31.07.2017 15:26:43

UPDATE/Autoindustrie muss beim Diesel-Gipfel liefern

   --Merkel will Antworten

   --Finanzministerium lehnt Kaufprämie ab

   --Scharfe Kritik der Umwelthilfe

   (NEU: mehr Details, Finanzministerium, fasst Meldungen zusammen)

   Von Stefan Lange

   BERLIN (Dow Jones)--Kurz vor dem Gipfeltreffen zur Diesel-Abgasaffäre hat Kanzlerin Angela Merkel den Druck auf die deutsche Fahrzeugindustrie erhöht und erstmals auch Schadenersatz ins Spiel gebracht. Das Treffen am Mittwoch sei dazu da, dass die Politik ihre Erwartungen an die Autoindustrie formuliere, sagte Vize-Regierungssprecherin Ulrike Demmer. "Es geht zum einen darum: Welche Manipulationen gab es und wie wird die Industrie den hierdurch entstandenen Schaden wieder gutmachen?" Heftige Kritik kam derweil erneut von der Deutschen Umwelthilfe.

   Demmer sagte, Deutschland brauche eine starke, innovative, "aber eben auch ehrliche Autoindustrie". Es habe in 28 Städten unzulässige Belastungen durch Feinstaub gegeben. Auch hier wolle die Bundesregierung wissen, wie die Industrie reagieren könne, sagte die Sprecherin mit Blick auf das Gipfeltreffen, das unter der Bezeichnung "Nationales Forum Diesel" stattfindet.

   Politiker der Bundesregierung treffen sich dazu am Mittwochvormittag (11:30 Uhr) in Berlin mit Vertretern einiger Bundesländer sowie der Autokonzerne. Regierung und Länder wollen einen Forderungskatalog vorlegen, der sich derzeit noch in der Abstimmung befindet. Merkel wird nicht teilnehmen, wie Demmer erklärte. Statt ihrer wird demnach Staatsminister Helge Braun dabei sein. Die Kanzlerin sei "in alles eingebunden und gut informiert", versicherte Demmer.

Maßnahmen vereinbaren Ziel des Treffens sei es, "die Diskussion über die Optimierung von Dieselfahrzeugen zu bündeln und Maßnahmen zur Reduzierung der Schadstoffemission dieser Diesel-Pkw zu vereinbaren", sagte Demmer. Gleichzeitig machte die Regierung aber auch deutlich, dass sie mit den Konzernen nicht allzu hart ins Gericht gehen wird. Es gelte, "an diesem Punkt zu kritisieren, was zu kritisieren ist, aber immer auch in dem Bewusstsein, dass es sich um einen strategisch wichtigen Industriezweig in Deutschland handelt", sagte Demmer.

   Das Bundesfinanzministerium lehnte derweil Forderungen nach staatlichen Kaufanreizen für alte Diesel ab, wie sie vom niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil (SPD) und seinem bayerischen Amtskollegen Horst Seehofer (CSU) ins Spiel gebracht wurden. Sprecher Jürg Weißgeber erklärte, das Ministerium halte eine Debatte darüber nicht für sinnvoll. Sie sei außerdem verfrüht. Das Thema sei "sehr komplex und steuerliche Fragen sind nicht der Startpunkt der Debatte". Darüber hinaus müssten natürlich die Ergebnisse des Autogipfels abgewartet werden.

Dobrindts Haus weist Vorwürfe zurück Ein Sprecher des Verkehrsministeriums widersprach einem Medienbericht, wonach das Haus von Minister Alexander Dobrindt (CSU) einen Bericht der Untersuchungskommission Volkswagen zugunsten von Porsche "entschärft" habe. Der Bericht habe Missstände eindeutig benannt und auf Zweifel bei sogenannten Thermofenstern hingewiesen. Im Ergebnis sei es zu einer freiwilligen Rückrufaktion von 630.000 Audi, Mercedes, Opel, Porsche und VW gekommen.

   SPD-Spitzenkandidat Martin Schulz forderte indes Informationen von Dobrindt. "Die Vorgänge im Kraftfahrtbundesamt müssen lückenlos aufgeklärt werden. Und Minister Dobrindt muss erklären, wann sein Haus von diesen Vorgängen erfahren hat", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Es sei unerträglich, dass Merkel "dem Treiben von Herrn Dobrindt und seiner Behörde" seit Monaten tatenlos zuschaue.

Umwelthilfe spricht von Kriminalität Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) erhob schwere Vorwürfe gegen Politik und Autoindustrie. "Wir haben es hier mit Wirtschaftskriminalität zu tun", erklärte DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch. Die Autokonzerne hätten "durch vorsätzlichen Betrug" Gewinne in Millionenhöhe gemacht. Bund und Länder seien für diesen "größten Industrieskandal der deutsche Nachkriegsgeschichte" verantwortlich, meinte Resch.

   Er sei gespannt, ob Gerichte und Behörden wirklich den Mut hätten, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen, sagte Resch. Dem Kraftfahrtbundesamt warf er in diesem Zusammenhang vor, illegale Abschaltvorrichtungen in den Fahrzeugen "im Schweinsgalopp" nachträglich zu legalisieren.

   Resch sprach sich ebenfalls gegen Kaufanreize für alte Diesel aus. Euro-6-Diesel seien um ein Vielfaches schmutziger als Benziner, erklärte Resch. Es gebe keinen Grund, "solchen Luftverpestern" Steuergelder zu geben. Ähnlich hatte sich zuvor bereits der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbandes, Klaus Müller, im ZDF-Morgenmagazin geäußert.

   Kontakt zum Autor: stefan.lange@wsj.com

   DJG/stl/sha

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   July 31, 2017 08:56 ET (12:56 GMT)

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