winterkorn die Diskussionen im Aufsichtsrat beruhigt. Frank Schwope von der NordLB erwartet immerhin, dass die VW-Verantwortlichen "als Konsequenz der Diskussionen um die Unternehmensspitze die vorhandenen Baustellen offen diskutieren und angehen".
Doch an der Börse löste die Unterstützung für Winterkorn wenig Begeisterung aus. Der Kurs der Volkswagen-Aktie stieg nach der Nachricht von der Rückendeckung zunächst um rund 2 Prozent. Am Freitagnachmittag lag der Preis der Aktie in einem schwachen Gesamtmarkt aber wieder leicht im Minus. Dabei hätte es Grund für einen Kursanstieg gegeben: Die Volkswagen-Aktie hatte nach Piëchs Distanzierung von Winterkorn erheblich an Wert verloren.
Zufriedenheit herrschte aber bei Arbeitnehmervertretern. Der Volkswagen-Betriebsratsvorsitzende Bernd Osterloh ließ mitteilen, Winterkorn sei "der richtige Mann auf dem richtigen Platz". Ähnlich hatte er sich schon vor der Entscheidung geäußert. Auch der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) gab sich erleichtert: Die Entscheidung der Volkswagen-Aufseher stelle "die notwendige Klarheit" her. Das Land Niedersachsen habe "großes Vertrauen" in Winterkorn. Niedersachsen ist Volkswagen-Großaktionär. Das Land hält 20 Prozent der Stimmrechte bei dem Automobilkonzern.
Über die von Piëch ausgelöste Auseinandersetzung äußerte sich Weil dagegen abermals kritisch. "Die Diskussion der vergangenen Woche war nicht gut für den VW-Konzern", sagte er.
Kontakt zum Autor: hendrik.varnholt@wsj.com
DJG/hev/bam
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April 17, 2015 11:20 ET (15:20 GMT)
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