Branche mit Luft nach oben |
18.04.2015 03:00:02
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Logistik-Aktien: Professionelle Hochstapler fürs Depot
Man muss sich hohe Ziele setzen. Niemand weiß das besser als der Chef eines Gabelstaplerherstellers. Bis zum Jahr 2020 will Hans-Georg Frey den Umsatz der Hamburger Firma Jungheinrich in Richtung vier Milliarden Euro steigern. Das wären bis zu 60 Prozent mehr als im vergangenen Jahr.
Das Geschäft mit Staplern und Schleppern ist unspektakulär, aber lukrativ. In nahezu jedem Betrieb der Welt - egal, ob in einem kleinen Supermarkt oder in einem großen Industriekonzern - werden jeden Tag Waren bewegt. Bis zu neun Tonnen können Hochleistungsstapler stemmen, das entspricht etwa dem Gewicht von sieben VW Polos. Einfache Geräte schaffen immer noch eine Tonne - eine Last, die selbst verteilt auf kleinere Ladungen kaum einem Menschen zuzumuten ist.
Die Nachfrage nach neuen Geräten kommt vor allem aus Asien. In den aufstrebenden Ländern steigt mit wachsender Wirtschaftsleistung der Bedarf an Hebefahrzeugen. Auch in den westlichen Industrienationen werden sie benötigt: Viele Unternehmen modernisieren ihre Logistik. Die wachsende Begeisterung für einen Einkaufsbummel im Internet hilft ebenfalls, weil die Händler entsprechend neue Warenlager errichten.
Der weltweite Auftragseingang der Gabelstaplerhersteller stieg in Stückzahlen im vergangenen Jahr um acht Prozent. Die Analysten des Bankhauses Lampe erwarten für das laufende und das kommende Jahr eine Abschwächung auf jeweils etwas mehr als fünf Prozent - selbst das wären Raten, die über dem durchschnittlichen Wachstum der Weltwirtschaft liegen.
Besonders praktisch: Hat ein Kunde einen Stapler oder Schlepper gekauft, bleibt er dem Hersteller langfristig als Kunde erhalten. Denn auch qualitativ hochwertige Geräte müssen regelmäßig gewartet und gelegentlich repariert oder aufgerüstet werden. Jungheinrich erzielt eigenen Angaben zufolge 40 Prozent seines Umsatzes mit Dienstleistungen. Deren Anteil am Konzerngewinn dürfte deutlich größer sein.
Attraktive Nebengeschäfte
Die Investmentbank Jefferies schätzt, dass branchenweit rund 80 Prozent des operativen Gewinns fernab des Verkaufs von Neugeräten erzielt werden - durch Wartung, den Verkauf von Ersatzteilen, Vermietung von Geräten, den Verkauf gebrauchter Trucks und Finanzdienstleistungen. Auch das erklärt, warum Größe unter den Gabelstaplerherstellern wichtig ist.Jungheinrich setzt bei seiner Expansion vor allem auf organisches Wachstum. Die Hamburger wollen den Vertrieb ausbauen und neue Länder erschließen. Bislang ist Jungheinrich vor allem ein europäisches Unternehmen: Mehr als 90 Prozent des Umsatzes erzielte die Firma im vergangenen Jahr auf dem Heimatkontinent.
Man sei entschlossen, die globale Präsenz zu erhöhen - durch den Ausbau der bestehenden Vertriebs- und Servicecenter und neuer Vertriebsgesellschaften, hat Frey angekündigt. Zukäufe "nur um der Größe willen" seien nicht geplant, betonte Frey bei der Präsentation der jüngsten Geschäftszahlen. Die Übernahme von Händlern und Technologiefirmen will er dagegen nicht ausschließen.
Kauft Kion in Japan zu?
Offensiver geht Kion vor. Der Gabelstaplerhersteller aus Wiesbaden, nach Umsatz in etwa doppelt so groß wie Jungheinrich, hat laut Informationen des Nachrichtendienstes Reuters Interesse an der Übernahme des japanischen Konkurrenten UniCarriers. Der Deal wird auf 770 Millionen Euro geschätzt.Durch die Übernahme würde Kion seinen Marktanteil von 14 auf 18 Prozent steigern und damit nahe an den Branchenprimus Toyota Industries heranrücken, der auf 20 Prozent kommt.
Kion und Jungheinrich sind direkte Konkurrenten, aber dennoch unterschiedlich aufgestellt. Während sich Jungheinrich zum "Werteverständnis eines familiengeführten Unternehmens" bekennt, war Kion lange in der Hand der Finanzinvestoren KKR und Goldman Sachs. Mit dem chinesischen Industriekonzern Weichai hat Kion einen einflussreichen Großaktionär, der die Stellung der Hessen im wichtigsten Wachstumsmarkt der Branche ausbauen soll. Schon jetzt ist Kion laut Jefferies-Daten mit einem Marktanteil von sieben Prozent in China deutlich stärker vertreten als Jungheinrich. Die Hanseaten kommen in dem Riesenreich auf wenig mehr als ein Prozent.
Auch der Kundenkreis unterscheidet sich bei den deutschen Rivalen: Während Jungheinrich viele Unternehmen aus der Handelsbranche wie Supermarktketten betreut, ist Kion stärker bei Kunden aus der Industrie vertreten. Dadurch dürfte das Geschäft von Jungheinrich in konjunkturellen Schwächephasen stabiler sein als das von Kion.
An der Börse bewegen sich Kion und Jungheinrich in diesem Jahr fast im Gleichschritt nach oben, allerdings nicht ganz so stark wie der Nebenwerteindex MDAX. Analysten verweisen als Grund auf die für 2015 erwartete Wachstumsabschwächung der Branche. Der Markt werde "immer wettbewerbsintensiver", warnte zudem Kion-Chef Gordon Riske. Die beiden deutschen Hersteller aber wollen weiter überdurchschnittlich zulegen. Kion will sein Wachstum beschleunigen und bis zum Jahr 2020 sogar zum Marktführer Toshiba aufschließen, zugleich soll die operative Marge von zuletzt 7,5 auf mehr als zehn Prozent gesteigert werden. Tiefstapeln passt halt nicht zur Branche.
Investor-Info
Bilanzen
Raus aus den roten Zahlen
Das Geschäft mit Gabelstaplern hängt stark von der allgemeinen Wirtschaftslage ab. Im Krisenjahr 2009 haben Jungheinrich und Kion hohe Verluste erwirtschaftet, sich seitdem aber klar erholt.
Bewertung
Relativ günstig
Das Kurs-Gewinn-Verhältnis setzt den für die kommenden zwölf Monate erwarteten Firmengewinn in Relation zum Kurswert. Auf dieser Basis sind Jungheinrich und Kion (Börsengang 2013) nahezu gleich bewertet. Im Vergleich zu anderen europäischen Industrieunternehmen sind beide Aktien eher günstig.
Jungheinrich
Defensiver aufgestellt
Das Hamburger Unternehmen liefert Kunden neben Staplern komplette Lager mit Regalen, Förderbändern und Software. Der hohe Umsatzanteil in Europa ist ein Handicap. Angesichts des etwas defensiveren Geschäftsmodells ist Jungheinrich derzeit dennoch der Favorit der Redaktion.
Kion
Größer und offensiver
Kion ist nach Umsatz deutlich größer als Jungheinrich und zudem stärker in den Wachstumsmärkten Asiens vertreten. In einem noch immer schwierigen Konjunkturumfeld birgt die offensivere Ausrichtung von Kion größere Risiken.
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