29.08.2023 16:57:40
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Regierung: Wachstumschancengesetz entlastet Wirtschaft um 7 Milliarden Euro
Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Die Bundesregierung hat sich bei ihrer Klausurtagung in Meseberg auf das Wachstumschancengesetz geeinigt und will die Wirtschaft mit den Maßnahmen stärker steuerlich entlasten als ursprünglich geplant. "Die Maßnahmen sollen eine steuerliche Entlastung von kleinen und mittleren Unternehmen in Höhe von rund sieben Milliarden Euro pro Jahr entfalten - damit Unternehmen ermutigt werden, in moderne Anlagen und den Standort Deutschland zu investieren", erklärte das Bundespresseamt in einer Mitteilung.
Das Gesetz sei Teil eines Pakets von "10 Punkten für den Wirtschaftsstandort Deutschland", sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Meseberg. Die Regierung bringe eine "Offensive" auf den Weg, "um Wachstum in unserem Land anzuregen". Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) begründete bei einer Pressekonferenz mit Scholz und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) die höhere jährliche Entlastung von 7 Milliarden bei voller Jahreswirkung gegenüber in dem ersten Vorschlag vorgesehenen 5,7 Milliarden Euro mit Verbesserungen bei Verlustvorträgen und Abschreibungen, die in den vergangenen zwei Wochen erfolgt seien.
Mit dem bereits auf den Weg gebrachten Zukunftsfinanzierungsgesetz zu Verbesserungen für Beteiligungskapital, das eine steuerliche Entlastung von 1 Milliarde Euro vorsehe, ergebe sich insgesamt ein steuerlicher Impuls von 8 Milliarden Euro. "Das ist genau der Impuls, der in der jetzigen Wirtschafts- und Konjunkturlage sinnvoll ist, um die Kräfte, die in unserer Wirtschaft vorhanden sind, zu mobilisieren", sagte Lindner. Deutschland habe "eine starke wirtschaftliche Struktur", deshalb gebe es auch "enormes Turnaround-Potenzial", das durch die Maßnahmen unterstützt werden solle. Der Finanzminister betonte aber, es handele sich nicht um ein breit angelegtes Konjunkturprogramm, das auch "falsch" wäre. Habeck unterstrich, das Gesetz solle schnelle Investitionen auslösen.
Investitionsprämie und erleichterte Abschreibungen kommen
In dem Wachstumschancengesetz sind unter anderem eine neue Investitionsprämie, mehr Forschungsförderung, eine befristete Wiedereinführung der degressiven Abschreibung (Afa) für bewegliche Wirtschaftsgüter und eine großzügigere Verlustverrechnung geplant. Scholz und Lindner kündigten auch eine degressive Afa für Wohngebäude an. Auch will Lindner Personengesellschaften mehr Wahlmöglichkeiten geben, damit sie nicht länger härter als Kapitalgesellschaften besteuert werden.
Geplant ist konkret die "Gewährung einer gewinnunabhängigen Prämie für bestimmte förderfähige Wirtschaftsgüter aus den Bereichen Energie- und Ressourceneffizienz" in Höhe von 15 Prozent der Investition, maximal 30 Millionen Euro, im Zeitraum von 2024 bis 2027. Eine Ausweitung auf weitere Bereiche wird laut Lindner geprüft.
Bei der steuerlichen Forschungsförderung will Lindner die Bemessungsgrundlage verdreifachen und gleichzeitig die förderfähigen Aufwendungen erweitern. Der förderfähige Anteil der Kosten bei einer Auftragsforschung soll von 60 auf 70 Prozent steigen und der maximale Förderbetrag der Zulage von 1 auf 3 Millionen Euro. Beim Verlustrücktrag sollen die erhöhten Betragsgrenzen von 10 Millionen Euro bei Einzelveranlagung und 20 Millionen Euro bei Zusammenveranlagung dauerhaft entfristet werden. Von 2024 bis 2027 sollen zudem alle Beschränkungen des Verlustvortrags aufgehoben und danach die Betragsgrenze der Mindestgewinnbesteuerung auch beim Verlustvortrag dauerhaft auf 10 Millionen respektive 20 Millionen Euro angehoben werden.
Prozentgrenze für Verlustvortrag steigt
Als Maßnahme zur Verbesserung der Liquidität, insbesondere des Mittelstandes, soll die Prozentgrenze bei der Verrechnung des Verlustvortrages von derzeit 60 Prozent auf 80 Prozent für vier Jahre angehoben werden. Auch die verbesserten Abschreibungsbedingungen sollen laut Regierung die Liquidität von Unternehmen verbessern.
Lindner sagte, die Einführung einer degressiven AfA für Wohngebäude mit 6 Prozent ab Baubeginn 1. Oktober 2023 gelte befristet für sechs Jahre. Die Regel soll laut Regierung ab Baubeginn gelten - also auch für Bauvorhaben, für die bereits eine Baugenehmigung vorliegt, die aber noch nicht begonnen wurden. "Ein völliger Einbruch der Bauwirtschaft würde dringend benötigte Kapazitäten gefährden und die sozialen Probleme am Wohnungsmarkt verschärfen", warnte die Regierung. Das Steuersystem solle außerdem an vielen Stellen vereinfacht und bürokratische Hemmnisse abgebaut werden.
Ein Beschluss des Gesetzentwurfes war vor zwei Wochen noch an einem Leitungsvorbehalt von Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) angesichts von Unstimmigkeiten über die Kindergrundsicherung gescheitert. Lindner hatte bereits am Montag erklärt, der Gesetzentwurf werde noch Verbesserungen für den Mittelstand vorsehen. Die "kleine Retardierung" des Beschlusses habe "es möglich gemacht, das Gesetz weiterzuentwickeln".
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com
DJG/ank/err
(END) Dow Jones Newswires
August 29, 2023 10:58 ET (14:58 GMT)

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