01.08.2018 20:46:40

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Börsen-Zeitung: Kaesers Grundgesetz, Kommentar zu Siemens von Michael

Flämig

Frankfurt (ots) - Nun liegt das Vermächtnis von Joe Kaeser auf dem

Tisch. Der Siemens-Aufsichtsrat hat die neue Strategie des

Vorstandsvorsitzenden am Mittwochnachmittag genehmigt. Weil Kaeser

schon vor einigen Wochen seinen Abschied für das Jahr 2021

öffentlich angekündigt hat, wird das Konzept mit dem Namen "Visions

2020+" den Konzern über seine Amtszeit hinaus prägen. Es ist sein

Erbe.

"Visions 2020+" erscheint auf den ersten Blick unspektakulär. Zwar

wird die Zahl der Industriesparten reduziert, es soll nur noch drei

operative Geschäftsfelder geben. Doch derartige Umstrukturierungen

leistet sich Siemens mehrmals im Jahrzehnt, letztmals wurde der

Konzern im Oktober 2014 umgekrempelt. Die neue Führungsstruktur mag

ein Einschnitt sein, aber auch im Mai 2014 hat die damals verkündete

"Vision 2020" vielfältige Personaländerungen gebracht.

Die "Vision 2020+" ist also keineswegs revolutionär. Dies

offenbart bereits der Name des Konzepts. Trotzdem steckt in den

Leitlinien der Geist einer Revolution. Denn erstmals bekennt sich die

Verwaltung des Konzerns zu Kaesers Konzept, das Konglomerat

aufzulösen. Zur Erinnerung: In der "Vision 2020" findet sich hierzu

kein einziges Wort. Der Vorstandschef hat mittlerweile trotzdem

Fakten geschaffen. Der Bau von Windkraftanlagen und künftig die

Bahntechnik sind in eigenständigen Unternehmen gebündelt. Indem der

Aufsichtsrat nun qua Spartenneuordnung die Konzentration auf wenige

Aktivitäten festschreibt und die Münchner Zentrale verkleinert,

segnet er Kaesers Vorgehen ab. Das Wortungetüm "Operating Companies"

für die drei Sparten spricht Bände: Ziel ist eine größere

unternehmerische Freiheit.

Klar ist aber auch: Kaeser hätte sich nicht nur den Geist der

Revolution, sondern umwälzende Taten gewünscht. Der Manager steht vor

einem Paradox: Obwohl er einst als Erster der Auflösung von

Konglomeraten das Wort redete, führt er weiterhin einen

Gemischtwarenladen. Schließlich liegt die Mehrheit an Windkraft und

Bahntechnik in München. General Electric und Philips dagegen gelingt

die Fokussierung schneller. Sie konnten anders als Siemens

wirtschaftliche Notlagen nutzen, den Umbau intern durchzusetzen.

Mit der "Vision 2020+" hat Kaeser daher sein Erbe nicht

festgeschrieben, sondern eine Art Grundgesetz vorgelegt. Denn das

Konzept ist flexibel und anpassungsfähig. Es ist kein Endzustand,

sondern bietet viele Möglichkeiten, erneut mit Taten zu überraschen.

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