21.07.2023 15:14:40
|
Wirtschaftsweise gegen Streichung von Elterngeld für Besserverdienende
BERLIN (Dow Jones)--Die sogenannten "Wirtschaftsweisen" haben die Pläne der Bundesregierung zur Kürzung des Elterngeldes für Besserverdienende kritisiert. In einem Beitrag für die Frankfurter Allgemeine Zeitung schreiben die Mitglieder des Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (SVR) der Bundesregierung, mit der Streichung drohe ein wichtiger Erfolg des Elterngelds - nämlich die Gleichstellung - zurückgedreht zu werden. Sinnvoller wäre eine Reform des Ehegattensplittings bei neu geschlossenen Ehen, da es aktuell Anreize zur Arbeitsaufnahme verringere.
Zwar hätte bei der geplanten Streichung des Elterngeldes für Eltern mit einem zu versteuernden Einkommen von zusammen mehr als 150.000 Euro diese Gruppe in der Elternzeit typischerweise keinen dringender finanziellen Bedarf zu erwarten. Aber die Auswirkung auf die Gleichstellung werde vernachlässigt.
"Das Elterngeld wurde eingeführt, um gerade Paare mit höherer Bildung und höherem Einkommen zu motivieren, mehr Kinder zu bekommen. Es sollte zudem die Gleichstellung fördern. Zu beiden Zielen hat das Elterngeld beigetragen", schreiben die Wirtschaftsweisen. Die empirische Evidenz zeige, dass die Geburtenrate nach Einführung des Elterngelds vor allem bei Frauen mit höherem Einkommen und höherem Bildungsniveau deutlich angestiegen sei. Zudem beteiligten sich die Väter häufiger an der Kinderbetreuung. So habe sich auch die Erwerbsbeteiligung von Müttern erhöht.
"Die geplante Senkung der Einkommensgrenze im Elterngeld betrifft also vor allem Haushalte, bei denen die intendierten Anreize in der Tat gewirkt haben. Wird ihnen das Argument für eine Aufteilung der Elternzeit genommen, so dürfte für den Elternteil mit dem niedrigeren Einkommen - meist die Frauen - wieder ein stärkerer Druck entstehen, die Elternzeit alleine zu übernehmen", so die Ökonomen. "Die Senkung der Einkommensgrenze im Elterngeld wäre also sowohl für die Gleichstellung als auch die Verbesserung der demografischen Situation durch höhere Geburtenraten kontraproduktiv."
Vom Ehegattensplitting profitierten hingegen die Ehepaare am meisten, deren Einkommen sehr unterschiedlich seien. Je höher das Einkommen des Hauptverdienenden und je größer der Einkommensabstand zum Zweitverdienenden sei, desto größer sei der steuermindernde Effekt des Ehegattensplittings. Bei exakt gleich verdienenden Paaren gebe es hingegen gar keinen entlastenden Effekt. "Das Konstrukt des Ehegattensplittings verringert daher den Anreiz zur Aufnahme einer Erwerbsarbeit des Zweitverdienenden und sogar noch stärker die Ausweitung der Stundenanzahl", so die Ökonomen. Eine Reform müsste dem verfassungsrechtlichen Gebot zum Schutz der Ehe genügen uns sollte nur neugeschlossene Ehe betreffen.
Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com
DJG/aat/jhe
(END) Dow Jones Newswires
July 21, 2023 09:15 ET (13:15 GMT)
Wenn Sie mehr über das Thema Aktien erfahren wollen, finden Sie in unserem Ratgeber viele interessante Artikel dazu!
Jetzt informieren!