"Mission Impossible" |
03.10.2023 22:19:00
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"Dr. Doom" Nouriel Roubini: Ära der niedrigen Inflation ist vorbei - Zwei-Prozent-Ziel der Fed unerreichbar
• Inflationsziel von 2 Prozent im Blick
• "Dr. Doom" glaubt nicht an Fed-Ziel
Fed belässt Zinsniveau bei 5,25 bis 5,5 Prozent
Innerhalb der vergangenen 16 Monate stockte die US-amerikanische Notenbank Fed den Leitzins insgesamt elfmal auf - zuletzt im Juli auf die Spanne von 5,25 bis 5,5 Prozent. Sowohl im Mai als auch bei der jüngsten Zinssitzung im September beließen die Währungshüter um Fed-Chef Jerome Powell das Zinsniveau allerdings unverändert im genannten Bereich. Erstmals wurde die Zentralbank im März 2022 tätig, um den massiven Anstieg der Inflationsraten in den Griff zu bekommen. Der starke Anstieg der Verbraucherpreise war unter anderem auf höhere Energiekosten durch den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine zurückzuführen.
2-Prozent-Ziel im Blick
Und tatsächlich schwächt sich der Anstieg der Verbraucherpreise in den USA zuletzt ab. So stiegen die Verbraucherpreise im August gegenüber dem Vormonat nur noch um 0,6 Prozent, im Vergleich zum Vorjahresmonats betrug das Plus 3,7 Prozent. Langfristig peilt die Fed jedoch wieder ihr Inflationsziel von zwei Prozent an, wie Powell im August im Rahmen des Notenbankertreffens in Jackson Hole erklärte. "Es ist die Aufgabe der Fed, die Inflation auf unser Zwei-Prozent-Ziel zu senken, und das werden wir auch tun", versprach der Währungshüter. "Wir haben unsere Politik im vergangenen Jahr deutlich gestrafft. Obwohl die Inflation seit ihrem Höchststand zurückgegangen ist - eine willkommene Entwicklung - ist sie immer noch zu hoch."
"Dr. Doom" Roubini zweifelt an Erreichbarkeit des Inflationsziels
Top-Ökonom Nouriel Roubini ist jedoch der Meinung, dass die Fed dieses Ziel nicht allzu bald erreichen dürfte, wie er kürzlich im Interview mit "Bloomberg Brief" erklärte. "Die Ära der großen Mäßigung mit einer niedrigen Inflation von unter zwei Prozent und stabilem Wachstum ist vorbei", schätzte der Marktexperte die Lage ein und betitelte das Fed-Ziel als "Mission Impossible". "Die neue Normalität könnte für die fortgeschrittenen Volkswirtschaften im Laufe der Zeit irgendwo zwischen drei und vier Prozent liegen - natürlich nicht über Nacht." Damit dürften sich nicht nur die USA von ihrem Zwei-Prozent-Ziel verabschieden, sondern auch weitere Volkswirtschaften wie Großbritannien und Frankreich, so Roubini.
"Strukturelle Veränderungen" belasten Wirtschaft
Als Grund für diese trübe Aussicht nannte Roubini, der aufgrund seiner pessimistischen Prognose den Spitznamen "Dr. Doom" trägt, "strukturelle Veränderungen", die die Weltwirtschaft belasten. Als besonders folgenschwer identifizierte der Wirtschaftswissenschaftler angebotsseitig die Nachwirkungen der Corona-Pandemie, den Ukraine-Krieg, Einwanderungsbeschränkungen und Generationenprobleme. Dadurch sei nicht nur das Wirtschaftswachstum bedroht, auch die Produktionskosten fallen höher aus. "Und auf der Nachfrageseite leben wir in einer Welt, in der die private und öffentliche Verschuldung so hoch ist, dass die Defizite weiter steigen werden, weil wir mehr Geld ausgeben müssen, um die Ungleichheit zu bekämpfen, den Klimawandel zu bekämpfen, mit Pandemien umzugehen, die durch die Globalisierung und die künstliche Intelligenz entstandene Benachteiligung zu bekämpfen und so weiter und so fort", so Roubini.
Gefahr einer Lohn-Preis-Spirale
Bereits im Juni schrieb der Ökonom in einer Kolumne für "MarketWatch", dass er 2024 mit einem kurzen und flachen Wirtschaftsrückgang rechnet. "Wenn die Zentralbanken sich zurückhalten und beschließen, eine über dem Ziel liegende Inflation zuzulassen, besteht die Gefahr, dass sich die Inflationserwartungen abschwächen und eine anhaltende Lohn-Preis-Spirale entsteht", warnte er in seinem Beitrag. Auch dürfte der Aktienmarkt unter einem konjunkturellen Rückgang leiden: "Aber selbst eine kurze und seichte Rezession - geschweige denn eine harte Landung - würde zu erheblichen Kursverlusten bei amerikanischen und weltweiten Aktien führen. Und wenn die Zentralbanken dann nicht aufpassen, würde der daraus resultierende Anstieg der Inflationserwartungen die langfristigen Anleiherenditen in die Höhe treiben und schließlich den Aktienkursen schaden, da ein höherer Diskontierungsfaktor auf die Dividenden angewandt würde."
Weitere Zinserhöhungen möglich
Eine harte Landung sei mittlerweile aber deutlich weniger wahrscheinlich, wie Roubini nun im Interview mit Bloomberg erklärte. Dennoch seien die Erwartungen des Markts an Zinssenkungen ab Anfang 2024 verfrüht. Nach der Ansicht des Experten sei es nicht ausgeschlossen, dass die Fed die Zinsen sogar noch weiter anhebt. Erste Anpassungen nach unten seien dann "vielleicht gegen Mitte des Jahres" zu erwarten.
Redaktion finanzen.at
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