Hohe Zinssätze |
14.12.2023 23:18:00
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Trend vorbei? Darum kamen "Saubere Energien"-Aktien zuletzt unter die Räder
• Energie-Chef warnt: Auf fossile Brennstoffe zu setzen ist "völlig falsch"
• Umstellung auf saubere Energien ist laut Experten nicht vollständig zum Scheitern verurteilt
Saubere Energien-Aktien brechen ein
Vor rund einem Jahr versprach US-Präsident Joe Biden im Zuge seines Klimagesetzes Milliarden von US-Dollar für den Umstieg der Vereinigten Staaten auf saubere Energien. Mittlerweile spitzt sich die Lage jedoch zu, wie Bloomberg berichtet: Einige der ehrgeizigsten Projekte für erneuerbare Energien wurden inzwischen auf Eis gelegt, der Absatz von Elektroautos verfehlte seine Ziele und Investoren flohen in Scharen aus dem Sektor. Was folgte, war der Einbruch der US-Aktien im Bereich der sauberen Energien um rund 30 Milliarden US-Dollar in den letzten sechs Monaten - ein Markt, von dem zuvor viele Anleger erwartet hatten, dass er nach der Verabschiedung des Gesetzes florieren würde.
Nur wenige Branchen sind von den steigenden Zinssätzen verschont geblieben, aber die erneuerbaren Energien hat es vielleicht am härtesten getroffen. In einem Sektor, der auf den Bau großer, kostenintensiver Anlagen wie Solar- und Windparks angewiesen ist, haben die hohen Zinssätze die Gewinnmargen so stark reduziert, dass Projekte scheiterten und Unternehmen bankrott gingen. Die anfängliche Begeisterung nach der Verabschiedung des Inflation Reduction Act verflog schnell, und innerhalb der sechs Monate bis zum 27. November ging ein Viertel des Marktwerts der im S&P Global Clean Energy Index enthaltenen US-Unternehmen verloren. Dies verdeutliche auch die Hindernisse, die den ehrgeizigen Klimazielen des US-Präsidenten im Wege stehen, wie Bloomberg erklärt.
Doch nicht nur die erheblichen Finanzierungskosten bereiten den Unternehmen für saubere Energien Probleme. Außerdem falle es schwer, potenzielle Nachbarn für Projekte zu gewinnen, behördliche Genehmigungen zu erhalten und sich an ein "knarrendes" Stromnetz anzuschließen, welches nicht in der Lage sei, die gesamte geplante erneuerbare Energie zu verarbeiten.
Währenddessen scheinen die Öl- und Gas-Produzenten auch keinen Rückzieher machen zu wollen. Ganz im Gegenteil: Sie verdoppeln unterdessen ihre Pläne, weiter zu pumpen. Und Amerikas Weg zu einem kohlenstofffreien Stromnetz bis 2035 wird täglich härter.
"Wir befinden uns jetzt in einem Moment der Erkenntnis, in dem ein Teil der Euphorie abgeklungen ist und wir beginnen zu begreifen, dass es immer noch nicht einfach sein wird", erklärt Eric Scheriff, Senior Managing Director bei Capstone gegenüber Bloomberg.
"Letztendlich müssen grüne Investitionen auf wirtschaftlichen Realitäten beruhen", so Jerome Dodson, der inzwischen in den Ruhestand getretene Gründer von Parnassus Investments. Er verkaufte seine Anteile an dem Unternehmen im Jahr 2021 - "auf dem Höhepunkt des Marktes", wie er erklärt - und prognostiziert, dass Wind- und Solaraktien in den nächsten sechs bis acht Monaten um weitere 15 bis 20 Prozent fallen könnten.
Doch nicht nur die US-amerikanischen Unternehmen haben zu kämpfen. Chinas größte Solar- und Windturbinenhersteller vermeldeten kürzlich schrumpfende Gewinne. Ein Fehler in Tausenden von Windturbinen zwang die Siemens Energy AG dazu, sich um eine 15 Milliarden Euro (16,2 Milliarden US-Dollar) schwere Rettungsaktion unter Führung der deutschen Regierung zu bemühen. Und der dänische Windkraftentwickler Orsted kämpft darum, sich von einer Abschreibung in Höhe von vier Milliarden US-Dollar zu erholen, die auf zwei aufgegebene US-Windkraftprojekte zurückzuführen ist. In vielerlei Hinsicht seien die Probleme in den USA jedoch am überraschendsten, so Bloomberg.
Energie-Chef warnt: Ausverkauf sauberer Energien ist "völlig falsch"
Und auch Andrés Gluski, Vorstandsvorsitzender des Energieunternehmens AES, erklärt, dass Investoren einen großen Fehler machen, wenn diese ihre Investitionen aus sauberen Energien zurückziehen oder sogar auf fossile Brennstoffe setzten.
Die verschärften Bedingungen auf den Ölmärkten und die Ära der verstärkten Kapitaldisziplin haben einen Aufschwung bei Öl- und Gasaktien ausgelöst. Trotz des Drucks von Umweltschützern, die fordern den Sektor zu meiden, investieren Anleger erneut in Unternehmen der Öl- und Gasindustrie. Eine aktuelle Analyse von S&P Global Ratings zeige, dass Rohstoffunternehmen im Vergleich zu weniger umweltbelastenden Unternehmen praktisch keine zusätzlichen Kreditkosten zu tragen haben.
"Wir haben das heißeste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen… Und doch gibt die Wall Street den Ölkonzernen den Vorzug vor den Unternehmen im Bereich der erneuerbaren Energien", sagt er in einem Interview mit der Financial Times. Der Ausbau von erneuerbaren Energien und ein kohlenstoffarmer Bau seien die "richtige Seite" der Geschichte, und es sei nur eine Frage der Zeit, wann sich das auch bewahrheiten werde. "Die Wall Street kann kurzfristig sehr viel falsch machen", so Gluski.
Umstellung nicht zum Scheitern verurteilt
Doch trotz der vielen Schwierigkeiten gehen die meisten Analysten nicht davon aus, dass die Umstellung auf saubere Energien vollständig scheitern werde, erklärt Bloomberg. Die Gesetzgeber seien nach wie vor von der Energiewende überzeugt, auch wenn die Ergebnisse ihrer bisherigen Maßnahmen weit hinter den Zielen zurückgeblieben sind. Und auch die Unternehmen bemühen sich um saubere Energie für ihre Büros und Rechenzentren. "Der Trend geht weiterhin in Richtung saubere Energie, auch wenn wir im Moment einige kleinere Wachstumsschmerzen erleben", erklärt Sonia Aggarwal, CEO der Beratungsfirma Energy Innovation, die als Sonderassistentin von Präsident Biden an der Entwicklung des IRA beteiligt war.
Und auch die Investoren scheinen den Umstieg auf saubere Energien nicht aufgegeben zu haben, wie MarketsInsider berichtet. Denn trotz der negativen Entwicklung, die Aktien im Bereich der sauberen Energien in diesem Jahr verzeichneten, erlebe der Sektor eine Flut von Investitionen, unterstützenden Maßnahmen zur Förderung neuer Projekte und einen Hype um nachhaltige Unternehmungen. "Ich denke, die praktische Realität ist, dass wir in den nächsten Jahren einen ziemlich vernünftigen Erholungspfad vor uns haben, der meiner Meinung nach durch den IRA stark unterstützt wird. Und wohlgemerkt, ich denke, es liegt nicht einmal nur an dem IRA. Grundsätzlich ist es so, dass sich die Nachfrage erholt", erklärt Julien Dumoulin-Smith, ein Research-Analyst der Bank of America.
Redaktion finanzen.at
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