27.04.2018 19:20:00
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Bierlein skeptisch gegenüber Kopftuchverbot und Staatsziel Wirtschaft
Bierlein wurde vor zwei Monaten Präsidentin des Verfassungsgerichtshofes - und äußert sich jetzt in mehreren Zeitungs-Interviews zu aktuellen Fragen der Verfassung und der Justiz.
So in den "Salzburger Nachrichten" zu den mit dem Budget 2018/19 vorgenommenen Kürzungen in der Justiz. Zwar wäre es "vielleicht zu viel gesagt", dass damit die Rechtsprechung "gefährdet" sei. "Aber auf jeden Fall werden die Verfahren durch diese Einsparungen nicht kürzer", hält Bierlein vor allem den Stellenabbau beim Kanzleipersonal für ein "großes Problem". Schon heute würde etliche Großverfahren "viel zu lange" dauern.
Bierlein "befürchtet" etwa, dass in der Causa Buwog/Grasser die "problematisch" lange Verfahrensdauer zum grundrechtlichen Problem werden könnte. Sollte ein Betroffener verurteilt werden, könnte er den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anrufen, sagte sie zu den "SN" und zum "Kurier".
"Sicher problematisch" - auch wenn die Meinungen auseinandergingen, wie weit die Religionsfreiheit betroffen ist - ist für Bierlein das von Schwarz-Blau geplante Kopftuchverbot für Mädchen unter zehn Jahren. "Ich gehe davon aus, dass alle Religionsgemeinschaften gleich behandelt werden sollten", merkte sie zum "Standard" an. Dass die Regierung das Tragen einer Kippa weiter zulassen will, kommentiert sie nicht - seien das doch "alles noch Absichtserklärungen".
Bei der geplanten bundeseinheitlichen Regelung für die Mindestsicherung hofft Bierlein, "dass sich die Regierung nach unseren Erkenntnissen richtet". Dass vom VfGH für Niederösterreich aufgehobene Punkte (Wartefrist, Deckelung) geplant sind, kommentiert sie - mit Hinweis darauf, dass die neue Regelung wohl beim VfGH landen wird - zurückhaltend: Sie könne sich "nicht vorstellen, dass der Gerichtshof in diesen Punkten von seiner Entscheidung abgeht".
"Wenig" hält Bierlein davon, das Staatsziel Wirtschaftsstandort in die Verfassung aufzunehmen. Solch eine Absichtserklärung wäre "kaum justiziabel". Außerdem hat die VfGH-Präsidentin "Sorge, dass durch Hintertüren versucht werden könnte, politischen Einfluss auf Gerichtsentscheidungen zu nehmen".
Für die geplante neuerliche Verschärfung der Strafen für Gewalt- und Sexualdelikte gibt es aus Bierleins Sicht "keinen Anlass", würde doch der bestehende Strafrahmen kaum ausgeschöpft. Zudem sollte das Strafrecht nicht ständig reformiert werden. "Etwas eigenartig" mute an, dass die Task Force vom Innen- und nicht vom Justizministerium geleitet wird, sagte die VfGH-Präsidentin zur "Presse". Für reformbedürftig hält sie allerdings die Schwurgerichtsbarkeit; sie plädiert für eine Umgestaltung in Richtung eines vergrößten Schöffengerichts.
"Demokratiepolitisch nicht wünschenswert" ist es aus Sicht der VfGH-Präsidentin, wenn Gesetze (etwa im Weg eines Initiativantrages) ohne Begutachtung beschlossen werden. "Gesetze sollten breit begutachtet werden, nicht zuletzt, um mögliche Probleme frühzeitig zu erkennen", merkt sie in den "SN" an.
(Schluss) dru
WEB http://www.verfassungsgerichtshof.at

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