20.11.2015 22:57:39
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Börsen-Zeitung: Nach dem Durchbruch, Marktkommentar von Christopher Kalbhenn
Als Stütze für den Aktienmarkt erwies sich erneut die Geldpolitik. Das Protokoll der zurückliegenden Zinssitzung der amerikanischen Notenbank Fed gab weitere klare Signale, dass es im Dezember nun wohl so weit sein wird. Damit verliert die US-Leitzinswende demnächst den Status einer unbekannten Größe. Vor allem aber schwand nicht nur die Unsicherheit über den Zeitpunkt des sogenannten Liftoff. Zudem ging aus dem Dokument hervor, dass die US-Währungshüter für den kommenden Erhöhungszyklus nur einen geringen Spielraum für das Ausmaß der gesamten Anhebungen sehen.
Bestens kommuniziert
Die Zinswende in den USA, die man besser als eine teilweise Normalisierung des Leitzinsniveaus beschreiben sollte, wird daher möglicherweise weniger abträgliche Wirkungen auf die Märkte haben, als dies in der Vergangenheit der Fall gewesen ist. Sie ist ganz gewiss nicht mit dem Anfang 1994 eingeleiteten Zinserhöhungszyklus der Fed zu vergleichen, der an den Bondmärkten für Turbulenzen sorgte und dem Aktienmarkt Verluste bescherte. Damals wurden die Marktteilnehmer völlig auf dem falschen Fuß erwischt, und das in einer Phase, in der sich der Staatsanleihenmarkt in einer Euphoriephase befand, in der die Akteure fest davon ausgingen, dass sich die Aufwärtsbewegung der Kurse immer weiter fortsetzen würde. Die kommende Anhebung ist - wie es ein Investmentstratege formuliert hat - die am besten kommunizierte Leitzinserhöhung der Geschichte. Das ist nicht der einzige Unterschied. Hinzu kommt, dass der Anleihemarkt alles andere als euphorisch ist. Angesichts der etwa in Deutschland bis zur sechsjährigen Laufzeit negativen Renditen und einer Verzinsung von kaum 0,5% im zehnjährigen Bereich geht niemand ernsthaft davon aus, dass die Anleihekurse dramatisch anziehen werden.
Zudem bleibt die globale Geldpolitik insgesamt akkomodierend. Die Europäische Zentralbank (EZB) gab zuletzt klare Signale, dass sie entschlossen ist, alle verfügbaren Hebel zu nutzen, um höhere Inflationsraten zu erreichen. Das sorgte am Freitag nicht nur für ein Renditerekordtief von -0,39% bei den zweijährigen Schuldtiteln des Bundes, sondern half dem Dax auch, sich auf Schlussbasis über 11100 Punkten zu halten.
Strategen gehen aber davon aus, dass in nächster Zeit eher mit eine verhaltenen Entwicklung denn mit einer fulminanten Jahresend-Rally zu rechnen ist. So erwartet die BayernLB den Dax Ende des ersten Quartals bei 11200 Punkten. Das Institut verweist unter anderem auf die wieder deutlich bessere Investorenstimmung, die die globale Fondsmanagerumfrage von Bank of America Merrill Lynch belegt hat. Der Anteil der im Aktienmarkt übergewichteten Fonds hat sich deutlich erhöht, die Liquiditätsquoten wurden wieder deutlich abgebaut. "Insgesamt legen die Ergebnisse der Fondsmanagerumfrage die Erwartung nahe, dass an den Aktienmärkten der Rückenwind einer zurückkehrenden Risikoneigung in den kommenden Wochen bzw. Monaten nachlassen dürfte." Die Bank erwartet für die nächsten Monate neben begrenzten Kursgewinnen eine weiterhin hohe Volatilität. "Auf Basis einer stabilen Entwicklung der Weltkonjunktur mit wenig veränderter Dynamik sowie Rückenwind durch die expansive Geldpolitik vor allem der EZB sollten sich die Aktienbewertungen in Europa tendenziell noch etwas ausweiten. Von den 2016 voraussichtlich nur leicht steigenden Unternehmensgewinnen gehen nur geringe positive Einflüsse aus."
Die DZ Bank geht dagegen von rückläufigen Kursen aus. Sie erwartet den Dax Ende 2015 bei 9800 und Mitte 2016 bei 10200 Zählern. Die Erwartung eines ersten Zinsschritts der Fed im Dezember mache es den Aktienmärkten nicht leichter. Auch bei den letzten Zinswenden 1994 und 2004 hätten die Märkte mit Kursverlusten reagiert, die erst nach vielen Monaten aufgeholt worden seien. Ein weiterer zeitnaher Rücksetzer in den USA erscheine vor dem Hintergrund der beschriebenen Entwicklungen durchaus möglich. "Der Bärenmarkt, in dem sich S&P und Co. seit Mai 2015 befinden, dürfte sich fortsetzen, insbesondere nachdem jüngst auch die 200-Tage-Linie im Index nach unten durchschritten wurde."
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