23.01.2015 09:52:00
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Swisscanto: "Politik der US-Notenbank ist jetzt entscheidend"
Thomas Liebi, Chefökonom von Swisscanto, spricht im Interview über das Anleihekaufprogramm der EZB, die Aufheung der Franken-Euro-Bindung den niedrigen Ölpreis.
Was bedeutet die Aufhebung der Franken-Euro-Bindung für den europäischen Markt?
Thomas Liebi: Der Schweizer Franken ist mittlerweile deutlich überbewertet. Solange aber die Unsicherheit über die konjunkturelle Entwicklung und politische Risiken in der Eurozone anhalten, dürfte sich der Franken nur leicht abschwächen gegenüber dem Euro. Wir gehen davon aus, dass sich der CHF-EUR-Kurs mittelfristig bei etwa 1,10 einpendeln dürfte. Europäische Aktien sind weiterhin eher günstig sind und bieten interessante Perspektiven, insbesondere aus Frankensicht. Die Zinsdifferenz zwischen schweizerischen und deutschen Staatsanleihen dürfte zwar aufgrund der anhaltenden Unsicherheiten im Euroraum nicht ganz verschwinden, scheint aber derzeit zu hoch. Wir erwarten diesbezüglich eine gewisse Konvergenz.
Wie wird sich die Aufwertung des Franken auf das Verhältnis von Euro und Dollar auswirken?
Thomas Liebi: Die Aufwertung des Frankens dürfte höchstens einen geringfügigen Einfluss auf das Verhältnis von Euro und Dollar haben. Mit der Aufhebung des Mindestkurses wird die Schweizerische Nationalbank zwar künftig weniger Euro kaufen, aber andere Faktoren wie die Zinspolitik der US-Notenbank oder die konjunkturelle Entwicklung in der Eurozone sind viel gewichtiger.
Welche Meinung vertreten Sie im Hinblick auf den niedrigen Ölpreis?
Thomas Liebi: Der massive Rückgang des Ölpreises ist ein willkommener Stimulus für erdölimportierende Länder, insbesondere für Japan und die Eurozone, wo das Wirtschaftswachstum seit längerem enttäuscht. Die positiven Auswirkungen auf Konsum und Investitionen werden sich allerdings erst mittelfristig zeigen, dürften sich allerdings schon bald in den Umfragen zum Geschäftsklima widerspiegeln.
Welche Auswirkungen erwarten durch die gestern von der EZB getroffenen Maßnahmen?
Thomas Liebi: Mit der Ankündigung, im Rahmen der quantitativen Lockerung auch Staatsanleihen zu kaufen, hat die EZB ihre Bereitschaft unterstrichen, das von ihr angestrebte Inflationsziel zu erreichen. Der Euro dürfte sich vor allem gegenüber dem Dollar tendenziell weiter abschwächen. Entscheidend ist aber auch die weitere Politik der US-Notenbank. Sollte diese aufgrund der gesunkenen Inflationserwartungen und des stärkeren Dollars den ersten Zinsschritt nach hinten verschieben, wäre das Abwertungspotenzial des Euro begrenzt.

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