18.07.2016 14:10:48
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UPDATE/Unternehmen sorgen sich um Mitarbeiter in der Türkei
-- Keine Pläne zur Evakuierung von Mitarbeitern
-- Flug- und Schiffsverkehr wieder weitgehend störungsfrei
-- DIHK befürchtet steigende Unsicherheit für Unternehmen
-- Unternehmen sehen bislang keine Störungen vor Ort
(NEU: Aussagen des DIHK, der METRO und von Daimler) Von Selina Williams und Klaus Brune LONDON/FRANKFURT (Dow Jones)--Nach dem gescheiterten Putschversuch in der Türkei versuchen große multinationale Unternehmen, Informationen zur Situation am Bosporus zu bekommen. Nachdem die Situation aber vergleichsweise schnell wieder weitgehend unter Kontrolle zu sein scheint, gibt es kaum Pläne, Mitarbeiter aus der Türkei zu evakuieren. Auch die Produktion vor Ort scheint bislang keinen Einschränkungen zu unterliegen.Am Samstag war der Schiffsverkehr durch den Bosporus, einer wichtigen Meerenge zwischen Europa und Asien, noch teilweise verlangsamt worden. Zahlreiche türkische und ausländische Fluglinien ließen zudem Flüge ausfallen oder erst verspätet losfliegen. Bereits am Sonntag meldeten jedoch wichtige deutsche Fluglinien wie die Deutsche Lufthansa und ihre Tochter Eurowings, dass der "normale" Flugverkehr in und aus der Türkei wieder aufgenommen werde.
Dennoch warnte die deutsche Wirtschaft am Montag vor den Folgen des gescheiterten Putschversuchs auf die deutschen Unternehmen. "Die Ereignisse in der Türkei erhöhen die Unsicherheit auch bei den Unternehmen," sagte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Eric Schweitzer. "Das schlägt unmittelbar auch auf die Geschäfte der deutschen Wirtschaft mit der Türkei durch."
Die Geschäftsanbahnung werde schwieriger, denn Reisen und Delegationen würden abgesagt oder zumindest verschoben. Schweitzer erklärte, in der Wirtschaft seien bereits Folgen zu erkennen. "Die Aussichten haben sich bereits eingetrübt, ein Kapitalabfluss hat in Folge der bisherigen Entwicklungen schon eingesetzt", sagte der DIHK-Präsident.
Notfallpläne für Mitarbeiter werden geprüft Bei den Unternehmen überwog zunächst aber einmal die Sorge um die Sicherheit ihrer Mitarbeiter. Einzelne Unternehmen hatten am Wochenende noch erwogen, Mitarbeiter aus der Region abzuziehen und überprüften ihre entsprechenden Notfallpläne. Air Partner, ein britischer Dienstleister der Luftfahrtbranche, berichtete von Anfragen aus der Geschäftswelt nach verfügbaren Transportkapazitäten. Bislang habe aber noch kein Unternehmen Air Partner gebeten, Mitarbeiter aus der Türkei auszufliegen.
Der deutsche Energieversorger RWE kontaktierte am Wochenende seine etwa zehn Mitarbeiter in der Türkei, um sich nach deren Sicherheit zu erkundigen. Eine Sprecherin von RWE sagte, angesichts der sich stabilisierenden Lage sei es aber nicht geplant, Mitarbeiter aus der Türkei auszufliegen. Wer jetzt für RWE geschäftlich in die Türkei fliege, werde über die Hinweise des Auswärtigen Amtes für Reisen in die Türkei auf dem Laufenden gehalten, so Konzernsprecherin Sabine Jeschke am Sonntag. RWE betreibt in Kaklik in der Region Denizli ein kohlebetriebenes Kraftwerk, mit dem Strom für die Region im westlichen Kleinasien erzeugt wird.
Metro betreibt Märkte in der Türkei Groß vertreten in der Türkei ist vor allem das deutsche Handelsunternehmen Metro. Der Handelskonzern betreibt nach eigenen Angaben 29 Selbstbedienungs-Großmärkte (Cash&Carry) und 45 Filialen der Elektronikkette Media Markt in der Türkei. "Alle Märkte von Metro und Media Markt sind geöffnet und arbeiten wie gewohnt", sagte ein Sprecher am Montag. Die Geschäfte liefen zu Wochenbeginn normal.
Auch der in Deutschland bekannte italienische Süßwarenhersteller Ferrero erkundigte sich bereits am Wochenende nach seinen Mitarbeitern in der Türkei. Ferrero hat rund ein Dutzend zumeist italienischer Mitarbeiter im Land, denen es nach Informationen von Ferrero allen gut gehe. Die Vertretungen in Istanbul sollen am Montag wie üblich öffnen, kündigte Ferrero an. Die Italiener sind stark in der Türkei vertreten, seit sie im Sommer 2014 den größten türkischen Haselnussverarbeiter Oltan für einen ungenannten Preis übernommen haben.
Die Commerzbank hat nur drei Mitarbeiter in der Türkei, die im Bereich Handelsfinanzierung und Zahlungsverkehr aktiv sind. Schwierigkeiten erwartet die Bank keine: "Es gibt keine Beeinträchtigungen des Zahlungsverkehrs", sagte ein Sprecher am Montag. Auch der Versicherer Munich Re beobachtet die Situation genau. "Aber im Moment ist unser Geschäft, wie etwa Ergo Sigorta, nicht direkt betroffen", sagte eine Sprecherin am Montag.
Volkswagen beobachtet "aufmerksam" Für die deutsche Autoindustrie ist die Türkei ein wichtiger Wachstumsmarkt. Daimler sieht jedoch durch die Ereignisse des Wochenendes "keinerlei Auswirkungen" auf die eigene Fertigung in der Türkei. "Wir produzieren ganz normal", sagte eine Daimler-Sprecherin. Man beobachte die Lage jedoch sehr genau, sagte sie weiter. Die Omnibus-Tochter Daimler Buses hat ein Werk in Istanbul, in dem rund 4.900 Mitarbeiter beschäftigt sind. In dem Werk werden Stadt- und Reisebusse gefertigt. Im Lkw-Werk in Aksaray arbeiten rund 2.000 Beschäftigte.
Auch der Volkswagen-Konzern berichtet bislang von keinen Auswirkungen des Putschversuchs in der Türkei auf das eigene Geschäft. Ein Unternehmenssprecher sagte auf Anfrage nur: "Wir beobachten die Situation aufmerksam." Für weitere Einschätzungen sei es zu früh. Der Sprecher fügte hinzu, es seien nach seinem Wissen keine Volkswagen-Mitarbeiter von der gescheiterten Machtübernahme durch das Militär betroffen gewesen seien.
Volkswagen setzt auf die Türkei als Wachstumsmarkt. Im vergangenen Jahr steigerte der Autokonzern die Zahl seiner Auslieferungen in dem Land um 28,1 Prozent - und damit stärker als auf jedem anderen großen Absatzmarkt. Mit 164.787 Fahrzeugen lieferte der Volkswagen-Konzern gleichwohl nur rund 1,8 Prozent seiner weltweit verkauften Fahrzeuge in die Türkei.
Schiffsverkehr läuft weitgehend störungsfrei Die kleineren Verzögerungen bei den Schiffspassagen durch den Bosporus sind inzwischen fast vollständig aufgeholt. Nach Angaben großer Reedereien gab es am Samstagmorgen aus Sicherheitsgründen zunächst einige Verzögerungen für die großen Öltanker, die durch die Meerenge wollten. Bis Sonntagabend waren die meisten Verspätungen aber wieder aufgeholt und große Tankschiffe konnten die rund 30 Kilometer lange Meerenge wieder weitgehend ungehindert passieren.
Die Türkei ist ein wichtiger Knotenpunkt für die globale Energieversorgung, weil wichtige Öllieferungen aus den Anrainerstaaten des Schwarzen Meeres -- darunter Russland, die Ukraine, Rumänien, Bulgarien und Georgien -- über die Meerenge auf die internationalen Verbrauchermärkte geschleust werden.
Die britische BP etwa betreibt eine große Pipeline von Aserbeidschan bis zum türkischen Mittelmeerhafen Ceyhan. Laut BP hat der Putschversuch zu keinen größeren Störungen geführt: "Unsere Anlagen in der Türkei sind weiter geöffnet und arbeiten planmäßig", ließ BP am Wochenende per Pressemitteilung verlauten.
(Mitarbeit: Monica Houston-Waesch, Madeleine Nissen, Ilka Kopplin, Natali Schwab, Andreas Kissler und Hendrik Varnholt) Kontakt zum Autor: unternehmen.de@dowjones.comDJG/DJN/kgb/kla
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July 18, 2016 07:40 ET (11:40 GMT)
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