Euro am Sonntag |
09.07.2016 03:00:02
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Britische Fonds suchen neue Standorte
von Andreas Hohenadl, Euro am Sonntag
Sind Luxemburg und Dublin die lachenden Dritten bei dem EU-Austritt Großbritanniens? Aus Sicht der Fondsbranche könnte es so kommen. Denn verabschiedet sich die Insel tatsächlich aus der Europäischen Gemeinschaft, werden die dort angesiedelten Investmenthäuser ihre Fonds wohl nicht mehr so einfach in der EU verkaufen können.
"Bis dato konnten die britischen Institute den sogenannten Europäischen Pass nutzen. Dadurch war es ihnen möglich, ihre Bank- und Finanzdienstleistungsprodukte direkt von Großbritannien aus innerhalb der EU zu vertreiben. Nach einem Austritt ist dies nicht mehr ohne Weiteres möglich", erklärt der auf Kapitalmarktrecht spezialisierte Anwalt Stephan Greger.
Ein Ausweg wäre es dann, im irischen Dublin oder in Luxemburg neue Gesellschaften zu gründen, um künftig von dort aus die Fonds in die EU-Länder zu vertreiben. Beide Standorte sind schon jetzt die bedeutendsten Fondszentren in der Union. Diese Lösung könnten dann auch Anlagegesellschaften aus Asien oder den USA anstreben, die gegenwärtig London als europäischen Stützpunkt nutzen.
Ob es so kommt, hängt von den künftigen Verhandlungen ab. Und von der Frage, wie die Handelsbeziehungen zwischen der EU und den Briten aussehen werden. Im schlimmsten Fall würde Großbritannien als "Drittstaat" eingestuft werden. Dann müssten Fonds, um in der EU vertrieben werden zu dürfen, eine Zulassung der nationalen Aufsichtsbehörden erhalten. In Deutschland wäre dafür die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) zuständig.
All das würde den Verwaltungsaufwand erhöhen, die Kosten in die Höhe treiben und letztlich zu Wettbewerbsnachteilen führen. Da dies nicht im Sinne der britischen Finanzbranche ist, wird sie sich wohl vehement für eine Lösung nahe dem Status quo einsetzen.
Dennoch sind einige Fondsgesellschaften bereits aktiv geworden. M & G Investments beispielsweise plant, "die Anzahl der in Irland domizilierten Fonds zu vergrößern", so eine Unternehmenssprecherin gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. M & G hat im Gegensatz zu vielen Konkurrenten keine bedeutenden Vertriebsstützpunkte in Dublin oder Luxemburg.
Ganz anders Aberdeen Asset Management. Nach dem Bekanntwerden des Brexit-Votums beruhigte die Fondsgesellschaft umgehend per Pressemitteilung: "Unsere größte länderübergreifende Fondspalette für Anleger außerhalb des UK ist in Luxemburg domiziliert. Unseres Erachtens wird sich das Referendum weder auf unser Geschäft innerhalb des UK noch auf unser internationales Geschäft substanziell auswirken."
Gelassen sollten auch deutsche Anleger bleiben, die britische Fonds besitzen. Denn nach Expertenansicht dürften diese eine Art Bestandsschutz bekommen. "Die in der Vergangenheit vertriebenen Finanzprodukte wurden durch den EU-Pass mit Erlaubnis vertrieben. Durch einen Austritt Großbritanniens ändert sich daran nichts", so Rechtsanwalt Greger.
Investor-InfoBritische Fonds
Ob Anleger einen britischen Fonds besitzen, verrät ihnen in der Regel die internationale Wertpapierkennnummer (ISIN). Diese beginnt mit dem Kürzel GB, wenn der Fonds sein Domizil in Großbritannien hat. Das ist bei vielen Portfolios von M & G, First State und Stewart Investors der Fall. Dagegen haben zahlreiche hier erhältliche Fonds der britischen Anbieter Henderson oder Aberdeen das Kürzel LU in der ISIN. Sie haben ihren rechtlichen Sitz in Luxemburg. Bei Barings sind etliche Fonds in Irland (IE) aufgelegt.
Europäische Fondsdomizile
Nach Daten des europäischen Dachverbands der Investmentverbände EFAMA dominiert Luxemburg den rund acht Billionen Euro schweren Fondsmarkt in Europa. In dem Kleinstaat haben Fonds mit einem Anlagevolumen von fast drei Billionen Euro ihr Domizil. Dahinter folgen Irland und Großbritannien. Im Zuge eines Brexit könnten nun viele britische Fonds ihren rechtlichen Standort nach Irland und Luxemburg verlagern. Rund 13 Prozent der in der EU zum Vertrieb zugelassenen Fonds stammen von der Insel.
Erste britische Immobilienfonds bereits eingefroren
Nach den britischen Versicherern Aviva und Standard Life" target="_blank">Standard Life hat nun auch Prudential einen britischen Immobilienfonds vorübergehend geschlossen.
Sind Luxemburg und Dublin die lachenden Dritten bei dem EU-Austritt Großbritanniens? Aus Sicht der Fondsbranche könnte es so kommen. Denn verabschiedet sich die Insel tatsächlich aus der Europäischen Gemeinschaft, werden die dort angesiedelten Investmenthäuser ihre Fonds wohl nicht mehr so einfach in der EU verkaufen können.
"Bis dato konnten die britischen Institute den sogenannten Europäischen Pass nutzen. Dadurch war es ihnen möglich, ihre Bank- und Finanzdienstleistungsprodukte direkt von Großbritannien aus innerhalb der EU zu vertreiben. Nach einem Austritt ist dies nicht mehr ohne Weiteres möglich", erklärt der auf Kapitalmarktrecht spezialisierte Anwalt Stephan Greger.
Ein Ausweg wäre es dann, im irischen Dublin oder in Luxemburg neue Gesellschaften zu gründen, um künftig von dort aus die Fonds in die EU-Länder zu vertreiben. Beide Standorte sind schon jetzt die bedeutendsten Fondszentren in der Union. Diese Lösung könnten dann auch Anlagegesellschaften aus Asien oder den USA anstreben, die gegenwärtig London als europäischen Stützpunkt nutzen.
Ob es so kommt, hängt von den künftigen Verhandlungen ab. Und von der Frage, wie die Handelsbeziehungen zwischen der EU und den Briten aussehen werden. Im schlimmsten Fall würde Großbritannien als "Drittstaat" eingestuft werden. Dann müssten Fonds, um in der EU vertrieben werden zu dürfen, eine Zulassung der nationalen Aufsichtsbehörden erhalten. In Deutschland wäre dafür die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) zuständig.
All das würde den Verwaltungsaufwand erhöhen, die Kosten in die Höhe treiben und letztlich zu Wettbewerbsnachteilen führen. Da dies nicht im Sinne der britischen Finanzbranche ist, wird sie sich wohl vehement für eine Lösung nahe dem Status quo einsetzen.
Dennoch sind einige Fondsgesellschaften bereits aktiv geworden. M & G Investments beispielsweise plant, "die Anzahl der in Irland domizilierten Fonds zu vergrößern", so eine Unternehmenssprecherin gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. M & G hat im Gegensatz zu vielen Konkurrenten keine bedeutenden Vertriebsstützpunkte in Dublin oder Luxemburg.
Ganz anders Aberdeen Asset Management. Nach dem Bekanntwerden des Brexit-Votums beruhigte die Fondsgesellschaft umgehend per Pressemitteilung: "Unsere größte länderübergreifende Fondspalette für Anleger außerhalb des UK ist in Luxemburg domiziliert. Unseres Erachtens wird sich das Referendum weder auf unser Geschäft innerhalb des UK noch auf unser internationales Geschäft substanziell auswirken."
Gelassen sollten auch deutsche Anleger bleiben, die britische Fonds besitzen. Denn nach Expertenansicht dürften diese eine Art Bestandsschutz bekommen. "Die in der Vergangenheit vertriebenen Finanzprodukte wurden durch den EU-Pass mit Erlaubnis vertrieben. Durch einen Austritt Großbritanniens ändert sich daran nichts", so Rechtsanwalt Greger.
Investor-Info
Britische Fonds
Der Blick aufs Kürzel
Ob Anleger einen britischen Fonds besitzen, verrät ihnen in der Regel die internationale Wertpapierkennnummer (ISIN). Diese beginnt mit dem Kürzel GB, wenn der Fonds sein Domizil in Großbritannien hat. Das ist bei vielen Portfolios von M & G, First State und Stewart Investors der Fall. Dagegen haben zahlreiche hier erhältliche Fonds der britischen Anbieter Henderson oder Aberdeen das Kürzel LU in der ISIN. Sie haben ihren rechtlichen Sitz in Luxemburg. Bei Barings sind etliche Fonds in Irland (IE) aufgelegt.
Europäische Fondsdomizile
Kleinstaat ganz groß
Nach Daten des europäischen Dachverbands der Investmentverbände EFAMA dominiert Luxemburg den rund acht Billionen Euro schweren Fondsmarkt in Europa. In dem Kleinstaat haben Fonds mit einem Anlagevolumen von fast drei Billionen Euro ihr Domizil. Dahinter folgen Irland und Großbritannien. Im Zuge eines Brexit könnten nun viele britische Fonds ihren rechtlichen Standort nach Irland und Luxemburg verlagern. Rund 13 Prozent der in der EU zum Vertrieb zugelassenen Fonds stammen von der Insel.
Erste britische Immobilienfonds bereits eingefroren
Nach den britischen Versicherern Aviva und Standard Life" target="_blank">Standard Life hat nun auch Prudential einen britischen Immobilienfonds vorübergehend geschlossen.
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