24.04.2015 17:50:47

UPDATE/Schicksalstag der Deutschen Bank soll Befreiungsschlag bringen

   -- Aufsichtsrat und Vorstand entscheiden über Strategie

   -- Verbleib der Postbank im Konzern unwahrscheinlich

   -- Analysten hoffen auf Straffung des Geschäfts

   (NEU: Eigenkapitalrendite der Postbank, Details)

   Von Madeleine Nissen

   FRANKFURT (Dow Jones)--Wenn sich der Aufsichtsrat mit Paul Achleitner an der Spitze an diesem Freitagnachmittag trifft, geht es um nichts Geringeres als um die Zukunft der Deutschen Bank. Mit welcher Strategie will die Führung zum Befreiungsschlag ansetzen? Zur Debatte stehen das Modell einer Universalbank und eine Abspaltung des Privatkundengeschäfts.

   Der für Deutschland wichtigste Teil der Strategie ist die Zukunft der Postbank. Eine Mehrheit im Vorstand bevorzugt, wie das Wall Street Journal bereits berichtet hat, deren Verkauf. "Ein Verbleib im Konzern ist inzwischen sehr unwahrscheinlich", sagte ein Insider.

   Die Fronten zwischen dem deutsch geprägten Privatkundengeschäft und dem angelsächsisch orientierten Investmentbanking haben sich entsprechend verhärtet, wie Insider erzählen. So sehr sich die beiden Vorstandschefs Anshu Jain und Jürgen Fitschen um Harmonie bemühen: Jain steht für viele nach wie vor für das Investmentbanking und Fitschen für das Deutschlandgeschäft. Selbst Gewerkschafter widersprechen dieser plakativen Aufteilung. "Jain ist nicht nur ein ausgewiesener Investmentbanker, sondern hat sich für das Institut als Ganzes eingesetzt", sagte ein Arbeitnehmervertreter.

   Doch zeitlich geschickt platziert, sickerten am Morgen vor der Sitzung Informationen über angeblich belastende E-Mails von Jain im CO2-Skandal durch. Damit solle offenbar Jain, der für das Investmentbanking steht, vor der Aufsichtsratssitzung geschädigt werden, wie Insider mutmaßen. Die Bank selbst wollte Magazin-Meldungen, wonach Top-Manager von Betrügereien im Handel mit Emissionen schon 2009 gewusst haben sollen, nicht kommentieren. Sie verwies nur auf ihre laufenden Untersuchungen, die "alle relevanten Faktoren, die in Frage kommen", umfasse.

   Unabhängig davon, ob das Modell Universalbank oder Trennbank gewinnt: Am Aktienmarkt dominiert die Hoffnung auf einen Befreiungsschlag. Die Aktien der Deutschen Bank gewinnen am Freitag trotz der 2,5 Milliarden Dollar hohen Rekordstrafe wegen Zinsmanipulationen stärker als der DAX.

   Analysten machen den Aktionären nach den heftigen Verlusten der Aktie in der Vergangenheit Mut. Sie hoffen auf eine Straffung des Geschäfts und damit niedrigere Kosten. Eine Reduzierung der Randaktivitäten, Kosteneinsparungen und mögliche Veräußerungen werten die Experten überwiegend positiv. Auf diese Punkte setzen die Analysten:

   Eine schnellere Abwicklung von ausgelagerten Vermögenswerten.

   Weitere Kosteneinsparungen von 1 bis 2 Milliarden Euro pro Jahr. Da immer mehr Kunden das Onlinebanking nutzen, könnte die Bank etwa die Zahl ihrer Filialen reduzieren.

   Und nicht zuletzt: Ein Verkauf von ausländischen Beteiligungen. So hält die Deutsche Bank ein Fünftel an der chinesischen Hua Xia, was mehrere Milliarden Euro in die Kassen spülen könnte.

   Wichtiger ist jedoch die Frage, ob die in mehreren Schritten ab 2008 übernommene Postbank unter dem Dach der Deutschen Bank bleiben wird. Analysten geben darauf eine klare Antwort: "Wir halten einen Verkauf der Postbank in zwei Schritten sowohl strategisch als auch finanziell für sinnvoll", sagte etwa Neil Smith vom Bankhaus Lampe. "Die Deutsche Bank könnte sich so auf das Wachstum im Private Banking konzentrieren." Dieses habe größere Synergien mit dem Investmentbanking und ein größeres Potenzial für die materielle Eigenkapitalrendite. Auch JP Morgan Cazenove rät zur Trennung und einer Reduzierung des Postbank-Anteils von 94 Prozent auf 44 Prozent.

   Als Belastung sehen auch die Analysten von Morgan Stanley das Privatkundengeschäft. Die Postbank habe eine zu niedrige Eigenkapitalrentabilität, kritisieren sie. Die Eigenkapitalrentabilität der Postbank, also das Verhältnis von Gewinn zu Eigenkapital, betrug im vergangenen Jahr vor Steuern 7,2 Prozent und nach Steuern 4,4 Prozent.

   Das höchste Potenzial kann die Deutsche Bank nach Einschätzung der UBS-Analysten heben, wenn sie das gesamte Privatkundengeschäft in einer Einheit zusammenfasst und an die Börse bringt.

   Doch auch die neue Strategie kann eines der Hauptprobleme der Bank nicht beseitigen: die 6.000 Prozesse und ihre hohen finanziellen Risiken. In den vergangenen Jahren hat sie bereits mehr als 5 Milliarden Euro an Strafzahlungen berappen müssen, die im Zusammenhang mit der Finanzkrise stehen. Das schlug kräftig auf die Ertragslage durch. Alleine für den Skandal um den Referenzzinssatz Libor wurden bis heute 3 Milliarden Dollar fällig. Zum Vergleich: Der Schweizer Konkurrent UBS musste die Hälfte bezahlen. Und trotz der Milliardenstrafen - die Analysten von Morgan Stanley rechnen in den nächsten drei Jahren mit weiteren Kosten von 4,5 Milliarden Euro.

   Diese hohen Rechtskosten hat weitgehend das Investmentbanking zu verantworten. Das wiederum stärkt die Position des Privatkundengeschäfts als stabile, wenn auch nicht sprudelnde Einnahmequelle. Unterm Strich werden dort zwar voraussichtlich die größten Einschnitte gemacht. Doch auch die Investmentbanker werden Federn lassen müssen. Insgesamt kam die Deutsche Bank Ende 2014 auf eine Konzern-Bilanzsumme von 1.709 Milliarden Euro. Wie das Wall Street Journal berichtet hatte, will eine Mehrheit im Vorstand das Investmentbanking um rund 200 Milliarden Euro eindampfen.

   Kontakt zur Autorin: Madeleine.Nissen@wsj.com

   DJG/mln/smh

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   April 24, 2015 11:18 ET (15:18 GMT)

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