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Schwellenland im Blick 05.07.2014 08:00:01

Indonesien: Ein Staat am Scheideweg

von Emmeran Eder, Euro am Sonntag

Früher verkaufte er Möbel, jetzt Politik. Joko Widodo hat in den vergangenen Jahren eine steile Karriere hingelegt. Der Javaner ist bei den Präsidentschaftswahlen am 9.  Juli Favorit für das höchste Amt in Indonesien. Die Herzen der Bevölkerung hat der 53-Jährige im Sturm erobert. Der Gouverneur der Hauptstadt Jakarta führt seit dem Amtsantritt vor zwei Jahren einen Feldzug gegen die grassierende Korruption. Seine Anhänger bezeichnen den Saubermann als indonesischen Obama, da er für eine moralische Erneuerung steht.

Ähnlich wie der US-Präsident gehört Widodo nicht zum Establishment des Landes. Er war bislang vorrangig als Lokal­politiker tätig. Doch gerade mit seiner Unerfahrenheit kann er beim Volk punkten. Bei Umfragen im Mai lag er mit zehn Prozent Vorsprung vorn. Die Indonesier sind ihrer Eliten überdrüssig. Neben Korruption stören sie die wachsende Kluft zwischen arm und reich, das schlechte Bildungs­system und die marode Infrastruktur.

Diffuse Sehnsucht nach harter Hand
Diese Unzufriedenheit fördert jedoch auch eine nostalgische Sehnsucht nach der Diktatur, in der scheinbar alles besser war. Das half zuletzt Widodos Widersacher Prabowo Subianto. Er holt nach unbestätigten Wählerbefragungen auf. Das Rennen ist also noch nicht entschieden. Subianto ist mit der Tochter des Ex-Diktators Suharto verheiratet und hat enge Verbindungen zu den Spitzen der früheren Diktatur, die auch heute politisch und ökonomisch noch zur Machtelite zählen.

"Die Wahrnehmung der Bevölkerung ist aber schief", sagt Aurel Croissant, Südostasien-Experte an der Uni Heidelberg. "Verglichen mit anderen Staaten der Region ist die indonesische Demokratie eine Erfolgsgeschichte", meint er. Auch ökonomisch war der Inselstaat in den vergangenen zehn Jahren erfolgreich. Vielen Einwohnern gelang der Aufstieg in die Mittelschicht. Die Wachstumsraten betrugen seit 2004 stets um die sechs Prozent jährlich. Der neu gewonnene Reichtum resultiert nicht zuletzt aus dem Export von Rohstoffen. Das Land verfügt über große Vorkommen an Gas, Kohle, Zinn, Nickel, Bauxit und Gold. Auch Agrarprodukte und Holz sind wichtige Ausfuhrgüter.

Die Rohstoffe werden aber vorwiegend im Rohzustand exportiert. Das will die Regierung ändern. Seit Jahresbeginn ist die Ausfuhr unbehandelter Erze verboten. So sollen einheimische Minenkonzerne gezwungen werden, Verarbeitungsanlagen zur Veredelung der Rohstoffe aufzubauen. Damit wollen die Indonesier in der Wertschöpfungskette nach oben klettern, um höhere Preise für die verarbeiteten Rohstoffe verlangen zu können. Mittelfristig ist das positiv, kurzfristig belastet es den Export. Der Aufbau einer Industriebasis ist jedoch dringend notwendig, damit der Wachstumskurs fortgesetzt werden kann.

Denn neben Textilindustrie, Tourismus und Rohstoffen hat das mit 248 Millionen Bewohnern viertbevölkerungsreichste Land der Welt wenig zu bieten. Die Weltbank spricht von einer zweiten Chance für den Industriesektor Indonesiens, der in den 90er-Jahren den Anschluss an China verlor - vor allem im Elektroniksektor. In Jakartas Expat-Kreisen kursiert schon lange der Witz, Indonesien sei der ewige Hoffnungsträger. Wegen der gestiegenen Löhne in China und der Turbulenzen in Thailand könnte sich das Inselreich nun als alternativer billiger Produktions­standort etablieren. Dazu muss das in ­Teilen korrupte Rechtssystem verbessert werden. Auch die Infrastruktur und der Mangel an gut ausgebildeten Arbeitskräften - eine Folge des miserablen Bildungssystems - sind Reformprojekte.

Die Macht dazu hätte der neue Präsident. Da es keinen Premierminister gibt, bestimmt er die Regierungspolitik und ist zugleich Staatsoberhaupt. Jedoch ist die Parteienlandschaft stark zersplittert. Keine Partei hat mehr als 20 Prozent der Parlamentssitze. Das führt regelmäßig dazu, dass "übergroße Koalitionen aus vier, fünf Parteien gebildet werden, die Konsenspolitik machen", so Croissant. Auch ein Hoffnungsträger wie Widodo dürfte es schwer haben, in diesem Umfeld Reformen durchzusetzen.

Das Wirtschaftsmodell ist fragil
Neben den Rohstoffen wird die Wirtschaft vor allem vom großen Binnenmarkt getragen. Der Nachholbedarf beim Konsum ist riesig. Wie anfällig dieses Wirtschaftsmodell ist, zeigte sich im Sommer 2013. Nach der Ankündigung der US-­Notenbank, das Anleihekaufprogramm zurückzufahren, zogen Ausländer massiv Geld aus Indonesien ab, auch wegen des hohen Leistungsbilanzdefizits. Die Landesdevise Rupiah geriet unter Druck, die Börse korrigierte kräftig. Zugleich stieg die Inflation auf gut sieben Prozent.

Inzwischen hat sich die Lage beruhigt. Die Währung stabilisierte sich, da mit höheren Zinsen gegengesteuert wurde. Energiesubventionen wurden gekürzt und Steuern auf Luxuswaren erhöht. Auch Steuererleichterungen für die Industrie halfen. So konnten das Leistungsbilanzdefizit reduziert und ein Einbruch der Wirtschaft abgewendet werden. 2014 wird mit 5,3 Prozent BIP-Zuwachs gerechnet. Auslandsverschuldung und Haushaltsdefizit sind gering, das Bankensystem ist gesund.

Die Börse in Jakarta reagierte positiv. Seit Januar kletterte der Leitindex Jakarta Composite in Euro um 18 Prozent. Mit dem 2014er-KGV von 21 ist der Markt teuer. "Nur wenn das Land sein riesiges Potenzial künftig besser ausschöpft, sind höhere Kurse fundamental gerechtfertigt", sagt Florian Schulz, Schwellenländer-Profi beim Spezialdienst Emerging Markets Trader. Der Index steht nahe am Allzeithoch. Übertrifft er es, bietet sich eine Tradingchance. Mittelfristig orientierte Anleger warten lieber ab, ob Reformen umgesetzt werden. Sollte dem indonesischen Obama nicht mehr gelingen als dem US-Original, werden die Bäume im Inselstaat wohl nicht in den Himmel wachsen.

Investor-Info

MSCI Indonesien ETF
Kräftiges Comeback

Nach jahrelangem starkem Kursanstieg stürzten ­indonesische Bluechips im Zuge der Turbulenzen in den Emerging Markets im Sommer 2013 monatelang ab. Auch die Währung Rupiah gab kräftig nach. Seit ­Januar erholen sich die Aktien an der Börse Jakarta wieder. Auch leichte Devisengewinne konnten An­leger einfahren. Im MSCI Indonesia, auf den Lyxor einen ETF offeriert, dominieren bei den 26 enthaltenen Aktien Finanz- und Konsumtitel mit zwei Dritteln. Der Rest sind vor allem Telekom- und Rohstoffwerte. Nur für risikobereite Anleger geeignet.

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Rohstoffe in diesem Artikel

Erdgaspreis - Natural Gas 3,19 -0,14 -4,11
Goldpreis 2 635,65 2,91 0,11
Kohlepreis 121,85 -0,65 -0,53
Nickelpreis 15 672,50 -219,00 -1,38
Zinnpreis 28 055,00 -695,00 -2,42