14.06.2011 17:12:41
|
ETF-Handel weder Fisch noch Fleisch
Frankfurt (aktiencheck.de AG) - Angesichts ihrer Orientierungslosigkeit entscheiden sich ETF-Anleger im Zweifel für Indextracker mit europäischem Anstrich, so die Deutsche Börse AG.
Der Versicherungsbranche und den Emerging Markets würden sie lieber den Rücken kehren. Die einen würden bei einem viel diskutierten Haircut für Griechenland womöglich zur Kasse gebeten, die anderen würden die steigende Inflation nur schwerlich in den Griff bekommen.
Feiertagsbedingt ruhig und ohne eindeutige Tendenz präsentiere sich der Handel mit Exchange Traded Funds, würden die Market Maker berichten. Von einem deutlichen Kaufüberhang etwa spreche Mark Schönbrodt. "Statistisch gesehen liegt das Verhältnis von Käufen zu Verkäufen etwa bei 75 zu 25 Prozent", fasse der Händler der DekaBank die Transaktionen in Zahlen zusammen. Mehr Abgaben als Käufe registriere dagegen die UniCredit Bank. "Es gibt zwar auch Abnehmer, bei den großen Anteilspaketen überwiegen aber die Verkäufe", bemerke Bastian Ohta. Den Grund vermute der Händler in der unbeständigen Großwetterlage in Europa und den USA. Von einem ausgeglichen Handel spreche wiederum Flow Traders. Auch für ihn würden die ungelöste Schuldenproblematik Griechenlands und die eingetrübten konjunkturellen Aussichten in Nordamerika die Hauptrollen spielen. "Solange diese Probleme im Raum stehen, fehlen die Impulse", glaube Bernardus Roelofs.
Die hohe Volatilität der großen Bluechip-Indices lasse auch ETF-Anleger nicht kalt. "Alles in allem ist der Appetit für Dax und Co. derzeit allenfalls mäßig", berichte Bastian Ohta. Weil die Marktlage insgesamt wenig vorhersehbar sei, würden sich ETF-Anleger stärker an charttechnischen Punkten orientieren, beobachte der Händler. Für mutige Anleger könne der Einstieg etwa bei ETFs, die den englischen FTSE abbilden würden, durchaus eine Überlegung sein. "Bei den geringen Handelsumsätzen gibt es aufgrund des hohen Bestandes im Markt für Anleger das ein oder andere Schnäppchen", glaube der Händler und stelle den Vergleich zur Automobilbranche her. "Das ist, als bekämen sie einen Porsche mit einem Abschlag von 10 Prozent."
Von einem uneinheitlichen Handel bei den großen Indices spreche auch Flow Traders. Auf der einen Seite erkenne Roelofs einen Kaufüberhang für DAX und EURO STOXX 50 (iShares DAX (R) (DE)). Ein anderes Mal hätten sich Anleger tendenziell von ETFs (AMUNDI ETF EURO STOXX 50) auf den deutschen oder den europäischen Leitindex getrennt. Wenig angetan scheinen Investoren zudem von den wirtschaftlichen Aussichten in Nordamerika und stoßen beispielsweise ETFs (iShares NASDAQ-100 (R) (DE)) ab, die den Nasdaq 100 nachbilden, so die Deutsche Börse AG.
Von Abgaben geprägt hätten sich auch in dieser Woche Tracker (Lyxor ETF DJ Stoxx 600 Insurance) der Versicherungsbranche gezeigt. Dem Sektor mache die Diskussion um den möglichen Schuldenschnitt für Griechenland zu schaffen. "Es geht darum, welche Versicherungskonzerne bei einem möglichen Schuldenerlass im Rahmen einer Kreditausfallversicherung vertraglich leisten müssen", erkläre Frank Mohr. Weil diese Frage unbeantwortet im Raum stehe, hätten sich Marktteilnehmer tendenziell von der Branche insgesamt verabschiedet.
An Fahrt verloren habe zudem der Gesundheitssektor (LYXOR ETF STOXX EUROPE 600 HEALTH CARE). In den Wochen zuvor seien Anteile an Unternehmen dieser antizyklischen Branche etwa in Form von ETFs vermehrt gekauft worden. "Vermutlich handelt es sich bei den Abgaben um Gewinnmitnahmen", glaube der Händler der Commerzbank. Dem europäischen Einzelhandel würden ETF-Liebhaber scheinbar mehr zutrauen und sich den Sektorfonds STOXX Europe 600 Retail (ISIN DE000A0H08P6/ WKN A0H08P) ins Depot legen. Unterm Strich gesucht sei Schönbrodt zufolge auch Unternehmen aus dem Grundstoffe-Sektor (STOXX Europe 600 Optimised Basic Resources Source ETF).
Wenig Faszination auf ETF-Investoren würden gegenwärtig scheinbar die aufstrebenden Nationen ausüben. "In vielen Schwellenländern steht das Thema Inflation im Vordergrund", wisse Stefano Valenti. China bekomme beispielsweise trotz Preiskontrollen und Zinserhöhungen die Inflation nicht in den Griff. Die Teuerungsrate habe im Mai mit 5,5 Prozent den höchsten Stand seit knapp drei Jahren erreicht. Deshalb hielte sich dem Händler der UniCredit zufolge das Engagement der Anleger beispielsweise in China eher in Grenzen. "Anleger konzentrieren sich lieber auf die entwickelten Länder", beobachte Valenti.
Auch Roelofs mache einen Verkaufsüberhang bei an Schwellenländer-Indices gekoppelten ETFs (iShares MSCI Emerging Markets (DE)) aus. Weniger betroffen seien Tracker (db x-trackers MSCI RUSSIA CAPPED INDEX ETF 1D) mit russischem Fokus, für die Flow Traders in dieser Woche verstärkt Abnehmer verbuche.
Viel Bewegung erkenne Schönbrodt im ETF-Markt für Anleihen. Zuspruch gebe es beispielsweise für einen Korb von Unternehmensanleihen (ETFlab iBoxx EUR Liquid) und für Tracker (iShares Barclays Capital EUR Inflation Linked Bond (DE)) mit inflationsgeschützten Bonds. Weniger beliebt würden sich der DekaBank zufolge fünf- bis zehnjährige europäische Staatsanleihen (ETFlab Deutsche Boerse EUROGOV (R) Germany 5-10) zeigen, die in Summe verkauft würden. An europäischen Kurzläufern (db x-trackers II iBoxx EUR Sovere Eurozone 1-3 Total Return) mit einer Restlaufzeit von ein bis drei Jahren würden ETF-Anleger derzeit ebenfalls wenig Gefallen finden. Sie würden unterm Strich veräußert. (14.06.2011/fc/a/f)
Wenn Sie mehr über das Thema Fonds erfahren wollen, finden Sie in unserem Ratgeber viele interessante Artikel dazu!
Jetzt informieren!