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Kehrtwende |
24.05.2020 17:21:00
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Starker US-Dollar? Für Trump auf einmal kein Problem mehr
• Zinspolitik der Fed im Mittelpunkt
• Analysten zu Trump und US-Dollar zwiegespalten
US-Präsident Donald Trump machte in den vergangenen Jahren keinen Hehl daraus, dass er sich einen schwächeren US-Dollar wünschte. Immer wieder kritisierte er den starken Greenback und hob dessen Nachteile für US-Firmen und die US-Wirtschaft hervor. Seine Kommentare schürten dabei am Markt im vergangenen Sommer sogar Sorgen um eine mögliche Intervention der USA am Devisenmarkt mit dem Ziel, den US-Dollar zu schwächen. Doch obwohl der US-Dollar gerade in der Corona-Krise extrem gefragt ist und dadurch zu anderen Währungen weiter aufwerten konnte, ist von der einstigen Dollar-Kritik des US-Präsidenten jetzt auf einmal nichts mehr zu spüren.
Trump: "Es ist eine großartige Zeit, um einen starken Dollar zu haben"
In einem Interview mit "Fox News" war US-Präsident Donald Trump in der vergangenen Woche auf einmal voll des Lobes für den starken US-Dollar. Die Dollar-Stärke sei "eine großartige Sache" und es sei "eine großartige Zeit, um einen starken Dollar zu haben", so Trump. Jeder wolle gerade in den Dollar und die USA investieren, um in den Genuss der Sicherheit seines Landes zu kommen, schwärmte der US-Präsident weiter. An dieser Situation schrieb er sich selbst auch einen bedeutenden Anteil zu: "Jeder will im Dollar sein, weil wir ihn stark gehalten haben. Ich habe ihn stark gehalten", sagte Trump. Er gab zwar zu, dass ein starker Dollar den internationalen Handel für US-Firmen erschwere - was auch seine ursprünglichen Bedenken waren - sprach dieser Tatsache jedoch kein allzu großes Gewicht mehr zu. Stattdessen bewerte er die Dollar-Stärke aus dem "Blickwinkel des Landes und der Inflation". "Wenn man keine Inflation hat, dann hat man keine Probleme", lautete daher sein Fazit.
Nach Veröffentlichung des Interviews am vergangenen Donnerstag konnte der Dollar erneut etwas zulegen. Analysten sahen das Kursplus allerdings weniger in Trumps neuentdeckter Liebe zum starken US-Dollar begründet. So sagte etwa Credit-Suisse-Analyst Shahab Jalinoos laut "Financial Times", dass die Marktreaktionen auf solche Kommentare von Trump nur minimal seien, gerade weil er für seine Inkonsistenz bekannt sei. Und auch die Devisenstrategin Kathy Lien von BK Asset Management äußerte gegenüber "MarketWatch", dass "Trumps Dollar-Ausblick keine wirklichen Auswirkungen auf dessen Richtung" habe. Sie glaubt, dass der US-Dollar Ende der vergangenen Woche eher aufgrund der Spannungen mit China gestiegen sei - und weil Fed-Chef Jerome Powell sich am Donnerstag in einem Kommentar klar gegen Negativzinsen ausgesprochen hatte.
Gibt die Fed-Politik die Richtung für Trumps Äußerungen vor?
Tatsächlich dürfte vor allem die Politik der US-Notenbank der Auslöser dafür sein, dass Trump von seiner Forderung nach einem schwachen US-Dollar abgekehrt ist. Denn in der Vergangenheit hatte er mit der Dollar-Kritik häufig auch die Forderung nach einer Zinssenkung verbunden. Um die US-Wirtschaft in der Corona-Krise zu stützen, hat die Fed die Leitzinsen inzwischen jedoch nahezu auf Null gesenkt. Das lobte auch Trump im Interview mit "Fox News": "Sie wissen, dass wir gerade keine Zinsen bezahlen, richtig. Das ist auch noch nie passiert. Wir bezahlen so wenig", sagte der US-Präsident, der sich aber bei einer anderen Gelegenheit in der vergangenen Woche nichtsdestotrotz für negative Leitzinsen aussprach. Für Anleger ist der Dollar momentan aber auch gerade deshalb attraktiv, weil die Fed noch keine Negativzinsen eingeführt hat. Analyst Thierry Wizman von Macquarie Futures sprach laut "MarketWatch" in einer Studie aus der vergangenen Woche davon, dass der US-Dollar im Gegensatz zu vielen seiner großen Rivalen immer noch über einen Boden verfüge - und zwar trotz der Schritte, die die Fed in den letzten Wochen unternommen habe, um die internationale Nachfrage nach der US-Währung zu befriedigen. Das verschaffe dem Dollar einen Vorteil gegenüber anderen Währungen und steigere seine Attraktivität als sicherer Hafen.
Analysten rätseln über Trumps Richtungswechsel
Einige Analysten vermuten jedoch eine neue Agenda hinter Trumps nun plötzlich positiver Einstellung zum starken US-Dollar. Währungsstratege Mark McCormick vom kanadischen Finanzdienstleister TD Securities gab etwa gegenüber der "Financial Times" zu bedenken, dass der Wahlkampf in den USA ein wichtiger Faktor sein könnte. Er glaubt, der starke Dollar könnte zu einer Art Wahlkampfslogan werden, um die Sonderstellung der USA auch in Zeiten von Rezession und extremer Arbeitslosigkeit hervorzuheben. "Schaut her wie großartig sich unser Dollar schlägt. Das bedeutet Amerika schlägt sich auch gut", so McCormick mit Blick auf einen möglichen Wahlkampfslogan der Trump-Regierung.
Andere Experten glauben jedoch nicht, dass so weitgehende Überlegungen hinter den Aussagen des US-Präsidenten stecken. "Trump hat aus der Hüfte heraus geschossen, oder er hat bemerkt, dass er den Dollar nicht schwächen kann, also nimmt er ihn an", sagte etwa John Doyle vom Forex-Dienstleister Tempus gegenüber "Reuters". Auch von "MarketWatch" befragte Analysten deuteten an, dass Trump seine Fahne nun nach dem Wind hängt, da er erkannt haben könnte, dass es sinnlos ist, gegen den Markt zu kämpfen.
Doch egal, was nun hinter Trumps Kehrtwende steckt, laut Seema Shah, Chefstrategin bei Principal Global Investors, ist es zunehmend in Trumps Interesse, den starken US-Dollar mit offenen Armen zu begrüßen. Denn der Fokus der Anleger habe sich in der Corona-Krise verschoben: von internationaler Wettbewerbsfähigkeit hin zu der Finanzierung hochschießender Defizite. "Es ist von äußerster Wichtigkeit, dass Investoren nicht den Glauben an das amerikanische Finanzsystem und seine Fähigkeit, Schulden zu bezahlen, verlieren", sagte Shah gegnüber der "Financial Times". Daher sei eine Politik des starken Dollars nun angebracht.
Ökonomen warnen vor zu starkem US-Dollar
Doch nicht überall kommt der starke Greenback aktuell so gut an wie bei Präsident Trump und den genannten Analysten. Vor allem Wirtschaftswissenschaftler warnen davor, dass ein zu starker Dollar das Letzte ist, was die Weltwirtschaft momentan brauche. "Eine zu hohe Bewertung ist momentan in niemandes Interesse", warnte etwa Adam Posen laut "Bloomberg". Posen war früher bei der Bank of England beschäftigt und ist nun Präsident des Peterson Institute for International Economics in Washington. Auch Maurice Obstfeld, ehemals Chefökonom beim Internationalen Währungsfonds (IWF), wies auf die Gefahren eines extrem starken Dollars hin. "Eine sehr starke Höherbewertung könnte ein Desaster für Länder werden, die viele Schulden in Dollar haben", sagte Obstfeld gegenüber "Bloomberg". Vor allem Schwellenländer, die Schulden in US-Dollar aufgenommen haben, könnten in Bedrängnis geraten, da sie unter dem Wirtschafts- und Exporteinbruch durch die Corona-Krise leiden, gleichzeitig aber höhere Kreditkosten bedienen müssen, da ihre Landeswährung gegenüber dem US-Dollar zunehmend unter Druck gerät. Im schlimmsten Fall könnten die negativen Auswirkungen eines zu starken US-Dollar allerdings nicht auf die Emerging Markets beschränkt bleiben, glaubt Obstfeld, der aktuell als Professor an der University of California, Berkeley lehrt. "Es kann Situationen geben, in denen eine sehr starke Höherbewertung des Dollars sich destabilisierend auf die gesamte globale Wirtschaft auswirkt", warnte der ehemalige IWF-Ökonom. Ob Trump sich solche Warnungen zu Herzen nimmt, solange die USA seiner Meinung nach mit ihrer starken Währung glänzen können, ist jedoch fraglich.
Redaktion finanzen.at
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