Tumult bei Hauptversammlung |
20.04.2016 14:47:49
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RWE-Chef Terium stimmt Aktionäre auf noch härtere Zeiten ein
Terium warnte zudem vor zusätzlichen Belastungen im Zusammenhang mit dem Ausstieg aus der Kernenergie. "Wir stehen hier vor einem erheblichen finanziellen Risiko", sagte der RWE-Chef. Noch verhandeln die Energiekonzerne mit einer von der Bundesregierung eingesetzten Kommission darüber, wie die Kosten für den Rückbau der Atomkraftwerke und die Lagerung des strahlenden Mülls verteilt werden. Das Gremium will in Kürze seine Empfehlung vorlegen.
Kurz nachdem Terium seine Rede begonnen hatte, kam es in der Essener Grugahalle zu einem Tumult: Umweltschützer riefen "Eure Zeit ist abgelaufen" und stürmten die Bühne. Nachdem Sicherheitskräfte die Demonstranten aus dem Saal gebracht hatten, konnte der RWE-Chef seine Rede fortsetzen. Kurz darauf kam es zu einem erneuten Zwischenfall.
Geplante Streichung der Dividende sorgt für Lob und Kritik
Der RWE-Chef warb bei den Aktionären für Verständnis für die Streichung der Dividende: "Besondere Zeiten verlangen besondere Maßnahmen", sagte er. "So wie bisher geht es nicht weiter." RWE will angesichts der wegbrechenden Gewinne erstmals seit mehr als 60 Jahren keine Dividende an seine Stammaktionäre ausschütten, Inhaber von Vorzugsaktien sollen nur 13 Cent je Papier erhalten. Im vergangenen Jahr musste RWE 2,1 Milliarden Euro auf seine Kraftwerke abschreiben. Unter dem Strich schrieb der Konzern einen Verlust von 170 Millionen Euro. Für das laufende Jahr rechnet RWE mit weiteren Gewinnrückgängen.
Terium verwies auch darauf, dass eine Herabstufung durch Ratingagenturen "wahrscheinlich sei". Erst kürzlich hatte Fitch RWE eine schlechtere Bonität bescheinigt. Moody's und Standard & Poor's haben einen negativen Ausblick gegeben.
Die Streichung der Dividende trifft besonders die Kommunen, die rund 24 Prozent der RWE-Anteile halten und denen Millioneneinnahmen entgehen. Sie hatten gar damit gedroht, dem RWE-Vorstand die Entlastung zu verweigern. So weit kommt es wohl nicht: Die Mehrheit der Kommunen werde den Vorstand entlasten, sagte Ernst Gerlach, Geschäftsführer des Verbands kommunaler RWE-Aktionäre, dem WDR-Hörfunk. Dow Jones Newswires hatte zuvor bereits berichtet, dass sich die Kommunen hinter das Management stellen dürften.
Von anderer Seite gab es Lob für die Streichung der Dividende. "RWE steht mit dem Rücken zur Wand und kann es sich derzeit nicht leisten, mehr Geld an die Aktionäre auszuschütten", sagte Ingo Speich. Der Portfoliomanager von Union Investment hatte schon im vergangenen Jahr darauf gedrängt, die Dividende zu senken. "Das schmerzt, aber es ist der richtige Schritt", sagte Marc Tüngler, Geschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). "Wo kein Gewinn ist, kann auch keine Dividende ausgeschüttet werden." Dennoch wollte Tüngler wissen: "Wann wird es wieder eine Dividende geben?"
Wenn sich die Strompreise nicht erholten, müsse die Politik den Konzernen zur Hilfe kommen, forderte RWE-Chef Terium erneut. In diesem Fall führe "kein Weg an einem Kapazitätsmarkt vorbei". Ein solcher Mechanismus würde die Unternehmen dafür entlohnen, dass sie Kraftwerke bereitstellen - auch wenn diese gar keinen Strom liefern.
"Was steht am Ende der alten RWE? Deren Abwicklung?"
Der Umbau des Konzerns, den die RWE-Führung im vergangenen Jahr angestoßen hatte, gehe "teils besser als erwartet" voran, sagte Terium. Das Wachstumsgeschäft mit den erneuerbaren Energien will der Konzern in eine neue Aktiengesellschaft überführen, die Anfang April unter dem Übergangsnamen RWE International gestartet ist. Voraussichtlich Ende des Jahres will RWE 10 Prozent der Anteile der Gesellschaft über eine Kapitalerhöhung an die Börse bringen. Das Geschäft mit den konventionellen Kraftwerken sowie der Energiehandel bleiben bei RWE. "Die RWE AG ist Hauptprofiteurin der neuen Gesellschaft", sagte Terium. "Sie profitiert von Wachstum und Dividenden." RWE will auch langfristig Mehrheitsaktionär der Erneuerbaren-Gesellschaft bleiben.
Speich von Union Investment lobte die neue Konzernstrategie. "Zur Aufspaltung gibt es keine Alternative", sagte er. "Nur so hält sich RWE die Tür zum Kapitalmarkt offen und damit die Möglichkeit, frisches Eigenkapital auch bei internationalen Investoren einzuwerben." Auch DSW-Chef Tüngler sagte: "Wir sind lieber zu 50 Prozent an einem gesunden Unternehmen beteiligt als zu 100 Prozent an einem kranken." Die neue Tochtergesellschaft sei "zum Erfolg verdammt", um die RWE AG zu stützen.
Winfried Mathes von Deka Investment sieht aber die Gefahr, dass RWE den gesamten Anteil an der neuen Gesellschaft verkaufen muss. "Dann wären wir als RWE-Aktionäre in einer Abwicklungsgesellschaft für Kernenergie und Braunkohle gefangen."
Die Hauptversammlung wird auch über Veränderungen im Aufsichtsrat abstimmen. Neu in das Gremium gewählt werden sollen unter anderem der frühere Eon-Finanzvorstand Erhard Schipporeit, die IBM-Deutschland-Chefin Martina Koederitz und die frühere Chefin der Internationalen Energieagentur, Maria van der Hoeven. Daimler-Vorstandsvorsitzender Dieter Zetsche und der frühere Thyssenkrupp-Chef Ekkehard Schulz werden ebenso ausscheiden wie der bisherige Aufsichtsratschef Manfred Schneider. Sein Nachfolger soll der ehemalige SAP-Finanzvorstand Werner Brandt werden, der bereits Mitglied des Aufsichtsrats ist.
DJG/jen/kla
Dow Jones Newswires
ESSEN (Dow Jones)
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