06.05.2015 23:12:38
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Westfalen-Blatt: zur EU-Flüchtlingspolitik
Bielefeld (ots) - Die Bilanz der vergangenen Tage ist ebenso gut
wie bitter. Ja, es ist gelungen, einige Tausend Menschen vor dem
nassen Tod im Mittelmeer zu retten. Aber die Zahlen zeigen eben auch,
dass Europa das Problem noch nicht gelöst hat. Die Seenotrettung
wurde intensiviert. Das ist gut so. Der Umgang mit Asylbewerbern
bleibt ungelöst - bisher. Und es ist derzeit nur bei denen, die heute
schon Flüchtlinge aufnahmen, Bereitschaft zu einem Umdenken zu
erkennen. Die Konsequenz der eigenen Betroffenheit reicht noch lange
nicht so weit, dass man die Menschen nicht nur rettet, sondern ihnen
auch hilft. Europa muss umdenken. Natürlich sagt sich das leichter
als es in der Praxis möglich ist. Ein zügiges, möglicherweise sogar
kollektives Asylverfahren für Menschen aus Staaten, in denen wie in
Syrien Krieg herrscht, könnte vielversprechend sein, weil damit auch
eine rasche Arbeitserlaubnis und somit weniger soziale Lasten
verbunden sind. Aber die EU wäre unehrlich, wenn sie nicht auch
zugeben würde, dass man zwar helfen muss, aber nicht einladen möchte.
Die Vorstellung, dass die Opfer von Bürgerkriegen über gesicherte
Korridore auf den europäischen Arbeitsmarkt strömen, jagt vielen
Regierungen in der EU mit Recht Angst ein. Brüssel wird also einen
Verteilschlüssel finden müssen, der die unterschiedlichen sozialen,
politischen und gesellschaftlichen Gegebenheiten der Mitgliedstaaten
berücksichtigt. Das dürfte so fair und gerecht wie stets gefordert
kaum möglich sein. Am Ende werden wieder wenige die Tore öffnen,
während sich andere aus der Verantwortung stehlen. Europa
erstarrt fast vor Betroffenheit, wenn es zu humanitären Katastrophen
kommt. Aber Konsequenzen zu ziehen, ist dann auch nicht populär. Das
Umdenken, was man von der EU fordert, müsste vor Ort anfangen. Aber
daran hapert es noch. So steckt die Union in einer selbstgebastelten
Klemme, aus der sie herausfinden muss. Dabei wäre eine Formel, die
nicht alle gleich behandelt, wohl die intelligenteste Lösung:
Höchstquoten für jedes Land entsprechend seiner Bevölkerung, seiner
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, seiner Arbeitslosenzahl. Dazu
eine spürbare Entschädigung für jene Staaten, die die Last der
Ersteinreise und der Asylantrag-Bearbeitung zu leisten haben, wenn
sie sich zu humanitären Standards verpflichten. Ob das System am Ende
nur fair oder auch gerecht sein kann, wird sich zeigen. Auf jeden
Fall wäre der Druck, den Flüchtlingsstrom durch eine stärkere
Kooperation mit den Herkunftsländern sowie den nordafrikanischen
Staaten zu senken, für alle größer. Weil jeder betroffen ist. Doch ob
die Staats- und Regierungschefs, die ein solches System absegnen
müssten, sich wirklich darauf verständigen, scheint höchst
zweifelhaft. Denn große Worte und leere Versprechungen sind -
zynisch gesagt - einfacher und vor allem billiger.
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Pressekontakt: Westfalen-Blatt Chef vom Dienst Nachrichten Andreas Kolesch Telefon: 0521 - 585261
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