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15.03.2016 23:02:39

Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Syrien

Bielefeld (ots) - Putin ist immer für eine Überraschung gut. Das für seine Gegner Schlimme dieser Überraschungen ist: Sie sind meist wohl überlegt und verändern die Lage auf dem geopolitischen Schachbrett. So auch diesmal mit der Ankündigung und dem sofortigen Vollzug, einen Teil der russischen Truppen aus Syrien abzuziehen. Denn dieser Schachzug bringt nicht nur Bewegung in das nahöstliche Szenario, es bringt dem Zar des 21. Jahrhunderts gleich vier Vorteile. Erster Vorteil: Damit setzt er den syrischen Diktator Assad unter Druck, bei den Friedensverhandlungen in Genf auch über die Zukunft des Regimes und der Alawiten nachzudenken. Assad braucht die Russen. Ohne diese Schutzmacht ist er verloren. Die anderen Verbündeten, der Iran und die Hisbollah, sind allein zu schwach, um ihn zu halten. Um sich und seinen Clan zu retten, wird er verhandeln und sich irgendwann auf das Siedlungsgebiet der Alawiten an der Levante zurückziehen. Dort liegen die beiden russischen Stützpunkte, der Tiefseehafen Tarsus und der Flughafen Latakia. Sie will Putin halten. Dafür braucht er einen Verbündeten von seinen Gnaden. Einen kleinen, alawitischen Satellitenstaat am Mittelmeer kann man gut verteidigen. Zweiter Vorteil: Indem Putin Damaskus den Sunniten und die Sunniten sich dann selbst überlässt, stürzt er Rumpf-Syrien zwar ins Chaos zwischen radikalen und moderaten Islamisten. Aber er kann sich bei der heimlichen Schutzmacht aller Sunniten, den Saudis, als neuer Gesprächspartner bei den geopolitischen Verschiebungen in der Region anbieten. Dasselbe gilt übrigens mit Blick auf Israel. Auf diese Weise erhöht er den Einfluss Russlands in Nahost, denn Moskau steht jetzt nicht mehr als Verbündeter nur der Schiiten da. Dritter Vorteil: Krieg ist teuer. Mit dem Ende der Bombardements spart Putin Geld, das er im Moment auch nicht hat. Seine neue Offenheit gegenüber Saudi-Arabien wird es ihm erlauben, offen mit Riad über den Ölmarkt zu reden. Sollten die zwei exportstärksten Ölmächte der Welt, Russland und Saudi-Arabien, die Produktion drosseln, ginge der Preis in die Höhe. Dieser Markt reagiert überaus sensibel. Schon jetzt steigt der Preis leicht an. Vierter Vorteil: Putin kann sich den Europäern als Friedensengel präsentieren. Schon tönt es aus Moskau, man habe die islamistischen Terroristen entscheidend geschwächt und die Verhandlungen in Genf entscheidend vorangebracht. Und Frieden in Syrien heißt weniger Flüchtlinge, vielleicht sogar Rückkehr vieler tausend Flüchtlinge aus Jordanien, dem Libanon und der Türkei. Damit schlägt er so nebenbei auch seinem Erzfeind Erdogan einen Trumpf aus der Hand, mit dem dieser gerade die Europäer, allen voran die Deutschen erpresst. Das eigentliche Ziel dieser Image-Kampagne aber ist die Aufhebung der EU-Sanktionen.

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Pressekontakt: Westfalen-Blatt Chef vom Dienst Nachrichten Andreas Kolesch Telefon: 0521 - 585261

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