DAX
06.01.2015 18:06:47
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ROUNDUP/ Finanzexperte: Euro-Debatte lähmt Griechenlands Wirtschaft
KIEL/FRANKFURT (dpa-AFX) - Allein die Debatte über einen möglichen Euro-Austritt Griechenlands belastet nach Expertenansicht schon jetzt die Wirtschaft des Landes. "Zurzeit werden Investoren kaum nach Griechenland gehen, obwohl sich dort vieles deutlich gebessert hat und die Löhne gesunken sind", sagte der Ökonom Jens Boysen-Hogrefe vom Kieler Institut für Weltwirtschaft der Deutschen Presse-Agentur. "Sie fragen sich vielmehr, ob die Griechen in zwei Jahren noch in Euro zahlen und welche ökonomische Situation sie dann dort vorfinden werden." Das wirke schon jetzt lähmend, sagte Boysen-Hogrefe. "Dies würgt den Aufschwung ab, der in Griechenland gerade etwas Fuß fasst."
Die Anleger in Deutschland schoben unterdessen die Sorge vor einem Euro-Ausstieg Griechenlands - "Grexit" genannt - zunächst beiseite. Der Deutsche Aktienindex schloss nach einer rasanten Berg- und Talfahrt nur wenig verändert geschlossen. Die Anleger waren hin- und hergerissen zwischen der Hoffnung auf Konjunkturhilfen durch die Europäische Zentralbank (EZB) und den Sorgen um die Zukunft Griechenlands sowie den Ölpreis-Verfall. Der deutsche Leitindex DAX schloss 0,04 Prozent tiefer bei 9469,66 Punkten, nachdem dieser im Verlauf um mehr als 200 Punkte geschwankt war und sich vorübergehend deutlich ins Plus vorgearbeitet hatte.
Am Montag hatte die Nachricht, Berlin halte bei einem Sieg des Linksbündnisses von Alexis Tsipras bei der Parlamentswahl am 25. Januar einen Euro-Austritt Griechenlands für verkraftbar, die Anleger massiv verunsichert. Der Dax war um fast 3 Prozent abgesackt und hatte damit den größten Tagesverlust seit Anfang März 2014 erlebt.
Auf Europa und den Euro als Gemeinschaftswährung hätte ein Euro-Austritt Athens Boysen-Hogrefe zufolge zunächst rein wirtschaftlich nur geringen Einfluss. "Die direkten ökonomischen Ansteckungsgefahren sind deutlich geringer als 2010 oder 2012."
Politisch könnte die Ansteckungsgefahr größer sein, warnte der Experte aber. "Wenn über einen eventuellen Euro-Austritt Griechenlands die politische Einigkeit der übrigen Euro-Länder zerbrechen oder in größeren Ländern extrem euroskeptische Kräfte die Oberhand gewinnen sollten, könnte es sehr problematisch werden."
Der Präsident des Münchner Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, forderte eine internationale Schuldenkonferenz zu Griechenland. Das Land müsse wieder wettbewerbsfähig werden. "Das erfordert eine Abwertung seiner Währung, also einen zeitweisen Euro-Austritt, was wiederum einen Schuldenschnitt bedingt", sagte Sinn in München. Dies müsse alles zusammen international beschlossen und koordiniert werden.
Nach den Worten Sinns kann Griechenland seine Schulden ohnehin niemals zurückzahlen. Für den Fall, dass Athen aus dem Euro ausscheide, müsste Deutschland nach Sinns Angaben derzeit maximal mit einem Verlust von bis zu 76 Milliarden Euro rechnen. Wenn das Land in der Eurozone verbleibe, seien die Verluste in etwa genauso hoch, nur würden sie anders verbucht. Es würden immer wieder neue Kredite nötig, befürchtet Sinn./wsz/mar/DP/jsl
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