23.03.2018 23:03:42
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Westfalen-Blatt: das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zur Gesundheitspolitik
Bielefeld (ots) - Neue Ideen haben es in der Gesundheitspolitik
besonders schwer. Kaum geäußert, geraten sie schon zwischen die
Mühlsteine der Lobbyisten, wo sie oft in kurzer Zeit bis zur
Unkenntlichkeit zerrieben werden. Schon aus diesem Grund sind der
neue Gesundheitsminister Jens Spahn sowie sein Staatssekretär und
Pflegebeauftragter Andreas Westerfellhaus (beide CDU) um ihre
Aufgaben nicht zu beneiden. Seit der Einführung der
Pflegeversicherung 1995 und dem Ausscheiden des legendären Arbeits-
und Sozialministers Norbert Blüm drei Jahre später hatte die Pflege
keine wirklich starke Lobby mehr - jedenfalls im Vergleich zu Ärzten,
Apothekern, Krankenversicherungen und der Industrie. Gleichzeitig
nahm und nimmt weiterhin die Zahl der Pflegebedürftigen ständig zu.
Zu wenig Personal: Aus dem Notstand wurde ein Dauerzustand.
Kirchliche und andere soziale Träger sowie private Betreiber haben
das Problem, das ihnen durch die Verträge mit den Versicherungen die
Hände gebunden sind. Sie können die Beschäftigten nur in begrenztem
Maß besser entlohnen und noch schwerer zusätzliches Personal
einstellen. Beides aber ist dringend nötig. Außer den Verwandten ist
niemand näher am Patienten als die Pflegekraft. Gute Ärzte hören auf
ihren fachlichen Rat. Das geht aber nur, wenn sie nicht im Dauerlauf
angehetzt kommt und einen Großteil der wenigen Minuten in der Wohnung
mit Dokumentation beschäftigt ist. Auch wenn die, die am Ende
bezahlen, es nicht gerne lesen: Geld ist zwar nicht das Einzige, was
verändert werden muss. Aber ohne mehr Geld wird es nicht gehen. Wer
nun entsetzt ans Portemonnaie greift, möge sich fragen, wie viel er
etwa für Auto und Handy ausgibt. Die Pflege ist es wert, dass sich
die Gesellschaft mehr kümmert. Jeder kann in die Lage kommen, auf
Hilfe angewiesen zu sein - zwar schneller, als er es sich jetzt
vorstellt. Sicher gibt es auch noch Möglichkeiten, Ausgaben im
Gesundheitssektor umzuschichten. Lange schon demonstrieren die
Beschäftigen mit dem Slogan »Pflege am Boden« für bessere
Arbeitsbedingungen. Inzwischen heißt die Parole öfter »Pflege in
Bewegung«. Es tut sich etwas - im Selbstverständnis der Pflegenden,
aber vor allem in der Gesellschaft. Nicht vergessen werden dürfen die
wahren Helden: jene, die oft viele Jahre Pflegebedürftige in den
Stunden versorgen, in denen keine Profis da sind. Um sie wenigstens
dann und wann zu entlasten, braucht es mehr Kurzzeit-Pflegeplätze.
Der Medizinische Dienst muss unabhängig vom Versicherungsträger über
die Pflegestufe entscheiden. Ein Verdacht, auch wenn er unberechtigt
ist, schadet. Unterm Strich zählt: Im Vergleich zu Krankenhaus,
Alten- und Pflegeheim sind die häusliche Pflege und Unterbringung
nicht nur die in der Regel humanste, sondern auch die
preisgünstigste.
OTS: Westfalen-Blatt newsroom: http://www.presseportal.de/nr/66306 newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2
Pressekontakt: Westfalen-Blatt Chef vom Dienst Nachrichten Andreas Kolesch Telefon: 0521 - 585261
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