Panik? Nein, danke! 21.06.2015 03:00:02

Darum könnte die Franken-Freigabe der Schweiz sogar helfen

von Thomas Welte, Gastautor von Euro am Sonntag

Nein, wirklich geglättet haben sich die Wogen, die jener ­15. Januar aufgeworfen hat, auch Monate später nicht. Als die Schweizer Notenbank überraschend den Mindestkurs zum Euro aufhob und die Märkte nachhaltig schockte. Die erste Reaktion ist bekannt: Der Kurs des Franken ging durch die Decke, im Gegenzug sackten die Aktienkurse in Zürich im Eiltempo in den Keller. Oder sie schossen außerhalb des eidgenössischen Währungsraums in die Höhe - wie im Fall von Roche, Nestlé oder Novartis, jenen Schweizer Konzernen, die ihr Geschäft vornehmlich im Ausland betreiben und teils auch aufs Bilanzieren in der Heimatwährung verzichten.

Als positiv haben die Franken-Aufwertung seither nicht nur deutsche Anleger mit Schweizer Aktien im Depot verbucht, sondern auch der grenznahe deutsche Handel. Die eidgenössische Wirtschaft dagegen lamentiert. "Was die SNB da veranstaltet, ist ein ­Tsunami," schimpfte beispielsweise Swatch-Chef Nikolas Hayek. Auch der Schweizer Gewerkschaftsbund schlug Alarm: Eine "gewaltige Krise" komme auf das Land zu, ganze Industriezweige stünden vor dem Untergang.

Vertrauen in die Stärke der Schweizer Wirtschaft

Die Rechnung sah auf den ersten Blick tatsächlich düster für die Exportnation Schweiz aus. Zwar verschaffen billigere Einfuhren von Rohstoffen Spielräume. Die Teuerung im Export gleichen diese jedoch nicht aus. Klar war daher, dass die Wirtschaft reagieren muss und dass dies mit harten Maßnahmen auf dem Arbeitsmarkt einhergeht.

Für die Schweizer Wirtschaft geht es um die Senkung der Binnenkosten. Bis dieses Ziel erreicht ist, sollte niemand von Umsatzeinbußen überrascht sein. Doch die werden vorübergehend sein. Und sie treffen auch nicht alle Firmen gleichermaßen. Schweizer Produkte gelten als hochwertig - seien es Pralinen von Sprüngli oder Pharmazie von Actelion. Das Gütesiegel "Swiss Made" wird dafür sorgen, dass der Druck in vielen Branchen verkraftbar bleibt. Was auch für Massenware wie Swatch-Uhren gilt. Droht da wirklich Gefahr von Kundenseite, weil die Preise womöglich angepasst werden müssen? Bislang ist es keinem Konkurrenten gelungen, Swatch auf seinem Markt ernsthaft das Wasser abzugraben. Ein starker Franken ändert daran nichts, und er wird auch nicht plötzlich neue Herausforderer aus dem Hut zaubern. Bei den Nobelmarken aus dem Alpenland gilt ohnehin: Letztlich macht es keinen Unterschied, ob ein ­edles Chronometer 20.000 oder 21.000 Euro kostet. Nein, von Kundenseite droht kaum Gefahr.

Das gilt sogar für den Tourismus. Zwar verzeichneten die Eidgenossen schon im Winter und nun auch für die Sommersaison sinkende Buchungen. Neben dem starken Franken ist dafür auch das Ausbleiben der sanktionierten Russen schuld. Doch die Rückgänge haben bislang eine Null vor dem Komma.

Den Unternehmen wiederum wird es gelingen, die Kostenseite zu optimieren. Man darf da getrost zuversichtlich sein. Diese Zuversicht zeigt sich auch in den anhaltenden Zuflüssen in den Franken seit der Aufwertung. Sie sind vor allem ein Zeichen des Vertrauens in die Stärke der Schweizer Wirtschaft. So erholte sich auch der Leitindex SMI nach seinem herben Absturz schnell und er hat den ­damaligen Stand inzwischen sogar übertroffen. Das zeigt: Die Zukunft der Schweiz als Insel der Seligen ist noch längst nicht vorüber.

Mittel- bis langfristig wird die Schweizer Wirtschaft von dem Schritt ihrer ­Notenbank sogar deutlich profitieren. Denn die Loslösung des Franken vom Euro erzeugt Handlungsdruck, es werden Anpassungen stattfinden. Das ist ganz grundsätzlich keine schlechte Ausgangslage - und ein ganz wesentlicher Unterschied zu Deutschland. Hierzulande ist kein wie auch immer gearteter Druck in Sicht, Grundlegendes zu ändern. Nicht auf wirtschaftlicher und nicht auf politischer Ebene. Wir leben von der Substanz - und die ist ziemlich groß. Darüber kann man sich freuen, man kann es aber auch bedauern. Die Schweizer dagegen sind gefordert, ihre Substanz zu bewahren. Und es wird ihnen gelingen. Den Börsenplatz Zürich sollten Anleger besser im Blick behalten.

zur Person:

Thomas Welte, Partner und
Sprecher der Wirtschafts­prüfungsgesellschaft Autaco

Diplom-Finanzwirt Welte begann nach dem Studium beim ­Finanzministerium ­Baden-Württemberg. Nach 1990 folgten ­verschiedene Stationen in Unternehmen wie KPMG oder der Taurus Holding. 2005 gründete Welte die Autaco in München. Er konzentriert sich auf die Beratung und Begleitung von großen und mittelständischen Firmen.

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