09.11.2016 13:14:50

MÄRKTE EUROPA/Märkte stecken Sieg von Trump erstaunlich gut weg

   Von Benjamin Krieger

   FRANKFURT (Dow Jones)--Donald Trump ist neuer US-Präsident - na und? Erstaunlich gelassen reagieren die Aktienmärkte am Mittwoch auf den sensationellen Wahlsieg des Republikaners, der doch zuvor als Horrorszenario für die Finanzmärkte galt. Der DAX, der im frühen Handel um mehr als 300 Punkte auf den tiefsten Kurs seit drei Monaten eingebrochen war, handelt am Mittag nur noch 1,4 Prozent oder 153 Punkte niedriger bei 10.328 Punkten. Zwischenzeitlich hatte das Minus sogar nur noch 0,4 Prozent betragen. Der Euro-Stoxx-50 holt die frühen herben Verluste ebenfalls zum großen Teil wieder auf und gibt nur noch um 1,9 Prozent auf 2.965 Zähler nach.

   In vielen Marktkommentaren klingt die Hoffnung durch, dass es unter dem neuen Präsidenten Trump am Ende vielleicht doch nicht so schlimm kommt, wie die monatelange Schlammschlacht des Wahlkampfes befürchten ließ. Zudem setzen Beobachter darauf, dass die Demokraten im Senat Donald Trump schwere Steine in den Weg legen dürften, und dass auch Republikaner einige seiner politischen Projekte ablehnen. "Es bleibt die große Frage, ob und wie Trump seine politischen Initiativen durch den Kongress bekommt", sagt Harm Bandholz, Volkswirt der Unicredit.

   Das spiegelt sich auch am Devisenmarkt wider: Der US-Dollar war im asiatischen Handel auf breiter Front unter Druck geraten. Der Euro schoss von Kursen um 1,10 Dollar in der Spitze bis auf 1,13 Dollar. Eine derart starke Kursreaktion war zuletzt nach dem Brexit-Votum der Briten zu beobachten. Am Mittag hat der Euro die Gewinne weitgehend wieder abgegeben und wechselt mit 1,11 den Besitzer. Zum Yen hat der Greenback im Verlauf des Vormittag etwa die Hälfte seiner starken Verluste wettgemacht.

   Für etwas Erleichterung sorgte die Siegesrede Trumps nach seiner Wahl zum 45. US-Präsidenten. Diese sei "präsidial" gewesen und habe versöhnlich geklungen, sagt Devisenanalyst Jordan Rochester von Nomura. Trump habe auch die Errichtung einer Mauer an der Grenze zu Mexiko nicht erwähnt.

   Bundesanleihen, die zunächst als sicherer Anlagehafen stark gesucht waren, haben die Kursgewinne ebenfalls überwiegend wieder abgegeben. Ähnlich der Goldpreis, der in der Spitze auf 1.338 Dollar gesprungen war, am Mittag aber nur noch mit 1.307 Dollar handelt. Das ist ein Plus von 2,6 Prozent.

"Amerika ist der Gewinner" Doch es gibt auch Beobachter, die Amerika als Gewinner sehen nach der Wahlentscheidung pro Donald Trump. "Mit radikalen Maßnahmen könnte er die USA aus der Krise führen", sagt Daniel Stelter vom "Thinktank" namens "Beyond the Obvious". Das gelte vor allem für ein Anziehen der Inflation in den USA, mit der die Schuldenlast real sinken würde. "Je protektionistischer ein Land war und je schneller es schaffte, die eigene Währung zu entwerten, desto größer war der Erfolg", sagt Stelter.

   Auf den ersten Blick kurios ist die Reaktion am Schweizer Aktienmarkt, wo der Leitindex SMI um 0,8 Prozent zulegt. Dort stützen die hohen Kursgewinne der beiden Schwerstgewichte Roche und Novartis, die jeweils um 5 Prozent kräftig steigen. Donald Trump gilt nicht wie Hillary Clinton als Verfechter niedrigerer Arzneimittelpreise in den USA. Das könnte den Erträgen von "Big Pharma" auf dem größten Absatzmarkt der Welt zugute kommen. Roche und Novartis sind im SMI-Index mit fast 40 Prozent gewichtet. Auch Bayer, Fresenius, FMC, Astrazeneca, GlaxoSmithKline und Sanofi verteuern sich zwischen 2 und 5 Prozent. Der Stoxx- Pharmasektor liegt folglich mit 3,3 Prozent ebenfalls deutlich im Plus.

   Auch die Rohstoffproduzenten profitieren von der Wahl Trumps, gilt dieser doch als Befürworter der "alten" Energieträger wie Kohle und Öl. Die Kursgewinne von Anglo American, BHP Billiton, Glencore und Rio Tinto reichen von 1 bis 4 Prozent. Papiere von Herstellern alternativer Energiesysteme wie Nordex (-6,8 Prozent) und Vestas Wind (-6,6 Prozent) werden dagegen verkauft.

Rüstungsbranche und Bausektor profitieren ebenfalls Rheinmetall als Rüstungsproduzent profitiert ebenfalls von der Wahl Trumps, die Aktie gewinnt 3,6 Prozent. Auch die Kurse der Rüstungskonzerne BAE Systems und Thales legen um 3,5 bzw. 2,4 Prozent zu. Papiere der italienischen Leonardo-Finmeccanica steigen um 3,2 Prozent. "Trump hatte von den Europäern immer eine größere Beteiligung an den Verteidigungsantrengungen gefordert", sagt ein Händler. Dazu komme seine eher NATO-skeptische Haltung, die auf einen höheren Eigenschutz der Mitglieder hinauslaufe.

   Nur geringe Kursverluste verzeichnen Bau- und Zementkonzerne wie Saint-Gobain, Vinci und Lafargeholcim. Aktien des in den USA aktiven irischen Baukonzerns CRH ziehen sogar um 6,6 Prozent an. Sie dürften von den Infrastrukturprojekten Trumps profitieren. HeidelbergCement steigen um 1,3 Prozent, der Baukonzern ist ebenfalls auf dem US-Markt engagiert. In Madrid büßen BBVA fast 9 Prozent ein. Die spanische Großbank ist stark auf dem mexikanischen Markt aktiv, der unter dem Wahlsieg Trumps leiden dürfte.

   Angesichts der Reaktion an den Finanzmärkten auf den überraschenden Wahlsieg Donald Trumps rücken die Quartalsberichte von Unternehmen weit in den Hintergrund. Aktien von Munich Re verlieren 3,4 Prozent. Der Rückversicherer hat im dritten Quartal deutlich weniger verdient als erwartet.

Aktienkurse in Russland steigen An der Moskauer Börse steigt der Leitindex um 1,5 Prozent. Mit dem Sieg von Donald Trump dürften sich die Beziehungen zu Russland "zweifelsohne" verbessern, sagt Michael Levy, Investmentdirektor bei Barings für Schwellenländer. Er rechnet mit einem Abbau der Sanktionen in den kommenden Monaten, der es den Russen ermöglichen dürfte, sich wieder einfacher selbst zu finanzieren. Das wiederum verbessere die Aussichten für russische Unternehmen. Davon profitiert auch der Rubel, der anders wie die meisten Schwellenländerwährungen anzieht.

INDEX zuletzt +/- % absolut +/- % YTD Euro-Stoxx-50 2.967,44 -1,85 -55,99 -9,18 Stoxx-50 2.761,39 -0,87 -24,36 -10,93 DAX 10.334,09 -1,41 -148,23 -3,81 MDAX 20.359,05 -1,25 -257,07 -2,00 TecDAX 1.724,26 -0,35 -6,06 -5,82 SDAX 8.986,42 -0,14 -12,76 -1,23 FTSE 6.802,36 -0,60 -40,77 8,97 CAC 4.410,95 -1,47 -65,94 -4,88

Bund-Future 162,26 0,47 6,64

DEVISEN zuletzt +/- % Mi, 8:18 Di, 17:15 % YTD EUR/USD 1,1098 -0,90% 1,1199 1,1049 +2,2% EUR/JPY 114,4563 -0,11% 114,5850 115,90 -25,9% EUR/CHF 1,0785 -0,35% 1,0823 1,0768 -0,9% EUR/GBP 0,8916 +0,16% 0,8976 1,1235 +21,1% USD/JPY 103,13 +0,76% 102,36 104,89 -12,2% GBP/USD 1,2448 -0,25% 1,2480 1,2414 -15,6%

ROHOEL zuletzt VT-Settl. +/- % +/- USD % YTD WTI/Nymex 44,86 44,98 -0,3% -0,12 +2,4% Brent/ICE 46,04 46,04 0% 0,00 +1,2%

METALLE zuletzt Vortag +/- % +/- USD % YTD Gold (Spot) 1.302,96 1.275,80 +2,1% +27,16 +22,8% Silber (Spot) 18,75 18,38 +2,0% +0,37 +35,7% Platin (Spot) 1.008,95 1.004,50 +0,4% +4,45 +13,2% Kupfer-Future 2,43 2,38 +2,0% +0,05 +12,6%

Kontakt zum Autor: benjamin.krieger@dowjones.com

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   November 09, 2016 06:44 ET (11:44 GMT)

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