Zertifikate |
29.07.2017 03:39:45
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Renditewerkzeug für alle Marktphasen
Eigentlich funktioniert Börse ja ganz einfach. "Günstig einsteigen und später teuer verkaufen", lautet die Devise. Anleger, die zum Beispiel vor einem Jahr ihr Geld in den DAX investiert haben - etwa mit einem Indexfonds (ETF) oder einem Indexzertifikat - und diese Position heute verkaufen, würden eine ordentliche Rendite von mehr als 20 Prozent einfahren. Hätte, wenn und aber. Bekanntlich gilt im Leben - und vor allem an der Börse - aber auch: Grau ist alle Theorie.
Das Timingproblem ist so alt wie der Aktienhandel selbst. Wirkliche Lösungen und Patentrezepte gibt es nicht. Kein Analyst der Welt kann mit Sicherheit sagen, ob die Kurse dieser oder jener Aktie künftig nach oben laufen oder nicht. Anstatt sich allein auf Aktien zu konzentrieren, haben Anleger aber die Möglichkeit, ihr Depot mit Teilschutzzertifikaten zu bestücken. Mit ihnen können sie das Anlagerisiko gegenüber dem Direktinvestment mindern.
Mit den strukturierten Produkten ist es möglich, von steigenden, aber auch von seitwärts laufenden und moderat fallenden Märkten zu profitieren. Für welchen Zertifikatetyp man sich entscheidet, hängt im Wesentlichen von der Markterwartung ab, die man als Anleger für einen Basiswert hat.
Wer beispielsweise grundsätzlich vom Aufwärtspotenzial des deutschen Leitindex überzeugt ist, aber zugleich Kursrücksetzer nicht ausschließt, für den könnten sich DAX-Bonuszertifikate eignen. Eine wichtige Kennzahl dieser Papiere ist die Barriere. Sie ist eine festgelegte Kursmarke, die bei Emission des Zertifikats unter dem aktuellen Kurs des Basiswerts liegt.
Barriere bei Bonuszertifikaten
Wenn der Basiswert die Barriere während der Laufzeit des Zertifikats nicht berührt oder unterschreitet, erhalten Anleger zum Schluss eine Bonuszahlung. Sollte der Kursanstieg des Basiswerts über dem Bonuslevel liegen, nehmen Anleger mit Bonuszertifikaten vollständig daran teil. Dies gilt jedoch nicht für Papiere mit Gewinnbegrenzung (Cap). Der Cap zeigt an, bis zu welchem Kurs Anleger maximal an der Entwicklung des Basiswerts partizipieren. Im Gegenzug erwirtschaften Zertifikate mit Cap in der Regel höhere Renditen in seitwärts und leicht steigenden Märkten als klassische Bonuspapiere.
Das Prinzip bei den Bonuspapieren: Je tiefer die Barriere unter dem Basiswert liegt, desto defensiver ist das Investment ausgerichtet. Das heißt, Anleger können sich die Papiere heraussuchen, die zu ihrer Markterwartung und zu ihrer Risikobereitschaft passen.
Wer zum Beispiel davon ausgeht, dass der DAX bis Mitte Juni 2018 die Barriere von 11.000 Punkten zu keinem Zeitpunkt erreicht, für den könnte das DAX-Bonuszertifikat von BNP Paribas interessant sein (siehe pdf-Tabelle unten).Das Papier kostet derzeit rund 129 Euro. Hält die Barriere, erhalten Anleger eine Bonuszahlung von 136 Euro. Das bedeutet eine Rendite von 5,6 Prozent, was wiederum 6,1 Prozent per annum entspricht. Geht die Strategie nicht auf und die Barriere wird verletzt, nehmen Anleger wie bei einem Indexzertifikat eins zu eins an der DAX-Entwicklung teil.
Discounter in volatilen Phasen
Wer noch mehr riskieren möchte, kann beispielsweise ein Bonuspapier mit einer Barriere von 11.600 Punkten ins Visier nehmen. Dabei bietet sich das Bonuszertifikat von Goldman Sachs an, das ebenfalls bis Mitte Juni 2018 läuft (siehe Tabelle). Aktuell kostet es rund 131 Euro. Hält die Barriere, dann erhalten die Anleger zum Schluss eine Bonuszahlung von 144 Euro. Die Rendite beträgt in diesem Fall 10,2 Prozent, das sind 11,1 Prozent per annum.
Alternativ zu Bonuszertifikaten eignen sich auch Discountpapiere für seitwärts bis leicht aufwärts laufende Marktphasen. Wie der Name schon andeutet, erhalten Anleger bei ihnen den Basiswert zu einem Rabattpreis. Bezieht sich ein Discountzertifikat auf eine Aktie, die bei 100 Euro notiert, so könnte der Rabatt beispielsweise zehn Prozent betragen. Anleger erhalten den Discounter also für 90 Euro.
Am Laufzeitende orientiert sich die Rückzahlung am Kurs der Aktie. Anleger sind mit dem Papier somit gegen Kurseinbrüche von bis zu zehn Prozent abgesichert. Diesen Vorteil gibt es aber nicht umsonst. Die Käufer partizipieren nur bis zu einer festgelegten Kursmarke am Anstieg des Basiswerts. So könnte die Gewinnbegrenzung (Cap) im obigen Beispiel bei 100 Euro liegen. Die maximal mögliche Rendite wäre hier also gut elf Prozent. Für Zertifikatekäufer sind Discountpapiere besonders in volatilen Börsenphasen lukrativ. Denn es gilt:
Je größer die erwarteten Kursschwankungen des Basiswerts - im Fachjargon spricht man von impliziter Volatilität -, desto höher der Rabatt.
Ein vergleichsweise volatiler Basiswert aus dem DAX ist die Aktie der Commerzbank. Die HypoVereinsbank bietet ein Discountzertifikat auf sie an, das bis Mitte Juni 2018 läuft (siehe Tabelle). Das Papier kostet aktuell rund 9,60 Euro - der Rabatt liegt damit bei circa neun Prozent. Der Cap ist bei elf Euro fixiert. Sollte die Commerzbank-Aktie am Laufzeitende auf oder über elf Euro notieren, dann erhalten Anleger elf Euro. Die maximale Rendite liegt damit bei 14,8 Prozent, das entspricht 16,2 Prozent per annum.
Befindet sich hingegen der Aktienkurs unterhalb des Caps, orientiert sich die Rückzahlung am Kursstand des Titels. Liegt dann der Kurs unterhalb des Kaufpreises des Zertifikats, gerät das Investment in die roten Zahlen.
Renditekick mit Hebel
Für offensive Anleger, die an eine künftige Kursrally glauben, eignen sich Hebelzertifikate. Mit ihnen nehmen sie überproportional an steigenden Kursen eines Basiswerts teil. Outperformancezertifikate sind bekannt für ihre kleinen Hebel von 1,5 oder zwei. Den Hebel nennt man bei diesen Papieren auch Partizipationsrate. Ein Hebel von 1,5 entspricht einer Partizipationsrate von 150 Prozent. Notiert der Kurs des Basiswerts bei Fälligkeit des Zertifikats über dem am Ausgabetag fixierten Kurs (Basispreis), nehmen Anleger gemäß der Partizipationsrate daran teil.
Unterhalb des Basispreises bilden die Outperformancescheine Kursverluste eins zu eins ab, Verluste werden also nicht gehebelt. Dies klingt zunächst nach der sogenannten Eier legenden Wollmilchsau - nach einem Investment, das nur Vorteile bietet. Die Kehrseite der Medaille: Anleger verzichten wie bei allen Teilschutzzertifikaten auf etwaige Dividenden der unterlegten Aktien. Diese verwenden die Emittenten zur Finanzierung der Zertifikatestruktur. Und im Gegensatz zu den beschriebenen Bonus- und Discountzertifikaten sind keine Seitwärtsrenditen möglich.
Kennzahlen beachten
Bei der Auswahl eines solchen Outperformancepapiers ist es wichtig, dass der aktuelle Kurs des Basiswerts in etwa auf dem Niveau des Basispreises, also dem Kurs am Ausgabetag des Zertifikats, liegt. Denn notiert der aktuelle Kurs über dem Niveau des Basispreises, wirkt der Hebel auch nach unten.
Für DAX-Fans könnte derzeit zum Beispiel das Outperformancezertifikat der Deutschen Bank (siehe Tabelle) infrage kommen, das bis Jahresende läuft. Die Partizipationsrate liegt bei 150 Prozent und der Basispreis bei 12.500 Punkten. Das Zertifikat partizipiert somit am Laufzeitende zu 150 Prozent an Kursgewinnen über einem DAX-Niveau von 12.500 Zählern. Unterhalb dieser Kursmarke bildet das Papier die Indexperformance eins zu eins ab.
Faktorzertifikate für Mutige
Wem die Hebel dieser Papiere zu gering sind, der kann sich Faktorzertifikate genauer ansehen. Ihre Laufzeit ist im Gegensatz zu den oben erwähnten Zertifikatetypen unbegrenzt. Faktorpapiere haben einen konstanten Hebel, der sich stets auf die Tagesperformance des Basiswerts bezieht. Wie groß der Hebel ist, verrät der Faktor. Steigt etwa der DAX, auf den sich ein Faktorzertifikat mit einem Faktor von vier bezieht (siehe Tabelle), an einem Tag um ein Prozent, erhöht sich der Zertifikatekurs um vier Prozent. Der Hebel wirkt aber auch negativ: Sollte sich die Markterwartung nicht erfüllen, werden die Verluste dem Faktor entsprechend gehebelt.
Fazit: Zertifikate sind Alleskönner, die ihre Stärken in allen Kursphasen ausspielen können. Anleger kommen jedoch nicht drum herum, selbst herauszufinden, welches Papier sich im Einzelnen für welche Marktphase am besten für sie eignet.
Glossar:
Basiswert Jedes Zertifikat bezieht sich auf einen Basiswert. Das kann zum Beispiel eine Aktie, ein Index, ein Rohstoff oder eine Währung sein. Die Wertentwicklung des Zertifikats hängt von der Performance des Basiswerts ab. Die Emittenten informieren Anleger vorab darüber, was sie in welchem Börsenszenario am Laufzeitende erwartet.
Cap In den Auszahlungsprofilen von Zertifikaten, die man auch auf den Internetseiten der Emittenten findet, ist bei bestimmten Papieren eine Gewinnbegrenzung angegeben. Dieser sogenannte Cap ist ein festgelegter Höchstkurs, bis zu dem der Inhaber des Zertifikats von einem Kursanstieg des Basiswerts profitiert.
Hebel Mit Hebelzertifikaten nehmen Anleger überdurchschnittlich an der Kursentwicklung des Basiswerts teil. Je größer der Hebel, desto renditeträchtiger ist das Zertifikat. Zugleich steigt mit der Hebelstärke aber auch das Risiko. Erfüllt sich die Markterwartung nicht, kann es zu hohen Verlusten kommen.
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