10.03.2015 23:02:59

Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Russland

Bielefeld (ots) - Wladimir Putin widerspricht sich selbst - und gibt den Kriegshelden. Kein Problem, die Masse der Russen liebt ihn und seine Lügen. Die Propaganda kann die absurdesten Behauptungen aufstellen, nur eine Minderheit geht auf Distanz. Putin ist populär und auch gefürchtet. Angst und Schrecken zählen zu den langen Linien russischer Geschichte. Als vor einem Jahr plötzlich Männer in grünen Uniformen auf der Krim das Sagen hatten, wurde jede Beteiligung Moskaus abgestritten. Jetzt gibt der Präsident unumwunden zu, »die Arbeit an der Rückkehr der Krim in den Bestand Russlands« selbst angeordnet zu haben. Stolz beruft sich der Kremlherrscher im Staats-TV auf den Volkswillen. Eine »erste verdeckte Umfrage« habe ergeben, dass drei Viertel der Krim-Bewohner im Reich von Mütterchen Russland leben wollten. »Wir haben dann gehandelt, wie wir gezwungen waren zu handeln.« So spricht einer, der sich als erster Diener seines Volkes sieht. Die internationale Politik steht fassungslos da, aber Putins Russland dürfte tatsächlich mit großer Mehrheit und patriotischen Gefühlen zustimmen. Wie ist es möglich, dass nackte Gewaltpolitik, der Umgang mit der Wahrheit nach Gutdünken und, nicht zu vergessen, der Tod einiger tausend Menschen klaglos hingenommen werden? Der angesehene Historiker Orlando Figes von Universität London behauptet, die Hinnahme von Gewalt und Repression sei beinahe schon Bestandteil der russischen DNA. Tatsächlich wurden und werden Furcht wie Bewunderung sowohl Iwan dem Schrecklichen als auch Josef Stalin sowie heute wieder Wladimir Putin entgegengebracht. Die Morde an Boris Nemzow und anderen Dissidenten bringt zwar eine kleine Opposition auf und erstickt Kritik im Keim. Aber sie erschüttern die Masse der Russen nicht im geringsten. Ein Beispiel aus gesicherten wissenschaftlichen Umfragen: Die Russen wissen, wie viele Millionen Menschen unter Stalin umgebracht wurden. Trotzdem finden sie, dass der Staat das Recht habe, seine Interessen mit Geheimdienstmethoden durchzusetzen. Die Wissenschaft rätselt, wieso ein Volk seine gewalttätigen Zaren lieben, seine blutige Revolution feiern und Stalin als seinen größten Tyrannen heute wieder vorsichtig verehren kann. Es gibt keine Erklärung - außer der im Kern rassistischen DNA-These. Aber die kann kein ernstzunehmender Historiker akzeptieren. Warum also bleibt Russland in den Mustern seiner Geschichte gefangen? Wieso gilt Gewalt beim Verfolgen nationaler Ziele als legitim? Weil Putin längst ein Alleinherrscher ist, der die nationalistische Karte spielt, das Militär fördert und Aggressivität wieder zur Konstante der Außenpolitik erhebt. Auch die Kunst, Nachbarstaaten zu destabilisieren, kehrt zurück. Schon tönt Putin: »Niemand ist Russland militärisch überlegen.«

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Pressekontakt: Westfalen-Blatt Chef vom Dienst Nachrichten Andreas Kolesch Telefon: 0521 - 585261

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