26.09.2014 20:16:47

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Börsen-Zeitung: Angst vor der Anlegerflucht, Marktkommentar von Dieter

Kuckelkorn

Frankfurt (ots) - Investoren, die auf Rohstoffe setzen, dürften

aktuell wenig erfreut sein. Der gesamte Rohstoffsektor befindet sich

in einer tiefen Baisse. Der Bloomberg Commodity Index, auf den es

Exchange Traded Funds mit einem Volumen von mehreren Milliarden

Dollar gibt, ist auf den tiefsten Stand seit fünf Jahren gesunken.

Charttechnisch sieht es für den viel beachteten Index gar nicht gut

aus. Er notiert deutlich unter seiner 200-Tage-Durchschnittslinie und

könnte bald auch noch unter das Tief aus dem Jahr 2009 fallen.

Derzeit geben die Preise von fast allen Rohstoffgruppen nach, bis auf

wenige Ausnahmen: lediglich Tierprodukte wie Fleisch, einige

Genussmittel wie Kaffee und Kakao und wenige Industriemetalle trotzen

dem Abwärtstrend.

Was die Ursachen für den Niedergang des Sektors betrifft, so lässt

sich von einem aus Investoren- und Produzentensicht ungünstigen

Zusammentreffen einer ganzen Reihe von Faktoren sprechen. Bei den

meisten dieser Faktoren zeichnet sich kurz- und auch mittelfristig

kein Umschwung ab, so dass zumindest im laufenden Jahr nicht mit

einer nachhaltigen Erholung im Rohstoffsektor zu rechnen ist.

Einer der Hauptfaktoren für den Preisverfall ist die Tatsache,

dass in den Boomjahren das Angebot deutlich ausgeweitet wurde. Da

Minen, Ölfelder und Plantagen aber einige Jahre von der Planung bis

zur Produktionsaufnahme erfordern, findet die Angebotsausweitung

gerade jetzt statt. So wird beispielsweise im kommenden Jahr in Peru

eine der weltweit größten Kupferminen die Produktion aufnehmen. Die

Erschließung der gigantischen Mine hat 7 Mrd. Dollar gekostet. Da

noch weitere neue Minen bald liefern werden, wird für den Kupfermarkt

im kommenden Jahr mit einem Angebotsüberhang von 285.000 Tonnen

gerechnet. Der Rohölmarkt wiederum befindet sich gerade in einer

Phase des starken Ausbaus der nordamerikanischen Förderung aus

unkonventionellen Quellen. Hinzu kommt eine kurzfristige

Angebotsausweitung durch die Rückkehr des libyschen Öls in einen

bereits durch Überangebot gekennzeichneten Markt.

Das größere Angebot bei vielen Rohstoffen trifft in wichtigen

Weltregionen wie China und Europa auf eine schwache Nachfrage. Im

Reich der Mitte hat die Regierung mittlerweile klargemacht, dass sie

trotz einer starken konjunkturellen Verlangsamung nicht an ein

großvolumiges Stützungsprogramm denkt. Für die Eurozone haben sich

fast alle Ökonomen verschätzt, sie hatten die sich nun klar

abzeichnende Abschwächung nicht auf dem Radarschirm. Im schlimmsten

Fall könnte der Eurozone sogar eine Deflation drohen, was

Erinnerungen an Japans "verlorene Dekade" weckt.

Hinzu kommt die jüngste Dollarstärke, die kein kurzes Intermezzo

bleiben dürfte, da sich die Notenbankpolitik von Federal Reserve auf

der einen Seite und Europäischer Zentralbank und Bank of Japan auf

der anderen Seite noch für eine längere Zeitspanne weiter

auseinanderbewegen wird. Da die meisten Rohstoffe in Dollar

abgerechnet werden, schlägt die Stärke des Greenback direkt auf die

Rohstoffnotierungen durch. Investoren aus der Eurozone betrifft dies

wegen der Euroschwäche allerdings kaum, in Euro gerechnet hat sich

beispielsweise der Ölpreis wesentlich besser gehalten als die

Notierung in Dollar.

Trotz der eher auf weitere Preisrückgänge weisenden fundamentalen

Faktoren gehen viele Rohstoffanalysten von einer Bodenbildung der

Rohstoffpreise aus. Sie vermuten, dass die Negativfaktoren zu einem

guten Teil bereits eingepreist sind.

Dabei übersehen sie allerdings eine Gefahr: Noch haben die

Finanzinvestoren den Rohstoffmärkten nicht in Scharen den Rücken

gekehrt. Dies könnte aber, so befürchten die Rohstoffexperten der

Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba), dann geschehen, wenn sich die

überwiegende Mehrheit der Investoren von der Idee verabschiedet, dass

Peking mit massiven Konjunkturmaßnahmen auch den Rohstoffmärkten

wieder fühlbaren Aufwind geben könnte.

In Teilbereichen wie bei den Agrarrohstoffen dürfte auch der

politische Druck auf die Finanzinvestoren - Stichwort: Spekulation

mit Lebensmitteln - anhalten, was bereits einige Banken zum

kompletten Rückzug aus den Bereich veranlasst hat. Sollte es wirklich

zu einem umfangreicheren Rückzug der Finanzinvestoren kommen, dann

dürfte die Baisse bei den Rohstoffen sogar über das Jahr 2015 hinaus

weitergehen.

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