Nachfrageprobleme 06.05.2024 23:47:00

Analyst Dan Ives sieht besonders brenzligen Moment bei Tesla und warnt vor möglichem "Albtraum"

Analyst Dan Ives sieht besonders brenzligen Moment bei Tesla und warnt vor möglichem "Albtraum"

• Dan Ives warnt Tesla vor zu starker Fokussierung auf Robotaxi
• Preisgünstiges "Model 2" für Wachstum von großer Wichtigkeit
• Ives: "Geduld der Investoren wird langsam sehr dünn"

Es gab Zeiten, da versprach der Tesla-CEO Elon Musk den Aktionären ein Umsatzwachstum von 50 Prozent pro Jahr. Angesichts des jüngsten Umsatzrückganges von neun Prozent zwischen Januar und März erscheint dieses Ziel geradezu absurd. Der Gewinn ging im Vergleich zum Vorjahresquartal sogar noch deutlicher zurück und fiel um ganze 55 Prozent auf 1,13 Milliarden US-Dollar.

Tesla-Investoren reagieren positiv auf früheres "Model 2"

Immerhin konnte die Meldung, dass Tesla bereits vor dem zweiten Halbjahr 2025 - und damit früher als erwartet - ein günstigeres Elektroautomodell auf den Markt bringen wird, bei den Investoren für Begeisterung sorgen. Dieses Modell wird von der Wall Street meist als "Model 2" bezeichnet. Mittels dieses neuen Fahrzeugs dürfte der Massenmarkt schon früher als erwartet erreicht werden, weiteres Wachstum scheint hier garantiert. Darüber hinaus versicherte Tausendsassa Musk, Tesla werde weiter mit Hochdruck an der Entwicklung selbstfahrender Autos ("Full Self-Driving") arbeiten. Am 8. August will der Autokonzern sein Robotaxi vorstellen. Weiterhin setzt der Tech-Visionär dabei ausschließlich auf Kameras, während Mitbewerber wie die Google-Schwester Waymo teure Spezial-Technik wie Laser-Radare verwenden.

Ives warnt Tesla vor "Glücksspiel"

Trotz dieser beiden positiv aufgenommenen Meldungen überwiegt bei vielen Analysten derzeit doch die Skepsis - so auch bei Dan Ives, Analyst beim US-Finanzdienstleistungsunternehmen Wedbush Securities. Der eigentliche Tesla-Fan schien sich jahrelang mit seinen bullishen Kurszielen für die Tesla-Aktie selbst zu überbieten, doch mittlerweile tritt Ives als einer der prominentesten Kritiker des Kurses von Elon Musk auf. Kürzlich sprach Ives gegenüber "CNBC" eine dringliche Warnung aus: Falls CEO Elon Musk dem Robotaxi eine Priorität einräumt und die Entwicklung günstigerer Elektrofahrzeuge in den Hintergrund drängt, wäre dies ein "Glücksspiel", das die Zukunft des Elektrofahrzeugherstellers für die nächsten Jahre bestimmen könnte.

Ives: Einseitige Konzentration auf Tesla könnte zum "Albtraum" werden

"Wir haben schon viele brenzlige Momente für Musk und Tesla erlebt", so Ives. "Das ist ein besonders schwerwiegender". Die einseitige Konzentration auf das Robotaxi könne für Tesla zum "Albtraum" werden. Ein Massenmarkt-Elektrofahrzeug für weniger als 30.000 US-Dollar könnte in den nächsten zwei bis drei Jahren 50 bis 60 Prozent des zusätzlichen Wachstums von Tesla ausmachen, so Ives. Ganz anders schätzte der Analyst die Chancen des Robotaxis ein. Ein vollständig autonomes Robo-Taxi könnte erst in fünf bis sechs Jahren fertig sein, prognostizierte Ives.

"Katastrophe epischen Ausmaßes"

Das Problem liege nicht darin, dass das Robotaxi-Projekt per se unprofitabel sei. Im Gegenteil, Ives zeigte sich langfristig optimistisch, was Robo-Taxis und autonomes Fahren angeht. Allerdings sollten die künftigen Projekte nicht zu Lasten des für das mittelfristige Wachstum essenziellen, kostengünstigeren Model 2 gehen. "Wenn das passieren würde, wäre das eine Katastrophe epischen Ausmaßes", zitiert "Fortune" die dringliche Warnung des Wedbush-Analysten. Anscheinend sehen dies auch die Tesla-Aktionäre so, wie ihre äußerst erleichterte Reaktion auf Musks Äußerungen zur Vorverschiebung des Model 2-Verkaufsstarts zeigte.

Nachfrageprobleme in China belasten

Ives betonte im weiteren Verlauf des Interviews zwar, dass er weiterhin ein langfristiger Tesla-Bulle sei. Aber es sei nicht von der Hand zu weisen, dass Tesla eklatante Wachstumsschwierigkeiten habe - besonders in China, wo sich Konkurrenten wie BYD, NIO, Geely oder neuerdings auch Xiaomi zuletzt immer höhere Marktanteile sichern konnten. Der Verdrängungswettbewerb bei Elektrofahrzeugen habe sich dort laut Ives zu einer "Game of Thrones"-Situation entwickelt. Auch Musks Glaubwürdigkeit stehe auf dem Spiel, denn die letzten Gewinnmitteilungen waren "Katastrophen-Horrorshows", so Ives weiter.

Zu einer ähnlichen Einschätzung kam Ives auch bereits in einer zuvor veröffentlichten Studie. Darin schrieb Ives, dass Musk und sein Unternehmen einen "Nachfragesturm der Kategorie 5" auf dem EV-Markt erleben würden. Der Analyst argumentierte, dass Tesla zwischen "zwei Wachstumswellen" feststecke - die erste angeführt von den spitzenmäßigen Verkäufen von High-End-EVs, die zweite sollte von Massenmarkt-EVs und Robo-Taxis kommen. Aber trotz dieses Narrativs "wird die Geduld der Investoren langsam sehr dünn".

Tesla-Aktie erlebt bislang ein rabenschwarzes Börsenjahr

Tatsächlich gehen Aktionäre angesichts der zahlreichen Probleme von Tesla - von Absatzproblemen und massiven Stellenstreichungen über deutliche Kurszielsenkungen vonseiten der Analysten bis hin zu Protesten gegen einen Ausbau der Gigafactory in Grünheide - schon seit Monaten in Deckung. Die Tesla-Aktie, die derzeit 180,01 US-Dollar kostet, hat seit Jahresbeginn bereits 27,56 Prozent an Wert verloren (Stand: Schlusskurs vom 2. Mai 2024) - und das, obwohl sie im Nachgang der Quartalszahlenvorlage zeitweise um mehr als 13 Prozent nach oben sprang. Von seinen Rekordhöhen bei über 400 US-Dollar aus dem Herbst 2021 ist der Tesla-Anteilsschein mittlerweile meilenweit entfernt.

Die beobachtenden Analysten attestieren der Aktie ebenso ein Abwärtspotenzial. Das durchschnittliche Kursziel beträgt laut "TipRanks" 171,99 US-Dollar und liegt 4,45 Prozent unter dem momentanen Kursniveau (Stand: Schlusskurs vom 2. Mai 2024). Die konkreten Handlungsempfehlungen zeichnen eher ein durchwachsenes Bild. Von 32 beobachtenden Experten empfehlen sieben die Papiere zum Kauf, 16 zum Halten und neun zum Verkaufen.

Redaktion finanzen.at

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