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Baubranche im Fokus 20.05.2017 06:53:31

Wienerberger, HOCHTIEF und Co.: Auf welche Aktien Sie bauen können

von Klaus Schachinger, Euro am Sonntag

Moderne Tunnel, Schienen, Bahnhöfe, Züge: Umgerechnet 18 Milliarden Euro sind für Großbritanniens größtes Infrastrukturprojekt Crossrail in London reserviert. Das Bauvolumen ist doppelt so groß wie das für die Olympischen Spiele in London im Jahr 2012. Zeitweise sind mehr als 10.000 Arbeiter gleichzeitig im Einsatz. Die Kapazität des Nahverkehrssystems der britischen Hauptstadt soll um zehn Prozent erhöht werden. Die längste Zugverbindung auf der Strecke der Elizabeth Line, von Reading im Westen bis Abbey Wood in Londons Osten, ist 120 Kilometer lang.


In Teilabschnitten, etwa am Flughafen Heathrow und in Londons Zentrum, hat Tiefbauspezialist HOCHTIEF mit schweren Spezialmaschinen in 40 Meter Tiefe Eisenbahntunnel ins Erdreich gefräst, auch unter der Themse hindurch. Während der kommenden Woche soll die Modernisierung dann greifbar werden. Zwischen der Liverpool Station im Zentrum und Shenfield im Osten sollen die ersten neuen Züge fahren: breiter, heller, mit Klimaanlage und Internetfunknetz WLAN.

Investoren bringen Zuverlässigkeit

Wie beim Crossrail-Projekt in London läuft es auch beim 65 Kilometer langen Ausbau der A 7 bei Hamburg bislang ohne größere Verzögerungen. In einigen Stadtgebieten soll die Autobahn für einen besseren Lärmschutz in Tunneln verschwinden. Aufwendige Infrastrukturprojekte können also auch in Europa reibungslos funktionieren. Am Konsortium zum Ausbau der A 7 hält der niederländische Pensionsfonds Dutch Infrastructure Funds 41 Prozent der Anteile und ist damit die einflussreiche Nummer 2 nach Infrastrukturspezialist HOCHTIEF PPP, einer Tochter des gleichnamigen MDAX-Konzerns in Essen.

Fehlplanungen in Serie wie beim stark von der Politik beeinflussten Bau des Berliner Flughafens schrecken professionelle Anleger wie Versicherungen und Pensionsfonds von Investments in Infrastrukturprojekte nicht ab. Offensichtlich bleibt vieles im Plan, wenn die institutionellen Anleger bei Bau- und Betreibergesellschaften an Bord sind.



Deutschlands größter Baukonzern HOCHTIEF ist als Spezialist für diesen Markt nicht nur in Deutschland, sondern auch weltweit in mehrjährigen Projekten engagiert - außerhalb Europas vor allem in Amerika und Australien. Die Auftragsbücher sind gut gefüllt. Die soeben vorgelegte Bilanz für das erste Quartal und der Ausblick auf das Geschäftsjahr sind ein Beleg für vielversprechende Perspektiven des Unternehmens (siehe Investor-Info).

Erfolgreicher als der DAX

An der Börse gehören Aktien aus dem europäischen Bausektor seit Jahresbeginn zu den Favoriten. Mit einem Plus von gut 13 Prozent liegt der die Branche widerspiegelnde Index Stoxx Europe 600 Construction & Materials deutlich vor dem breiteren europäischen Index Euro Stoxx 50 - und läuft bisher auch besser als der DAX.

Die Unternehmen profitieren von der anziehenden Konjunktur in Europa. Die Baubranche gehört in einer Volkswirtschaft zu jenen Sektoren, die an konjunkturellen Erholungen sehr früh Anteil nehmen. Doch die meisten Konzerne sind, wie Hochtief, weltweit aktiv und bewegen sich zudem auf einem Wachstumsmarkt. Die globalen Investitionen in Infrastrukturprojekte sollen nach Schätzungen des US-Börsendiensts Bloomberg bis 2027 um rund acht Prozent pro Jahr zulegen. Im 660 Milliarden Dollar Umsatz schweren Weltmarkt wäre das bis 2027 zusätzliches Geschäft im Wert von mindestens 26 Milliarden Dollar.

In Europa treibt der boomende Wohnungsbau die Branche an. Beispiel Deutschland: Für 2017 werden im Baugewerbe gut 112 Milliarden Euro Umsatz erwartet. Damit werde so viel gebaut wie seit 20 Jahren nicht mehr, jubeln Branchenverbände. Basis für den Aufwärtstrend sind einerseits die günstigen Finanzierungen aufgrund der historisch niedrigen Zinsen. Andererseits der starke Zuzug von Menschen aus ländlichen Regionen in die Großstädte.

Die Aktien von Infrastrukturspezialisten wie HOCHTIEF oder Vinci aus Frankreich glänzen mit Wertzuwächsen seit Jahresanfang von über 20 Prozent. Noch besser lief das Papier von Wienerberger. Die Aktie des weltgrößten Ziegelherstellers bringt es bereits auf fast 29 Prozent Plus. Der weiter anziehende Wohnungsbau in Europa und Amerika ist für Ziegel-Primus Wienerberger der stärkste Wachstumsfaktor.

Die französische Compagnie de Saint-Gobain ist als Zulieferer des Bausektors sehr breit aufgestellt. Das Unternehmen handelt mit Baustoffen wie Glas oder Hochleistungskunststoffen. Die Franzosen nutzen den Aufschwung, um ihr Sortiment mit einem Zukauf zu erweitern. Im Visier ist der Schweizer Konkurrent Sika. Die Eidgenossen liefern ihre Spezialchemieprodukte an Baufirmen sowie an Unternehmen aus anderen Industrien.

Die Eigentümerfamilie Burkard will verkaufen, der Verwaltungsrat von Sika versucht, die Übernahme zu verhindern - bisher mit Erfolg. Ursprünglich sollte der Deal im zweiten Quartal 2015 unter Dach und Fach sein, jetzt wurde die Frist bis Ende 2017 verlängert. Positiv für Aktionäre: Das Gezerre um die Fusion bremst die gut laufenden Geschäfte der Firmen bisher nicht.

Bei den großen Infrastrukturspezialisten wie Hochtief oder Vinci ist eine Konsolidierung bislang kein Thema. Nur wenige Konzerne können die hohen Investitionen in Großprojekte stemmen und verfügen über eine ausreichende Expertise. Für Neulinge sind die Einstiegshürden in dieses Geschäft sehr hoch.

Stabil durch sichere Cashzuflüsse

Um ihre großen finanziellen Risiken in den Bauphasen abzusichern, sind Infrastrukturkonzerne nach Abschluss des Baus häufig auch in den Betreiberkonsortien an Bord. Beispiel Vinci: Das Baugeschäft macht fast 60 Prozent des Umsatzes von knapp 40 Milliarden Euro für 2017 aus, aber nur knapp ein Fünftel des operativen Gewinns. Den Löwenanteil des Ertrags, mehr als 70 Prozent von erwarteten 6,8 Milliarden Euro für das laufende Jahr, liefern Einnahmen aus sogenannten Konzessionen für Straßen und Flughäfen. Die Betreiberzulassungen werden über mehr als zehn Jahre, häufig auch noch länger, abgeschlossen. Die Zuflüsse sind daher relativ sicher. Das schützt auch vor Abschwächungen der Baukonjunktur.

Der französische Vinci-Konzern ist über die Tochter Taylor Wood­row auch bei Crossrail in London an Bord. Wenn die Strecke 2019 freigegeben wird, sollen pro Jahr 200 Millionen Menschen befördert werden - macht täglich gut eine halbe Million.

Investor-Info

Vinci
Primus aus Paris

Die Franzosen sind Europas größter Infrastrukturkonzern. Besonders ­lukrativ ist der Betrieb von Mautstraßen. Er steht für rund 15 Prozent der erwarteten knapp 40 Milliarden Euro Umsatz 2017 und 60 Prozent des erwarteten operativen Gewinns von 6,8 Milliarden Euro. Vinci ist auch Dienstleister im Energiesektor und breiter aufgestellt als viele Wettbewerber. Für 2017 werden sechs Prozent Gewinnzuwachs erwartet. Aussichtsreicher Dividendentitel.

HOCHTIEF
US-Geschäft treibt an

Die Bücher sind gut gefüllt, über ein Drittel des Volumens von 45 Milliarden Euro sind US-Aufträge. HOCHTIEF profitiert stark von der Erholung des Baugeschäfts in Amerika. In Asien-Pazifik sorgt Tochter Cimic für gute Geschäfte. 2017 soll der Umsatz um gut zehn Prozent auf knapp 22 Milliarden Euro zulegen. Beim operativen Gewinn werden 13 bis 25 Prozent mehr angepeilt, mindestens 410 Millionen Euro. Schon teuer, aber aussichtsreich.

Saint-Gobain
Auf Einkaufstour

Der im Geschäft mit Baustoffen breit aufgestellte Konzern übernimmt regelmäßig mittelgroße Firmen. Derzeit versuchen die Franzosen, die Schweizer Sika zu kaufen. Der Bau­stoffhandel liefert knapp 46 Prozent des Umsatzes, Baustoffe rund 30 Prozent, Glas und Hochleistungsmaterialien den verbleibenden Anteil. Für 2017 erwarten Analysten beim Umsatz ein Plus von fünf Prozent auf 40,8 Milliarden Euro. Für die nächsten drei Jahre werden jährliche Gewinnzuwächse zwischen zehn und 14 Prozent erwartet. Günstig.

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